Schluss mit Standard
Schön, dass die bekannte Schweizer Firma Zehnder seit Beginn der 1930er Jahre keine Motorräder mehr baut. Die „Zehnderli“ der Unternehmensfrühzeit waren wohl nicht wirklich ausgereift. Damals verlegte sich das Familienunternehmen auf die Konstruktion von Heizkörpern. Die sind zusammen mit Heizkesseln und Steuerungstechnik auf der ISH traditionell untergebracht in der Halle 8, die Architekt Rambald von Steinbüchel-Rheinwall 1967 stützenlos und aus vorgefertigten Betonteilen schuf.
Wer die Messe in diesem Jahr für gut besucht hält, kommt in Halle 8, die vor Heerscharen von Heizungsinstallateuren bevölkert ist, nur im Schneckentempo vorwärts. Zu den besten dort gehört der Zehnder-Messestand. Unter anderem gibt es sogenannte Design-Heizkörper zu sehen. Sobald Design zur Vorsilbe wird, ist üblicherweise höchste Vorsicht geboten. Für Gestaltung der Design-Heizkörper vergangener Zeiten, etwa in den Villen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, war der Architekt zuständig, niemand sonst. Etwa Hermann Muthesius, aus dessen Häusern nach englischem Vorbild man weder einen Türgriff, noch gar einen Handtuchwärmer entfernen konnte, ohne den gestalterischen Gesamteindruck zu beeinträchtigen. Am Bauhaus in Dessau zelebrierte Walter Gropius die Heizkörper als Standard-Produkte, die auf Augenhöhe angebracht wurden, um vom Fortschrittsgeist zu künden. Wie uns Rem Koolhaas auf der Architekturbiennale 2014 in Venedig beibrachte, wurden aus den architektonisch gestalteten „Fundamentals“ von einst längst Komponenten, die perfektioniert, verselbständigt und individualisiert im Prozess der Postindustrie entstehen, die Handwerk und Serienfertigung verschmelzen lässt.
Anschaulich wirbt Zehnder für den Austausch des Alten, Überkommenen. Raus mit den herkömmlichen Glieder-Heizkörpern, rein mit den neuen. Dank verbesserter Produktionsverfahren mit Laserschweißen sind die in ihrem Inneren keine Kraterlandschaft mehr, sondern Präzisionsinstrumente für den „störungsfreien Betrieb“ in Wohnung und Bad. Dazu gibt es neue programmierbare Heizkörperthermostate mit TFT-Display, die ein wenig den digitalen Preisschildern aus dem Supermarkt gleichen. Anders als diese reagieren sie auf Tastendruck und ersetzen herkömmliche Drehregler. Zehnder bietet zudem neue Bauformen und matte Oberflächen. Die Tochtermarke Runtal verwendet gar den Farbkanon von Le Corbusier.
„Signo“ heißt ein quadratisches Heizmodul von Kermi. Man kann es einzeln nutzen oder im Verbund mit weiteren Quadraten, je nach erforderlicher Heizleistung. „Signo“ gibt es als Teil der Warmwasser-Heizung oder für den Elektrobetrieb. Heizelemente werden mitunter Teil der in Wand oder treten skulptural aus ihr hervor. Die deutsche Firma Bemm, exklusiver Vertriebspartner der italienischen Firma Irsap, hat Varianten für beide gestalterische Welten und für Warmwasser- wie für Elektroheizungen im Angebot. Etliche davon wurden von Antonio Citterio gestaltet. „Plawa“, fürs Bad gedacht, ist dagegen Werksdesign. Der flächige Heizkörper erleuchtet mittels verdeckter LED die dahinter liegende Wand und erwärmt Handtücher.
Bis „Origami“, von Alberto Meda für Tubes entworfen und erstmals 2016 in Mailand vorgestellt, tatsächlich auf dem Markt ist, dauert es noch ein wenig. Ein Touchelement zur Steuerung wird noch auf der Oberkante der schirmartigen Elektroheizungen integriert. Bereits lieferbar sind dagegen die Konsolen und Panele namens „Rift“, die Ludovica und Roberto Palomba für Tubes schufen. So wandelt die Wärmeverteilung im Wohnumfeld beständig ihre Gestalt.