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"Beständigkeit stellt einen enormen Wert dar"

Welche Neuerung auch immer ins Bad einzieht – Dornbracht übernimmt beinahe immer die Vorreiterrolle bei der Entwicklung. Uns erzählt Andreas Dornbracht, warum das nicht nur für sein eigenes Unternehmen wichtig ist.
04.04.2019

Robert Volhard: Dass Armaturen gut gestaltet sind, ist heute eine Selbstverständlichkeit. Dass Bäder durch die eingesetzten Materialien und Designobjekte immer wohnlicher werden, hat sich auch durchgesetzt. In bodenebenen Duschen hängt eine Regenbrause oder manchmal sogar ein RainSky. Bei alldem war Dornbracht Vorreiter. Mit dem Aquamoon haben Sie vor zwei Jahren in Zusammenarbeit mit dem Designer Michael Neumayr eine ganz neue Dimension des Duscherlebnisses geschaffen. Ebenfalls vor zwei Jahren haben Sie auf der ISH mit dem LifeSpa Konzept die Entwicklung des Bades zum Gesundheitsraum vorgestellt. Wie wurde diese Entwicklung auf dem Markt angenommen?

Andreas Dornbracht: Als wir vor vier Jahren unseren neuen Markenclaim "Culturing Life" gewählt haben, war das für uns mehr als nur eine Marketingmaßnahme: Wir haben begonnen, das Leben in den Mittelpunkt unserer Überlegungen zu stellen. Das Ergebnis dieser Auseinandersetzung haben wir dann in drei Begriffen verdichtet: Lebensqualität, Lebensenergie und Lebensglück. Diese drei Begriffe sind sehr wichtig für uns – sie sind eine Art Leitstern, der uns die Richtung aufzeigt. Um auf die Frage zurückzukommen: Obwohl das Thema Gesundheit, das ja Voraussetzung für Lebensqualität, Lebensenergie und Lebensglück ist, bei Umfragen in der Rangliste der Wünsche an erster Stelle steht, haben wir gespürt, dass unsere neuen Konzepte vom Handel nur langsam aufgenommen worden sind. 

Woran lag das?

Andreas Dornbracht: Gesundheit ist ja ein sehr sensibles Thema, bei dem man sich Kompetenz erst einmal erarbeiten muss. Architekten und Designer haben sich unsere Denkanstöße ziemlich schnell zu eigen gemacht. Aber inzwischen wenden sich auch immer mehr andere Sanitärunternehmen dem Feld der Gesundheit zu. Mittlerweile ist daraus eine regelrechte Bewegung geworden, die die Evolution des Bades vorantreibt. Aber einer muss immer den ersten Schritt wagen.

Bei unserem letzten Gespräch haben Sie angekündigt, dass Dornbracht zukünftig innovative Partnerschaften eingehen und Netzwerke knüpfen will. Wie ist der Stand bei diesen Vorhaben?

Andreas Dornbracht: Wir stehen mittlerweile durch zwei Netzwerke in sehr intensivem Austausch mit anderen Unternehmen: "Connected Comfort" und "Universal Home". Dort sind neben uns unter anderem Miele, Gira, Schüco, Vaillant, und Revox aktiv. Smart Home, Smart Room, Smart Living – all diese Schlagwörter kennen wir inzwischen zur Genüge. Diese Ideen aber in Konzepte zu gießen, die dann auch von Handel, Handwerk, Planern, Architekten und Interior Designern wirklich umgesetzt werden können – dafür braucht es diese Netzwerke. Denn allein ist man ein Rufer in der Wüste.

Können Sie sich vorstellen, dass Dornbracht in fünf oder zehn Jahren nicht nur "Hardware" herstellt, sondern auch unterschiedliche Wellnessprogramme anbietet – ähnlich wie Apple Music?

Andreas Dornbracht: Absolut! Wir haben das Thema Software – Duschprogramme – inzwischen zu einem Schwerpunkt unserer Entwicklung gemacht. Und diese Programme wollen wir zukünftig auch als Teil des "Internet of Things" anbieten. Der Unterschied zwischen uns und Apple ist: Unsere "Hardware" ist ein langfristiges, langlebiges Investitionsgut. Unser Ziel ist es deshalb zu ermöglichen, dass der Kunde neue Funktionen mit der gleichen Hardware realisieren kann. 

Ähnlich wie "Smart Home"-Konzepte benötigt ein Bad, das auch Spa- und Gesundheitsanwendungen bereitstellt, wesentlich mehr Knowhow, als ein gewöhnliches Bad – beim Kunden, beim Architekten und beim Handwerksbetrieb. Wie vermitteln sie dies und bauen eventuelle Berührungsängste ab?

Andreas Dornbracht: Ganz klar bedeutet das für uns als Hersteller, dass wir uns schon im Planungsprozess engagieren müssen. Deshalb gehen wir auf den Kunden zu und bieten ihm eine Planungs- und Installationsbegleitung sowie die Inbetriebnahme an. Zusätzlich offerieren wir ihm auch die Wartung des Systems – diese allerdings kostenpflichtig. Und wir sehen, dass diese Angebote, wenn auch in unterschiedlichem Maße, vom Markt wahrgenommen und vom Endkunden nachgefragt werden. 

Stichwort Urbanisierung: Gemeinsam mit Sieger Design hat Dornbracht den Prototyp eines Micro-Spas entwickelt, das luxuriöse Spa-Features auch auf kleinstem Raum ermöglicht. Wird es von Dornbracht in Zukunft auch in Serie Produkte für den wachsenden Bereich Micro-Living geben? 

Andreas Dornbracht: Das Thema Small Luxury Bathroom oder Small Premium Bathroom mit Spa Features ist ein ganz wichtiges Thema. Der Trend geht in den Mega Citys der Welt ganz klar zu wirklich kleinen Wohnungen. Es gibt Apartments in Hongkong, die 35 Quadratmeter groß sind und trotzdem Luxus darstellen. Nicht nur, weil die Grundstücke teuer sind oder die Aussicht beeindruckend ist. Sondern weil der Platz nicht mehr da ist. Und es kommt hinzu, dass die Anzahl der Singlehaushalte, die eh weniger Fläche benötigen, weiter steigt. Wir müssen aber zugleich auch erkennen, dass gerade in diesem Bereich inspirierende Beispiele von Seiten der Hersteller besonders notwendig sind. Ich will nicht sagen, dass wir Blue Prints liefern müssen – aber Antworten auf die Frage: Was ist machbar? Was kann man alles auf kleinen Flächen und in kleinen Räumen unterbringen? Und diese Antworten müssen wir inspirierend kommunizieren. 

Mit "Piccolo" stellt Alape auf der ISH 2019 eine gelungene Lösung für kleine Sanitärräume vor. Sie erinnert an vergangenen Zeiten – aber neu interpretiert. 

Andreas Dornbracht: Was wir als Hersteller erkennen müssen ist, dass wir durchaus Schätze in unserem Portfolio haben, die aber ein Refinement benötigen. Das haben wir auf der ISH mit der Armatur "Meta" demonstriert, die sich jetzt seit 24 Jahre in unserem Programm befindet und die wir nun zum zweiten Mal überarbeitet haben. Das ist, glaube ich, eine sehr gute Strategie – auch im Sinne der nachhaltigen Produktentwicklung. Und die haben wir bei Alape mit "Piccolo Novo" auch verfolgt. Manchmal sind es nur Feinheiten, die geändert werden müssen, um ein Produkt wieder ästhetisch in der heutigen Welt, in der Gegenwart zu verorten. 

Im absoluten High-End-Bereich, wo ein Superlativ den nächsten jagt, ist Dornbracht inzwischen Platzhirsch – nicht zuletzt dank maßgeschneiderter Produkte. Sehen Sie generell den Trend zu einem wachsenden "Bespoke"-Markt der „Individualisierung“ oberhalb des "Premium"-Segments. Anders gefragt: Ist "Individualisierung" das neue "Premium"?   

Andreas Dornbracht: Ich glaube, das Thema Individualisierung wird weiter eine ganz große Rolle, gerade im Premium- oder im Luxus-Bereich spielen. Wobei diese Individualisierung nicht rein statusgetrieben ist. Dabei geht es aber nicht nur darum, sagen zu können: Das ist ein Unikat. Das mag eine Rolle spielen. Aber ich glaube, es geht eher darum, dass der Interior Designer seinem Kunden ein Maximum an Individualität ermöglichen kann, ob es nun um Oberfläche und Materialien geht oder um Anwendungen oder Installationsmöglichkeiten. Auch der 3D-Druck wird in diesem Bereich zukünftig eine wichtige Rolle spielen.

Einige Mitbewerber setzen seit Jahren auf internationale Designstars wie Philippe Starck, Patricia Urquiola oder Konstanti Grcic als Zugpferde. Warum verlassen sich die Geschwister Dornbracht fast ausschließlich auf die Geschwister Sieger als Designer? 

Andreas Dornbracht: Dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Der erste ist natürlich das enorme Vertrauen, das man zueinander entwickelt hat. Das wiederum nicht zuletzt darauf basiert, dass man sich sehr gut versteht und Eitelkeiten hintangestellt. Der zweite Grund ist, dass ein eingespielter Ablauf bei jeder neuen Produktentwicklung einen ungeheuren Zeit- und Qualitätsvorteil darstellt. Drittens haben wir immer gesagt, die Marke steht im Vordergrund. Wir wollen den Kreativpart keineswegs unterschlagen, aber wir brauchen auch nicht den Designernamen als Promoter für ein Produkt. Schließlich ist der vierte und letztendlich der entscheidendste Grund, dass wir eine kontinuierliche Entwicklung haben. Unsere Kommunikations- und Design-DNA entwickelt sich eben beständig. Sie wird ständig weiterentwickelt wird, aber wir verzichten bewusst auf zu starke Brüche. Weil Marken in ihrer Beständigkeit einen enormen Wert darstellen.

In Kürze öffnet in Mailand der Salone del Mobile die Tore. Nach zehn Jahren Abstinenz wird es in diesem Jahr wieder ein Cultural Project von Dornbracht mit Mike Meiré geben: das Dornbracht Research Lab. Wir sind schon höchst gespannt, was Sie im ehemaligen Foscarini-Showroom zeigen werden. 

Andreas Dornbracht: Ich auch! (lacht) Also es geht darum, Grenzen zu überschreiten, über die wir bisher ehrlicherweise noch nicht getraut haben. Und es geht um Virtualität, es geht um neue Erfahrungsmöglichkeiten, die wir zukünftig entwickeln und zugänglich machen wollen. Und wenn wir sagen: Research Lab, dann geht es immer darum, dass wir tatsächlich Research betreiben. Nicht nur für uns, sondern letztendlich für unsere gesamte Branche. Denn wenn wir Vorreiter sind, wie bei vielen Themen in der Vergangenheit, dann spielt diese Vorreiterrolle ja auch immer eine Rolle für die Branche und nicht nur für uns allein. Darum geht es im weitesten Sinne. Uns haben schon vor vielen Jahren Künstlerinnen und Künstler die Augen geöffnet – für den Menschen im Bad. Dafür, dass es letztlich um den Menschen geht, um sein Wohlbefinden, seine Gesundheit, seine Schönheit. Das ist eigentlich die wichtigste Erkenntnis aus den vielen Kulturprojekten die wir gemacht haben. Heute kommen neue Themen auf: Digitalität, Virtual Reality, Augmented Reality – ganz neue Erfahrungen, die der Mensch machen kann. Und für uns stellt sich damit die Frage: Wie können diese technologischen Möglichkeiten die Erlebnisse im Bad verstärken, unterstützen, verändern? 

Dornbracht in Mailand:

Dornbracht Research Lab “Is Memory Data?”
Spazio Brera
Via Fiori Chiari 28 / Via Pontaccio 19
20121 Mailand

Öffnungszeiten:

9. bis 12. April: 10 bis 21 Uhr
13. und 14. April: 10 bis 19 Uhr