top
Sophia Frommel und Romina Falk (v.l.n.r.)

Kommunikation ist alles

Unter dem Namen "into stories – architecture and beyond" entwickeln die Berliner Architektinnen Romina Falk und Sophia Frommel individuelle Narrative für ihre Bauprojekte und gehen dabei über den gewöhnlichen Entwurfsprozess hinaus. Ihnen geht es um Kernfragen: wie sie arbeiten und die Zeichen der Zeit beantworten wollen.
06.01.2025

Franziska Horn: Was bedeutet das Naming eures Büros: Wofür steht "into stories" und wofür "beyond"?

Sophia Frommel: Einmal steht er für die Architektur, ganz klassisch. Ein Großteil unserer Arbeiten befasst sich mit dem Bauen im Bestand, aber auch Neubauten und Interior Projekte gehören zu unserem Aufgabenbereich Das 'beyond' im Untertitel soll den Architekturbegriff erweitern, das kann sich auf Interior, Möbel und andere Dinge beziehen.

Romina Falk: Das 'beyond' deutet an, dass wir teilweise über die klassischen Architekturleistungen hinausgehen. Denn mit dem räumlichen Bauen kann vieles einhergehen, wie unser Konzept für eine Eisdiele (BEL) zeigt. Das Interior orientiert sich hier abstrakt an einer Eistüte. Es ging hier auch um die Corporate Identity, ums Marketing und insgesamt um ein ganzheitliches Mitdenken. Wir sagen dabei nicht, dass wir es besser können als die, die Grafik-Design oder ähnliches gelernt haben, aber wir denken gern über die Architektur hinaus, das macht uns Spaß.

Sophia Frommel: Wir drängen uns nicht auf, aber wir wollen anregen, Spielräume suchen und erforschen.

Also eine Art von Storytelling, wie sie aktuell in aller Munde ist?

Sophia Frommel: Wir wollten keinen Namen, der an Nachnamen gebunden ist. Auch bezogen auf die Überlegung, falls PartnerInnen gehen oder dazukommen. Was uns interessiert? Am schönsten ist es doch zu hören, was AuftraggeberInnen wollen und wenn sie anfangen zu erzählen. Wenn wir Ideen entwickeln für jene Leute, die einziehen werden und dann gemeinsam das Konzept weiterspinnen. Unser Name "into stories" ist kein Mythos, er soll dafür stehen, offen zu sein.

Romina Falk: Was uns interessiert, ist der Prozess! Nicht nur das fertige Projekt, sondern die Besonderheiten und der Weg, der dahin führt.

Projekt EGL: Wettbewerb Egloffstein

Es gibt nicht allzu viele junge Architektinnen, die sich im eigenen Büro selbstständig machen. Wie war euer Weg?

Sophia Frommel: Wir haben uns im Studium an der TU Berlin kennengelernt und nach einigen wenigen Jahren in Anstellungen – Romina bei Kinzo Berlin und Jan Wiese Architekten, Sophia bei Johanna Meyer-Grohbruegge – gründeten wir 2020 zusammen mit Konrad Wolf into stories. Konrad hat das Büro Anfang 2023 verlassen.

Romina Falk: Einer der Gründe für unsere Gründung war, nicht an jedem x-beliebigen Projekt mitzuarbeiten. Sondern eine Auswahl zu treffen und alles von Anfang selbst zu entscheiden.

Sophia Frommel: Generell ist das selbstständige Arbeiten als ArchitektIn ja nicht leicht. Darüber hinaus: Uns ist die Arbeitsumgebung sehr wichtig – nicht die genialischen Ideen, nicht die formale Handschrift. Es geht heute ja eher um die Formel des Nicht-Bauens, denn Bauen wird schwieriger insgesamt. Es ist nicht die Zeit dazu. Auch wirtschaftlich nicht.

Ein Blick auf euren Praxisalltag: Wie gestaltet ihr den Entwurfsprozess zu zweit?

Romina Falk: Im Anfangsstadium entwirft jede für sich allein, um radikalere, kompromisslosere Konzepte zu erarbeiten, dann arbeiten wir intensiv zusammen, wenn es an die weiteren Leistungsphasen geht.

Sophia Frommel: Wir beginnen damit, bestimmte Punkte, den konkreten Bedarf und die Wünsche der Auftraggebenden abzufragen. Erst im zweiten Schritt besprechen wir die Idee, arbeiten zwei bis drei Konzepte aus, mehr nicht. Manche davon sind recht radikal, doch das kommt nicht immer gut an. Aber je radikaler die ursprüngliche Idee, je zugespitzter, umso mehr Grundlage haben wir zur Diskussion.

Romina Falk: Ich bin manchmal überrascht davon, was gut ankommt.

Sophia Frommel: Radikale Ideen muss man oft mehr erklären, aber es lohnt sich, denn diese relativieren sich später dann eh! Die Realität schwächt Vieles ab. Je klarer die Idee war, umso mehr bleibt.

Projekt AMÜ: Ferienhaus in Angermünde

Ihr konzipiert Feuerwehrhäuser, Dachausbauten, Ferienhäuser. Dazu kommen Küchen, Schränke und Tische – also auch Möbel?

Sophia Frommel: Ja, den "Qua quaderna-Tisch" (QUA) haben wir für unser Studio erdacht. Ebenso das Küchenmöbel (KAZ)...

Romina Falk: …ein radikales Konzept für eine Küche, das wir als Planerinnen und Auftraggeberinnen dann genau so umsetzen konnten. Der Möbelgedanke zeigt sich auch gut im Ferienhaus am Mündesee (AMÜ). Der Auftrag kam von einem jungen Paar aus dem kreativen Bereich, wir hatten Freiheiten, das ergab einen coolen Prozess. Das Projekt war baurechtlich auf rund 35 Quadratmeter Nutzfläche limitiert. Eine gewöhnliche Grundrissaufteilung wäre zu kleinteilig geworden, daher haben wir über Abstufungen im Boden gearbeitet, die gleichzeitig den notwendigen Stauraum beinhalten. Der durchgehende Einbauschrank bindet alles zusammen und bringt Ruhe rein. Das Entwerfen eines übergeordneten Konzepts ist leider nur ein Bruchteil der Arbeit, was aber wirklich Spaß macht. Wir planen meist bis zur Ausführungsplanung. Ausschreibung, Bauleitung und so weiter geben wir gern mal ab, gerade bei größeren Projekten.

Projekt SAM: Dachaufstockung, Berlin

Habt ihr sowas wie einen Unique Selling Point? Was macht ihr anders als andere Büros?

Romina Falk: So viel anders als andere jüngere Büros arbeiten wir nicht. Heutzutage Architektur zu kreieren, bedeutet für uns ja, wie schon erwähnt, intensives Nachfragen, eine Story und die Besonderheiten zu finden. Ich denke, das machen wir mehr als andere.

Sophia Frommel: Haben wir einen USP? Eher nicht. Wir sind womöglich transparenter, auch in punkto "gendering": Meistens sind es ja Männer, die sich selbstständig machen. Die Frage ist: Wie verkauft man vorab seine Leistung? Das Ergebnis steht ja erst am Ende des Kommunikationsprozesses, darum ist dieser so wichtig. Auch untereinander kommunizieren wir viel: Wir haben einen Vertrag, von Anfang an über Probleme geredet und die Dinge realistisch gesehen. Dieses 'Wie' ist wichtig. Vielleicht sind wir nicht so selbstbewusst wie manche Männer, die vorneweg sagen: Ja, wir können alles! Bei uns läuft das Verkaufen vielleicht anders, doch ist das ein Problem? Nein, das passt mittlerweile.

Romina Falk: Wir sagen auch Projekte ab. Sympathie ist uns wichtig, ein gutes Miteinander, das persönliche Kennenlernen. Eventuell legen wir als Frauen mehr Wert darauf als Kollegen.

Habt oder hattet ihr architektonische Vorbilder?

Romina Falk: Du meinst StararchitektInnen, einzelne Namen? Das hat uns damals im Studium schon nicht abgeholt. Nein, wir haben keine für uns, sondern sind breit gefächert in Sachen Referenzen.

Sophia Frommel: Als wir damals studierten, waren es schon jene ikonischen brutalistischen Gebäude, die uns begeistert haben. Aber es ist nicht mehr die Zeit, solche Gebäude zu bauen. Und hat auch mit unserer Realität nichts zu tun. Unsere Inspirationen können aus Design und Kunst kommen. Wir haben keinen Originalitätsdruck. Man lernt auch von anderen. Nicht nur, was Architektur betrifft, sondern zum Beispiel auch hinsichtlich unternehmerischer und sozialer Aspekte. Vorbilder liegen für uns meist in anderen Berufsfeldern.

Projekt SPE: Store Concept, Berlin

Ihr sprecht von geänderten Zeiten – was genau sind die Zeichen der Zeit?

Romina Falk: Architektur planen ist ein extremer Spagat: Was ist vertretbar – ökologisch und gesellschaftlich, bezahlbar und zugleich auch ästhetisch ansprechend? Das war schon immer schwierig, aber mit dem Wissen um die Probleme unserer Gegenwart mehr denn je.

Sophia Frommel: Es wäre interessant, verstärkt mit anderen Berufsbildern und Disziplinen zu arbeiten und diese einzubinden, zum Beispiel ArchitekturtheoretikerInnen und SoziologInnen. Das zahlt aber keiner. Wir müssen oft zu zweit im Büro Entscheidungen treffen, obwohl die dann die ganze Gesellschaft betreffen. Für uns ist wichtig, gerade in der Selbstständigkeit, dass uns unsere Arbeit Spaß macht. Es muss Sinn haben für uns. Wir haben von Anfang an entschieden, alles zusammen zu machen und das ist nach wie vor so. Das ist das Schöne daran, auch wenn es persönliche Veränderungen gibt.

Romina Falk: Für unser Büro einschneidend war, dass ich im Frühling Zwillinge bekommen habe und seitdem in Elternzeit bin. Die Selbstständigkeit ist hier ein Vorteil, aber nur, weil wir es intern sehr gut geregelt haben. Es ändert den Modus, funktioniert aber ebenfalls supergut.