Die Eleganz der Logik
Daniel Rybakken wurde 1984 geboren und wuchs in der norwegischen Hauptstadt Oslo auf. Er studierte Design an der Oslo School of Architecture und machte seinen Abschluss an der School of Arts & Crafts im schwedischen Göteborg. Nach seinem Master of Fine Arts im Jahr 2008 eröffnete er seine eigenen Designstudios in Oslo und Göteborg.
Elisabeth Bohnet: Sie sind ein sehr etablierter Designer und arbeiten mit bedeutenden Marken zusammen. 2014 haben Sie den Compasso d'Oro für "Counterbalance" mit Luceplan erhalten. Wenn Sie zurückblicken, was hat dieser sehr frühe und große Erfolg für Ihre Karriere bedeutet?
Daniel Rybakken: Ich will nicht sagen, dass ich gesegnet war, aber ich hatte das Glück, schon sehr früh eine Menge großer Preise zu erhalten. Viele dieser Auszeichnungen wurden sehr gut bezahlt, was bedeutete, dass ich schon früh ein Studio gründen konnte, in dem ich mich nicht nur auf die großen Verkäufe konzentrieren musste. Ich liebe es, dass meine Projekte selbst initiiert sind und dass ich die Rolle des Komponisten übernehme. Mit dem Compasso d'Oro ist kein Geld verbunden. Ich habe "Counterbalance" in Eigeninitiative hier in meinem Studio in Göteborg entwickelt. Nachdem ich es in Mailand präsentiert hatte, wurde es von Luceplan aufgegriffen. Das war der Beweis dafür, dass mein Ansatz funktioniert. Dadurch wurde ich vielleicht weniger abhängig von Aufträgen von Unternehmen und hatte mehr Freiheit, mich auf meine Ideen zu konzentrieren und darauf zu vertrauen, dass es klappt.
Zwei Jahre später wurden Sie für "Ascent" erneut ausgezeichnet.
Daniel Rybakken: Es war derselbe Prozess: Ich hatte die Idee, und Luceplan wollte sie umsetzen. Bis heute arbeiten wir auf diese Weise zusammen.
In dieser Zeit scheinen Sie sich viel mit Leuchten und Lichtdesign beschäftigt zu haben. Was interessiert Sie an der Gestaltung von Licht?
Daniel Rybakken: Am Anfang war das Design für mich ein sehr weites Feld. Wenn man mit Möbeln entwirft, zum Beispiel einen Stuhl, gibt es viele Vorgaben, wie die Dinge aussehen sollen. Im Gegensatz dazu kann eine Leuchte alles sein, man ist sehr frei in der Gestaltung. Gleichzeitig sah ich mich selbst nicht als Leuchtendesigner, aber alle anderen sahen mich als solchen. Verschiedene Unternehmen traten an mich heran, allerdings nur, um Lampen zu entwerfen. Für die Möbel musste ich mich erst einmal frei machen. Langsam wurden sie dann zum größeren Teil meiner Arbeit.
Mit welchen Arbeiten ist Ihnen das gelungen?
Daniel Rybakken: Wahrscheinlich war es der Stuhl "Petit Standard" mit Hay. Es war ein langer Prozess, der von der ersten Skizze bis zur Produktion acht Jahre dauerte. Es ist auch ein ziemlich kompliziertes Produkt, und es brauchte den richtigen Hersteller, damit es funktioniert. Außerdem wurde ich von Marianne Goebl von Artek angesprochen, was für mich eine große Überraschung war, da sie gerade eine wunderschöne Kollektion auf den Markt gebracht hatten. Sie hätten zu diesem Zeitpunkt mit jedem arbeiten können, aber sie entschieden sich für mich, der meiner Meinung nach der einzige skandinavische Designer war, der nicht mit Holz arbeitete und nicht aus dem Tischlerhandwerk kam - eine sehr schöne Überraschung und eine großartige Gelegenheit.
Ihre Entwürfe zeigen eine große Vielfalt und eine klare Designsprache. Was weckt Ihr Interesse an einem neuen Projekt?
Daniel Rybakken: Da die meisten meiner Projekte von mir initiiert werden, beruhen die Entwürfe auf meinen eigenen Interessen und Ideen. Im Moment arbeite ich jedoch mit einem sehr kleinen Unternehmen in Portugal an einem Holzofen. In diesem Fall kamen sie auf mich zu und fragten mich, ob ich etwas mit ihnen machen wolle. Obwohl ich nicht weiß, wie profitabel es sein wird, habe ich gesehen, dass hier Potenzial vorhanden ist, etwas Einzigeartiges zu machen. Ich liebe die Möglichkeit, etwas Neues zu kreieren. Das ist es, was für mich interessant ist. Es ist wie eine art persönliche Herausforderung, die vielleicht daher rührt, dass wir von schlechten LehrerInnen gesagt bekommen haben, dass es eh nichts neues gibt. Ich denke, es ist von Wert, wenn man versucht, etwas außerhalb der Norm zu tun. Deshalb versuche ich, so wenig Inspiration wie möglich aus dem Designbereich zu beziehen.
Lassen Sie uns über Ihre neuesten Arbeiten sprechen. Zum Beispiel haben Sie für Karimoku einen Stuhl und Lampen aus japanischem Hinoki-Weichholz entworfen. Was war das Besondere an diesem Projekt?
Daniel Rybakken: Mir gefielen die Kontraste. Das war auch ein selbst initiiertes Projekt, bei dem ich darüber nachdachte, Möbel aus Weichholz statt aus traditionellen Harthölzern herzustellen. Aus Hartholz kann man sehr elegante Stühle machen, weil man die Dimensionen reduzieren kann. Ich fragte mich: "Wie kann man etwas schaffen, das immer noch elegant wirkt, aber die größeren Maße hat, die bei der Verwendung von Weichholz erforderlich sind?" Ich wollte etwas Nützliches zu schaffen, das hundert Jahre lang halten kann. Es sollte sehr stark sein, übertechnisiert oder überdimensioniert, aber gleichzeitig auch elegant. Das war die ursprüngliche Idee. Dann stellte ich sie Karimoku vor, und wie es der Zufall wollte, sagten sie, dass sie gerade eine neue Untermarke mit Schwerpunkt auf japanischem Weichholz namens MAS gegründet hätten.
Auf dem diesjährigen Salone haben Sie mit Alias zwei Produkte vorgestellt. Welche Designidee steckt hinter dem Tisch "Nastro"?
Daniel Rybakken: Meine Idee entstand im Jahr 2020, als die Menschen zunehmend von zu Hause aus arbeiteten. Man sah, wie die Leute ihre Büros nach Hause verlegten, und die meisten Schreibtische hatten diesen unschönen Industrie-Optik. Selbst wenn man eine schöne Sperrholzplatte darauf legt, vermitteln sie immer noch den Eindruck von Büro und nicht von Zuhause. Das liegt vor allem daran, dass sie zwei statt vier Beine haben. Ich wollte einen höhenverstellbaren Tisch entwerfen und fragte mich: "Wie kann man das mit vier Beinen machen, und zwar auf elegante Weise?" Die Herausforderung bestand darin, die Bewegung von vier einzelnen Beinen zu synchronisieren. Dabei kamen mir die Fahrräder meiner Kinder in den Sinn, die anstelle einer Kette einen Zahnriemen verwenden, der völlig trocken und ohne Schmiermittel, Staub oder Metalle ist. Es war eine einfache Möglichkeit, die Beine miteinander zu verbinden, ohne einen Elektromotor zu verwenden. Dann baute ich meine eigenen Prototypen, kaufte ein Schweißgerät, lernte schweißen und baute sie als Proof of Concept zusammen. Das Schöne daran ist, dass man "Nastro" überall einsetzen kann, zum Beispiel in der Küche, wo man nicht nur arbeiten und essen, sondern auch backen kann, wofür man die gleiche Höhe wie die Arbeitsplatte braucht.
Dann haben Sie sich an Alias gewandt?
Daniel Rybakken: Ja, und es hat ihnen sehr gut gefallen. Es ging alles sehr schnell, und es dauerte nur ein Jahr bis zur Einführung. Ebenso beim Stuhl.
Sie sprechen vom Stuhl "Lira", auf den Sie nach eigener Aussage sehr stolz sind. Können Sie erklären, warum?
Daniel Rybakken: Vielleicht bin ich eher zufrieden als stolz darauf, denn Stühle sind im Vergleich zu einem Tisch sehr schwierig zu realisieren. Bei einem Tisch kann man sagen, dass er mechanisch sehr komplex ist – oder, wie ich bevorzuge, einfach. Wenn man den Tisch um zehn Zentimeter verbreitert oder um zwanzig Zentimeter verlängert oder die Dicke der Platte verändert, hat das keinen großen Einfluss auf ihn. Es ist eher ein architektonisches Element. Ein Stuhl ist viel mehr ein lebendiges Wesen. Es ist ein sehr anspruchsvoller Prozess, bei dem man müde wird, weil man zuvor im Alltag nicht so viel über Stühle nachgedacht hat. Es gibt ungalublich viele verschiedene Winkel und unterschiedliche Radien. Aber es gibt ein paar interne Regeln, die mir bei der Arbeit geholfen haben.
Es ist wie in einem System: Wenn man eine Sache ändert, muss man vermutlich alles ändern.
Daniel Rybakken: Ganz genau. Ich muss Machbarkeitsstudien durchführen, weil das für viele Unternehmen unerlässlich ist. Ich bin begeistert, dass "Lira" so gut funktioniert und so bequem ist.
Warum haben Sie sich für Metallfüße entschieden?
Daniel Rybakken: Mir gefällt der Kontrast zwischen den beiden Materialien. Mein Vater ist Grafikdesigner und erklärte mir das als Kind. Ich erinnere mich, dass er sagte, wenn man ein Auto hat, das sehr organisch ist, wie ein Stück Seife, und man dann schärfere Elemente hinzufügt, wird die Krümmung hervorgehoben, anstatt dass alles nur rund und fließend ist. Die vertikale Säule meines Stuhles ist wie eine Leinwand, auf der die Maserung des Holzes zu sehen ist. Die Metallbeine sind eine Möglichkeit, das vertikale Holzstück zu betonen, während alles andere recht dünn und minimalistisch ist.
Im Jahr 2020 haben Sie in Stockholm eine Kunstinstallation namens "Shelter" geschaffen. Deren Form erinnert mich an Ihre Leuchte "Fienile". Wie ist das Verhältnis zwischen Kunst und Design in Ihrer Wahrnehmung?
Daniel Rybakken: Für mich ist der Übergang sehr fließend. Das Projekt "Shelter" bewegt sich in Richtung Kunst, aber bei "Fienile" geht es mehr um Zugänglichkeit. Ich stelle fest, dass sich meine traditionellsten Lampen am besten verkaufen – leider, denn ich mache sehr gerne konzeptionelle Arbeiten. Und je konzeptioneller es wird, desto mehr wird es zu einem Kunstprojekt. Vor "Shelter" habe ich mehrere andere Installationen gemacht, wie 2010 ein Projekt in Stockholm namens "Daylight Entrance". Ich nutzte die Illusion von natürlichem Tageslicht, das in ein Gebäude fällt. Es handelte sich um ein Treppenhaus, und die Lichtflecken, die scheinbar von der Sonne durch ein Fenster auf die Wand geworfen werden, wurden alle mit LEDs auf der Oberfläche erzeugt. Ein anderes Projekt war "Layers" in Paris, eine Lichtinstallation vor dem Schwedischen Institut im Jahr 2012.
Ich hörte Sie sagen: "Eleganz ist die Logik, wie die Dinge zusammengesetzt sind, und dies auf klare Art und Weise zu zeigen". Mir gefiel die Idee der Logik der Bewegung als Eleganz, und sie ist eindeutig ein Attribut in Ihrem Design. Was sind weitere Aspekte, die Ihnen wichtig sind?
Daniel Rybakken: Ich versuche auch, ein innovatives Element einzubringen, etwas, das einen neuen Ansatz aufzeigt. Ich habe gehört, dass viele meiner Objekte eine dynamische Komponente aufweisen, nicht alle, aber eine mechanische Bewegung wie bei "Counterbalance". Es ist eine sehr einfache Bewegung, und ich möchte die zugrunde liegende Technik zeigen, anstatt sie zu verstecken.
Vielleicht auch, um etwas Analoges anzubieten?
Daniel Rybakken: Ja, weil wir nicht mehr wirklich verstehen, wie die Dinge funktionieren, da alles vor uns versteckt wird. Der "Nastro"-Tisch ist sehr leicht zu verstehen, ich glaube, deshalb mögen ihn die Leute so sehr. Obwohl es etwas so Offensichtliches ist, wurde es noch nie gemacht.
Und wenn man es benutzt, sieht man sofort das Ergebnis der eigenen Handlung. Man kann mit dem Produkt interagieren.
Daniel Rybakken: Ich glaube, dass der Luxus der Zukunft aus mechanischen Ziffernblättern und Uhrwerken bestehen wird. Im Autodesign wird einem mit einem Touchscreen vorgegaukelt, dass es Hightech und cool ist. In Wirklichkeit ist das nur ein Weg, um Dinge billiger zu machen. Bei meinem neuen Herd und meinem Energie-Isogramm habe ich auf mechanische Knöpfe und Schalter bestanden, auch weil sie so viel besser zu bedienen sind.
Wir haben bereits über ein bevorstehendes Projekt gesprochen, den Ofen. Was steht in der nahen Zukunft noch an?
Daniel Rybakken: Ich entwerfe viel für Luceplan, zum Beispiel eine neue Kollektion, und ich entwickle einige neue Arbeiten für Alias. Es gibt auch einige interessante Projekte, die nächstes Jahr auf dem Salone del Mobile zu sehen sein werden. In meinem Atelier arbeite ich alleine mit einem Assistenten und denke manchmal darüber nach, ob ich die Anzahl der MitarbeiterInnen erhöhen soll oder nicht. Aber ich möchte die Kontrolle über meine Projekte behalten. Und ich mag Ehrlichkeit: Wenn da steht "Designed by Daniel Rybakken", sollte es nur von mir selbst entworfen worden sein.