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Daniel Stromborg vom Design- und Architekturbüro Gensler.

STYLEPARK ZUMTOBEL - Active Light
Der Leistungsträger

Was ein Porsche 911, James Irvine und Activity Based Lighting mit einer gesunden Arbeitsumgebung gemein haben, das verrät Daniel Stromborg vom Design- und Architekturbüro Gensler im Interview mit Katharina Sommer.
26.10.2016

Als Zumtobel das Design- und Architekturbüro Gensler für die Entwicklung der sechsten Generation der Leuchte „Mildes Licht“ anfragte, war die Begeisterung in Los Angeles beim verantwortlichen Produkt-Designer Daniel Stromborg groß. „Mildes Licht“ zählt zu den Klassikern unter den Büroleuchten und revolutionierte einst mit einem völlig neuartigen Beleuchtungskonzept den Markt. Seither wurde sie stetig weiterentwickelt, zuletzt von James Irvine. Große Fußstapfen also, in die es für das Gensler-Team um Stromborg zu treten galt. Was ihn an der Leuchte fasziniert und zu welchen neuen Ideen ihn die Auseinandersetzung mit Licht inspiriert hat, erzählt Daniel Stromborg im Interview.

„Was also sollen wir von den Vorgängermodellen behalten und was verwerfen?" – Diese Frage stellten sich das Team um Daniel Stromborg zu Beginn des Entwurfsprozesses.

Katharina Sommer: Die erste Generation der Leuchte „Mildes Licht“ wurde von Zumtobel in den späten 1980er Jahren entwickelt. Was war in Ihren Augen so besonders an ihr? 

Daniel Stromborg: Aus meiner Sicht waren es die beiden verschiedenen Lichttypen, die sie bot: Ein fokussiertes Licht und ein sanftes Umgebungslicht, das Zumtobel als „mildes Licht“ bezeichnet hat. Die Idee, nicht wie bisher ein blendendes Licht über den Arbeitsplatz zu setzen, sondern zwei verschiedene Lichtwirkungen zu kreieren, war revolutionär und wurde bei der Weiterentwicklung der Leuchte bis heute fortgeführt. Die Flügel versinnbildlichten dieses Konzept. Solch eine Leuchte hatte man, im Besonderen als Einbauvariante, zuvor noch nicht gesehen.

Sie haben nun das Design für die mittlerweile sechste Generation entwickelt. Wie gingen Sie an diese Aufgabe heran?

Daniel Stromborg: Die Leuchte hatte durch die technologischen Entwicklungen bereits innerhalb der letzten beiden Modelle – Generation 4 und 5 – enorme Veränderungen erfahren. Für mich ist es ein großer Unterschied, ob ich ein Produkt weiterentwickle, das kaum jemand kennt oder eines, das bereits ikonisch ist. Deswegen stellten wir uns zunächst einmal die Frage: Was also sollen wir von den Vorgängermodellen behalten und was verwerfen?

Ein gutes Beispiel für solch eine Vorgehensweise ist das ikonische Design des Porsche 911, der 1963 zum ersten Mal vorgestellt wurde und noch immer produziert wird. Selbst wenn man nichts mit Autos oder Design zu tun hat, kann man erkennen, dass die erste und die aktuelle Version einen gemeinsamen Kern besitzen. Auch wenn sich die Technologie und die Anforderungen verändert haben und das Design dementsprechend weiterentwickelt wurde, ist die visuelle Verbindung auch 53 Jahre später noch deutlich lesbar. So erzählt man die Geschichte der Entwicklung und zeigt, wie ein Auto verändert werden kann und dennoch sein ursprüngliches Wesen beibehält. Das war auch mein Anspruch: Ich wollte die charakteristischen Merkmale, die der Leuchte über die Zeit verliehen wurden – insbesondere jene der Generation 4 und 5 – aufgreifen und somit Tradition und Fortschritt einander gegenüberstellen.

Evolution eines Klassikers: Die Generationen 3, 4 und 6 der Leuchte „Mildes Licht" (v.l.n.r.) in der Anbauvariante.

Gibt es ein Detail, dass Sie an der neuen Version besonders mögen? 

Daniel Stromborg: Darf ich zwei nennen? Das erste ist der kristalline Look unseres Hauptlichtes, der eine signifikante technologische Herausforderung für uns war. Unser Team brauchte etwa anderthalb Jahre um die Lösungen zu entwickeln, das zu erreichen. Betrachtet man die Leuchte genauer, erkennt man glasklare Linsen, die wie kleine Juwelen aussehen. Das ist zum einen eine Referenz an die 4. Generation der Leuchte „Mildes Licht“ (ML4), deren Design immer noch sehr beliebt ist, und zum anderen ist es eine Weiterentwicklung der traditionellen Lichtlenkung. Ein anderer Aspekt der „ML4“, der in der 5. Generation ein wenig verloren ging ist, dass das Licht eine räumliche Qualität durch den sehr markanten Mittelteil erhält, da es sich deutlich sichtbar von den Flügeln absetzt. Und natürlich wollten wir auch, dass unser Design den heutigen Anforderungen hinsichtlich Energieeffizienz entspricht. Ist zum Beispiel ausreichend Tageslicht vorhanden, müssen die Leuchten in manchen Bereichen ausgeschaltet werden. Blickt man dann aber zur Decke, an der hier ein paar Leuchten angeschaltet und dort ein paar gedimmt sind, wirkt diese scheckig. Oder man könnte meinen, ein Teil der Leuchten sei ausgefallen. Jetzt aber, durch die kristalline Optik der „ML 6“ lässt sich nicht ein Unterschied nicht mehr wirklich erkennen, Damit entsteht eine einheitliche Gesamterscheinung der Decke. Dieser Aspekt ist nicht nur für Designer und Architekten interessant, sondern auch für unsere Kunden.

Das zweite Detail, das mir besonders gefällt, ist die, wie wir es nennen, „Irvine Step“. James Irvine gestaltete die „ML 5“ und es war uns wirklich eine große Ehre die neue Generation dieser Leuchte ausgehend von seinem Modell weiterzuentwickeln. Irvine hatte damals einen kleinen Absatz zwischen dem Flügel und dem eigentlichen Leuchtmittel eingeführt, den wir als Hommage unbedingt beibehalten wollten.

Die glasklaren Linsen ermöglichen den kristallinen Look der sechsten Generation der Leuchte „Mildes Licht" von Zumtobel.

Gensler befasst sich intensiv mit der Thematik der Arbeitsplatzgestaltung. Welche Entwicklung beobachten Sie auf diesem Gebiet? 

Daniel Stromborg: Gensler erstellt jährlich einen „Workplace Survey“, in dem untersucht wird, wie und wo wir heute arbeiten und welchen Einfluss die Umgebung auf uns und unsere Leistung hat. Mit Blick auf die großen und innovativen Firmen wissen wir, dass Angestellte zum Beispiel eine Auswahlmöglichkeit verschiedener Arbeitsplätze benötigen – vom ganz normalen Schreibtischplatz bis hin zu kaffeehausartigen Sitzbereichen. Viele der heute relevanten Aspekte verkörperte die 1964 von Robert Probst und George Nelson entwickelte und von Hermann Miller produzierte Serie „Action Office 1“. Später entwickelten sie – angetrieben durch den ökomischen Druck, Platz möglichst effizient auszunutzen – Einzelboxen für das Großraumbüro, die sogenannten „Cubicle Farms“ des „Action Office 2“. Mit anderen Worten, das gleiche Produkt hatte sich zu seiner Antithese gewandelt. Anschließend führt der Trend wieder zurück zur Open-Space-Bürolandschaft. Heute wollen wir in keiner Box mehr sitzen, benötigen aber gleichzeitig eine gewisse Privatsphäre: Denn das Problem ist, dass wir uns im Großraumbüro, sei es auf Grund von Lärm oder von visueller Ablenkung, nicht richtig konzentrieren können. Wir benötigen deswegen unterschiedliche Zonen für fokussiertes oder gemeinschaftliches Arbeiten. Aktuell arbeiten wir an einer Tischlösung für genau diese Problematik und wir hoffen, das Produkt dann im kommenden Jahr vorstellen zu dürfen.

In den 1980er Jahren hat sich die Bürolandschaft mit dem Einzug der Computer am Arbeitsplatz verändert. Die Entwicklung der ersten Generation der Leuchte „Mildes Licht“ war eine Antwort auf diese neuen Herausforderungen. In welcher Form reagiert die neue „Mildes Licht“ auf die aktuellen Veränderungen in der Arbeitsplatzgestaltung?

Daniel Stromborg: Letztlich ist die Leuchte „Mildes Licht“ ein Objekt. Meiner Meinung nach ist es eine gutaussehende Leuchte, aber nicht dekorativ. Es war auch nie gedacht, dass sie zu einem „It-Objekt“ wird und im Raum selbst eine zentrale „Erscheinung“ ist. Sie soll schließlich mit der Architektur arbeiten und nicht von ihr ablenken. Ich persönlich mag „It-Objekte“ – wie einige Arbeiten von Patricia Urquiola oder Ronan und Erwan Bouroullec, aber manches Design sollte eher zurückhaltend sein und durch seine Leistung glänzen.

Der Sensor „Ativo" erkennt, wo gerade gearbeitet wird und schaltet bei Bedarf den Mittelteil der Leuchte hinzu.

Eine besondere Stärke dieses Produkts liegt daher im sogenannten „Activity Based Lighting“. Das heißt, wir können neue Technologien, wie beispielsweise den Sensor „Ativo" opitmal nutzen. Dieser entdeckt wo wir arbeiten und schaltet bei Bedarf den Mittelteil der Leuchte hinzu. Die Farbtemperatur des Lichts verändert sich zum Beispiel im Laufe des Tages auch von warm zu kalt und wieder zu warm. Wir nehmen eine starken Push in Richtung „human-centric design“ wahr, bei dem jene Technologien integriert werden, die uns wieder mit der natürlichen Welt verbinden, die wir nur allzu oft am Arbeitsplatz vermissen. Denn Tageslicht hat einen hohen Einfluss auf unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit. Will man einen Arbeitsplatz schaffen, der die Gesundheit maximal fördert und auf die Bedürfnisse des Einzelnen eingeht, bietet „Mildes Licht“ die passende Funktion dank „tunableWhite“

Sie waren bisher vorwiegend im Bereich Möbeldesign und Verbraucherelektronik tätig. Wie war es, zum ersten Mal eine Leuchte zu entwickeln?

Daniel Stromborg: Es war viel interessanter als ich jemals dachte. Ich hatte eine Vorstellung für Lichtdesign im Sinne von Ingo Maurer, der die experimentelle Beleuchtung vorangetrieben hat oder Designer, wie beispielsweise Achille Castiglioni, die eher skulpturale Objekte geschaffen haben. Ich hatte aber bis zu diesem Zeitpunkt noch nie über „performance space lighting“ nachgedacht. Für mich persönlich war das ein wichtiger Entwicklungsschritt.

Die Leuchte „Mildes Licht" in der Aufbauvariante.
Die Leuchte „Mildes Licht" in der Einbauvariante.

Hat Sie die Arbeit mit Licht zu neuen Ideen inspiriert?

Daniel Stromborg: Mich fasziniert, dass man im urbanen Raum überall Versionen der Leuchte  „Mildes Licht“ sieht. Kürzlich war ich in London und lief entlang der Themse vom London Eye in Richtung Tower of London und kam an zahlreichen Bürogebäuden vorbei: Ich konnte einige Büroetagen ausmachen, in denen Versionen der „Mildes Licht“ verbaut wurden – manchmal auch Kopien davon. Der Markt für Einbauleuchten bietet noch so viel Potential! Im Tech- und Mediabereich wollen zum Beispiel viele einen Arbeitsplatz, der nicht nach Corporate Design aussieht. Diese Unternehmen wollen keine abgehängten Decken, sondern rohe Betondecken im Stil eines Lofts. Die Frage ist also, wie wir ein Produkt wie „Mildes Licht“ mit ihrer Kombination aus zwei Beleuchtungsszenarien – dem weichen Raumlicht und dem direkten Licht – weiterentwickeln können, sodass es in solche Räume und in solche Decken integriert werden kann. 

Das klingt ja, als ob Ihre Arbeit noch nicht abgeschlossen ist, sondern gerade erst losgeht …

Daniel Stromborg: Tatsächlich arbeite ich mit Zumtobel schon an einem neuen Projekt, worüber ich aber noch nichts verraten darf. Zumtobel war ein Traumkunde mit sehr passionierten und intelligenten Persönlichkeiten – von den Fachleuten bis zum Projektmanagement. Das Wort „Nein“ gab es nicht ohne eine wirklich fundierte Begründung. Das gefiel mir sehr, denn das Wort „Nein“ mag ich nicht.