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Unternehmer mit Fortune: Anders Byriel.

STYLEPARK KVADRAT
Der Besessene

Im Gespräch mit Thomas Edelmann erklärt Anders Byriel, Chef der dänischen Textil-Ikone Kvadrat, weshalb ihm Qualität das Wichtigste ist, fast alle Mitarbeiter ein bisschen besessen sind und seine Firma immer mehr können will.
31.10.2016

Anders Byriel, Jahrgang 1965, leitet seit 18 Jahren das Textilunternehmen Kvadrat. Die Gründer, sein Vater Poul Byriel und Erling Rasmussen, hatten 1992 an ein schwedisches Unternehmen verkauft. Dass ihr im Geiste des Aufbruchs der Sechzigerjahre in der Nähe von Ebeltoft in Ostjütland gestartetes Projekt auch ihre Kinder ausfüllen würde, erwarteten sie nicht. Da die neuen Besitzer die Potentiale der Firma nicht entwickelten, erwarb die Familie das Unternehmen zurück. Ende der 1990er Jahre übernahm die nachfolgende Generation und vervielfachte Umsatz und Rendite. Während Byriel senior den kreativen Part innehatte, übernahm sein Sohn nun die Unternehmensleitung. Mette Bendix, Tochter des einstigen Finanzchefs Rasmussen, leitet die Produktentwicklung.

Seine Karriere begann Anders Byriel als Jurist mit zusätzlichem MBA in einer Anwaltskanzlei. 1992 wechselte er als Assistent ins Management von Kvadrat. Stationen als Head of Marketing (ab 1994) und Head of Sales (ab 1996) gingen der Übernahme der Firmenleitung voraus.  

Anlässlich des London Design Festivals erschien 2013 bei Prestel das Firmenportrait „Interwoven“. Das es heute bereits ein wenig veraltet ist, liegt an der Dynamik von Kvadrat. Derzeit baut Kvadrat seinen Firmensitz um und lässt die Büros von der Londoner Designerin Sevil Peach nach aktuellen Gesichtspunkten eines lebensnahen Arbeitens umgestalten. Wenn sich 2017 Aarhus als Kulturhauptstadt Europas präsentiert, ist Kvadrat in Ebeltoft mit von der Partie. Wie all das auch mit seiner Begeisterung für Architektur zusammenhängt, erzählt Anders Byriel im Gespräch.

Teamgeist um 1980: Percy von Halling-Koch (rechts) mit den Kvadrat-Gründern Poul Byriel und Erling Rasmussen in Ebeltoft.

Thomas Edelmann: Kvadrat wurde 1968 von Ihrem Vater Poul Byriel zusammen mit Erling Rasmussen im Geist des skandinavischen Designs gegründet. Welcher Idee folgte die Gründergeneration damals?

Anders Byriel: Beide waren in den fünfziger Jahren bei Unica Væv tätig, einer Firma, die damals zwei relevante Gestalter hatte, den Designer Verner Panton und den Maler, Bildhauer, Architekt und Designer Gunnar Aagard Andersen. Dieser lehrte an der Kunstakademie in Kopenhagen und gehörte damals zu den intellektuell einflussreichsten Leuten in Dänemark, ja in ganz Skandinavien. Das war der prägende Einfluss. Von den beiden Gründern kümmerte sich mein Vater um die kreative Seite, Rasmussen war für die kommerziellen Fragen zuständig. Sie begannen 1965, die Firma wurde 1968 eingetragen. Das erste Produkt war „Hallingdal“. Erst später habe ich das alles begriffen, denn ich bin 1965 geboren: Unsere Ursprünge liegen nicht so sehr im handwerklich geprägten Design der 1950er Jahre, dieser extrem wichtigen Zeit mit Arne Jacobsen, Hans Wegner, Børge Mogensen, Kaare Klint und anderen einflussreichen Leuten. Sie bestimmten das Geschehen. Die Farben dieser dänischen Klassiker waren sehr subtil und ruhig. Mein Vater und Erling fühlten sich dagegen als Revolutionäre des Designs. Sie arbeiteten mit der nächsten Generation, sie waren weit mehr von der Pop Art und dem Aufbruch der Sixties geprägt als vom Handwerk. So gab es im ersten Showroom keine Möbel, man saß auf dem Boden. Das alles muss sich wie ein radikaler Neubeginn angefühlt haben...

… der die kunsthandwerklichen Traditionen in den Hintergrund geraten ließ?

Anders Byriel: Sie teilten einige der Werte, die viele bekannte dänische Designer in den Fifties begründet hatten. Doch gerade was die Farben anbelangte, wollten sie weiter gehen. Sie suchten nach dem Weg heraus aus den fünfziger Jahren. Denn es waren zwar viele innovative Möbel entstanden, doch die kommende Generation fühlte sich dennoch intellektuell eingeengt, sie wollte ihren Spielraum erweitern. Sie wollten expressiver sein und spielerischer, als das bis dahin möglich schien. Als ich die ersten Plakate von Kvadrat im Rahmen der Ausstellung „Pop Art Design“ sah, die das Vitra Design Museum mit dem Lousiana Museum of Modern Art und dem Moderna Museet in Stockholm zeigte, wurde mir bewusst, dass die Geburt von Kvadrat in diesem Geist und Umfeld geschah.

Drei Jahrzehnte später, 1998, übernahmen Sie gemeinsam mit Rasmussens Tochter Mette Bendix, die heute für die Produktentwicklung zuständig ist, die Leitung des Familienunternehmens. Was hat sich seither verändert?

Anders Byriel: Bevor ich das tat, hatte ich bei Kvadrat mit Marketing und Unternehmensstrategie zu tun. Ich arbeitete mit meinem Vater zusammen, was sehr angenehm war. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich Kvadrat zu einem großen dänischen Unternehmen gewandelt, einem einflussreichen skandinavischen Phänomen. Damals waren wir eine Firma, die zu einem großen Teil auf Konsumenten ausgerichtet war. Wir verkauften Millionen von Metern unserer Produkte für alle Arten von Wohnräumen, vergleichbar zur damaligen Zeit vielleicht mit einer Firma wie Marimekko. Mein Ziel war es, die Firma mehr auf Architektur hin auszurichten. Außerdem wollte ich einen Aspekt stärken, der schon im Anbeginn existierte, den wir aber ausbauen wollten. Es ging darum, kosmopolitischer zu werden. Wir hatten damals bereits viele fantastische Designer, die aber zum überwiegenden Teil Dänen waren. Wir wollten uns stärker der Welt öffnen, insbesondere der globalen Architektur- und Design-Community. So begannen wir die Zusammenarbeit mit dem einflussreichen niederländischen Designer Frans Dijkmeijer, der Bücher über unsere Textilkonstruktion schrieb. Wir begannen mit schwedischen und englischen Designern zu arbeiten. Wir begannen die Öffnung hin zur Welt als Business zu verstehen. Wir bemühten uns intensiv um die Architektur. Seit ich in die Firma kam, wuchs die Kvadrat-Gruppe von zwei auf derzeit 25 Firmen. Langsam erweiterten wir unser Geschäft um viele Regionen. Während der letzten fünf bis sieben Jahren kümmerten wir uns neben Europa verstärkt um die asiatischen Märkte. In dieser Zeit wandelten wir uns von einer einflussreichen europäischen Firma zu einem Global Player.

Entwürfe für einen Longseller: Farbbeispiele der Designerin Nanna Ditzel für den Stoff Hallingdal aus dem Jahr 1965.

Und heute?

Anders Byriel: In gewisser Weise kehren wir zu unseren Anfängen zurück, indem wir wieder Produkte für Konsumenten anbieten. Das ist der jüngste Teil unseres Unternehmens. Wir zielen mit einem Teil des Business wieder auf die Interessen der Konsumenten. In diesem Jahr wuchs dieser Teil des Geschäfts, den wir über den Handel abwickeln, um über 30 Prozent. Der Umsatz der Kvadrat-Gruppe konnte in diesem und im vergangenen Jahr um 15 Prozent gesteigert werden. In den vergangenen fünf Jahren konnten wir das Business verdoppeln.

Sie betonen häufig die Bedeutung des „architektonischen Raumes“ für die Unternehmensstrategie. Was bedeutet das für ein Unternehmen mit dem Fokus auf Textilien?

Anders Byriel: Wir arbeiten mit Architekten in aller Welt zusammen, ohne Ausnahme. Wir sind da für kleine Studios in Düsseldorf oder Kanazawa. Ebenso arbeiten wir mit der Super League der Architektur zusammen. Hauptsächlich nutzen Architekten unsere Standardprodukte, zugleich entstehen pro Jahr weltweit rund 300 Projekte mit maßgeschneiderten, speziell entwickelten Produkten. Das reicht von der Disney Concert Hall in Los Angeles von Frank O. Gehry bis zur Hamburger Elbphilharmonie von Herzog & de Meuron. Unsere Kernbotschaft lautet: Was können Textilien zur Architektur beitragen? Wir sind in einer glücklichen Situation. Beginnend mit dem Bauhaus hat sich der Modernismus in unterschiedlichen Varianten mehr oder weniger überall durchgesetzt. Das hat reduzierte Räume und Oberflächen zur Folge. Insofern sind Textilien ein Element, nach dem Architekten suchen, um Taktilität zu erzeugen. Sobald sie die Möglichkeiten erkannt haben, beschäftigen sie sich intensiver mit den ästhetischen und funktionalen Möglichkeiten. Textilen werden an Wänden eingesetzt, als Vorhänge und zum Sonnenschutz. Ein weiterer wichtiger Bereich ist das Büro, dessen Ästhetik sich an die privater Räume angleicht. Auch hier entwickeln sich Textilien zu einem unverzichtbaren Bestandteil, was sehr gut für unser Geschäft ist. 

Von Ebeltoft in alle Welt: Blick ins vielseitige Warenlager in der Firmenzentrale.

Spielt die Qualität von Textilien heute eine größere Rolle als noch vor 20 Jahren?

Anders Byriel: Die Begeisterung für Textilien folgt – wie die meisten Dinge – gewissen Zyklen. Selbst in den als etwas langweilig geltenden Fünfziger Jahren gab es auf Textilbiennalen wunderbare Dinge zu entdecken. Neu ist vielleicht, dass man erkannt hat, welche Freude sie bereiten können. Sie sind ein maßgeblicher Beitrag zur Kultur. So sind Textilien heute in der zeitgenössischen Kunst ungeheuer präsent, sobald es darum geht, Materialität deutlich zu machen. Und ebenso begeistern sich junge Architekten dafür.

Etwa, weil Textilien eine gewisse Weichheit in einer scharfkantigen Welt bieten?

Anders Byriel: Ich nenne es Materialität. Dieser Raum, in dem wir uns unterhalten, ist eine weiße Kiste, die sich vollkommen verändern würde, sobald wir hier ein grünes wandbespanntes Element mit akustischen Eigenschaften installierten. Wir würden uns schlicht wohler fühlen. Die Materialität ermöglicht es, etwas zu berühren, sie macht den Raum angenehm. Man kann womöglich auf Bilder an den Wänden und auf Pflanzen verzichten. Das sind Zusammenhänge, die wir auch in der Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Avantgarde in Architektur und Kunst lernen. Wobei die Trennlinie zwischen beiden Bereichen sehr fein ist.

Welche Veränderungen sehen Sie, was Technologien und Märkte anbelangt?

Anders Byriel: In Bezug auf die Märkte spielt Leistungsfähigkeit eine besondere Rolle. Es gibt drei Dinge, auf die man besonders achten muss: Qualität, Qualität – und nochmals Qualität. In Deutschland, unserem größten Markt, wie auch in Skandinavien, gibt es ein besonders ausgeprägtes Bewusstsein für Qualität. 

Was die Technologie angeht, so ist seit langem von intelligenten Textilien die Rede, ohne dass in dieser Hinsicht viel passiert wäre. Woran wir derzeit arbeiten, ist der nächste Sprung in Sachen Nachhaltigkeit. Bislang geht es bei dem Thema oft darum, sich als Bürger richtig zu verhalten. Unser Ansatz muss fortschrittlicher und aggressiver sein: Es geht um eine Ökonomie der geschlossenen Kreisläufe. Das ist möglich und das müssen wir erreichen. Wir erforschen diese Möglichkeiten und investieren in diesem Bereich sehr stark. Im kommenden April werden wir die ersten Produkte vorstellen. Das ist das aufregendste Thema im Bereich der Technologie.

Was Design vermag: Mit dem akustisch wirksamen Systembaukasten „North Tiles“ aus Schaumstoff und Textil von Ronan & Erwan Bouroullec kann man Wände dekorieren oder Raumteiler schaffen, wie 2009 im Kvadrat-Showroom in Stockholm.

Kvadrat hat sich in eine Gruppe von Marken verwandelt, die kontinuierlich weiter wächst. Das reicht von spezialisierten Anbietern wie Danskina, Kinnasand und Soft Cells bis zu Zulieferern wie Wooltex oder Gaudium. Welche Strategie steckt hinter diesen Käufen und Beteiligungen?

Anders Byriel: Den Kern bildet nach wie vor Kvadrat. Die Marke macht 80 Prozent des gesamten Umsatzes. Soft Cells ist eine sehr erfolgreiche Division, die sich ausschließlich mit Akustik befasst, einem Bereich, der immer wichtiger wird. Marken wie Kinnasand und Danskina kamen hinzu, weil wir mit ihnen die Konsumenten erreichen können. Die andere Seite der Zukäufe betrifft mehr die Produktion.

Aber nicht im Sinne des Kaufens und Verkaufens von Marken, um an deren Wert zu verdienen?

Anders Byriel: Es geht um Kompetenzen. Wir entfernen uns davon, Dinge nur zu koordinieren wie ein Sportartikelhersteller oder ein Modehaus. Wenn wir die nächste Stufe unseres Business erreichen wollen, wenn wir noch einmal doppelt so groß werden wollen, müssen wir uns stärker in Fertigungsprozessen engagieren. Nicht nur, um Qualität, Nachhaltigkeit und Effizienz zu kontrollieren, wir wollen die Dinge selber vorantreiben. Dazu müssen wir tiefer in die Forschung einsteigen, uns intensiver mit der Fertigung beschäftigen. Deshalb investieren wir in Firmen wie Wooltex, Gaudium und kürzlich Innvik. Die britische Firma Wooltex zum Beispiel ist ungeheuer erfolgreich, was Fertigungsprozesse und Qualität angeht. Das norwegische Unternehmen Innvik kann eigene Garne produzieren und ist wie eine große handwerkliche Werkstatt, in der man maßgeschneiderte Dinge wie unsere Raf Simons-Kollektion realisieren kann. Kvadrat ist der gemeinsame Schirm. Aber auch die Maschine, die für das Vorwärtskommen sorgt.

Beeinflusst die Kvadrat-Philosophie die Neuerwerbungen?

Anders Byriel: Man kann sagen, dass wir bei Kvadrat von einer Reihe von Inhalten besessen sind: Besessen von Architektur, von Design und zum Teil auch von der Gegenwartskunst. Etwas davon findet sich auch in unseren Designteams, bei den Brand- oder Marketing-Managern. Im Grunde findet es sich bei all unseren Angestellten. Und das schafft vielleicht auch eine Verbindung zwischen den Marken. Dieses Engagement für eine kreative Kultur spüren auch die Architekten, daraus resultieren der gute Wille und die Loyalität gegenüber unserem Unternehmen. Aber um konkreter zu werden: Danskina kam zu uns, weil wir uns sagten, so sähen handwerkliche Teppiche aus, wenn wir eine Teppichfirma wären. Da gibt es eine vollständige Übereinstimmung der Werte. Kinnasand ist eine anspruchsvolle, puristische Marke mit sehr spitzem Profil und auf sehr hohem Niveau. Wir möchten das genau so bewahren und weiterentwickeln. Die Kreativkultur sorgt für den Zusammenhalt. Sie beruht auf den Säulen Architektur, Design und Gegenwartskunst. Kvadrat und Soft Cells befassen sich intensiv mit der modernen zeitgenössischen Kultur.

Koproduktion mit Kunst und Architektur: Für die im Jahr 2009 in der Neuen Nationalgalerie von Udo Kittelmann inszenierte Einzelschau von Thomas Demand arbeiteten der Künstler und die Ausstellungsarchitekten Caruso St. John mit Kvadrat zusammen.

Kvadrat versteht sich als europäisches Unternehmen, das sich zum Global Player entwickelt hat. Wie wirkt sich die Internationalisierung aus, sobald es um das eigene Denken und um Entscheidungen geht?

Anders Byriel: Selbst wenn Skandinavien momentan sehr gefeiert wird, ist das nicht mein Anliegen. Ich bin in erster Linie Europäer und Kosmopolit, dann Skandinavier und erst an vierter Stelle Däne. Was uns auszeichnet ist, dass wir Geschäfte auf Basis des Dialogs machen, dass wir unsere Mitarbeiter möglichst respektvoll behandeln. In China, wo wir unser Business vor fünf Jahren starteten, hat uns bislang erst eine Person verlassen. Das ist eher ungewöhnlich. Was das Design angeht, haben wir kein programmatisches Verständnis. Wenn wir in einer bestimmten Region aktiv werden, dann interessieren wir uns dafür, was dort geschieht. Als wir in Paris ein kleines Büro eröffneten, suchten wir den Kontakt zu der Szene dort. Daraus entstand die Zusammenarbeit mit bedeutenden Designern, die für uns entwerfen, etwa mit den Bouroullecs. In Asien halten wir das genau so. In China etwa mit Neri & Hu. Die Beziehung zu Akira Minagawa in Japan besteht seit längerer Zeit. Generell interessieren wir uns für die lokalen Communities.

Sie kooperieren nicht nur mit Möbelherstellern, die Ihre Produkte nutzen, sondern auch mit vielen bedeutenden zeitgenössischen Künstlern. Wie profitiert Kvadrat von dieser Zusammenarbeit? Geht es ums Image? Wohl eher nicht?

Anders Byriel: Die ersten Projekte begannen eher spontan. Sie waren so außergewöhnlich. Zu einem Projekt erschien niemand, vielleicht war es zunächst ein wenig elitär. Das ist lange her. Der deutsche Künstler Thomas Demand entwickelte sich zu einem Gesprächspartner für mich. Er half uns, besonders aufregende Dinge in Koproduktion zu ermöglichen. Es sollen wichtige Werke für gute Institutionen entstehen. Kommerzielle Projekte, die letztlich für einen Sammler gemacht werden, lehnen wir ab. Es geht um Dinge, die öffentlich zugänglich sind. Temporäre Projekte bevorzugen wir, sie können klein sein, große Projekte aber sind uns lieber. Inzwischen gibt es einen Rhythmus dieser Kooperationsprojekte, jeden zweiten Monat realisieren wir ein solches Projekt. Wir arbeiten mit Tarek Atoui zusammen, mit Philipp Parreno oder Pipilotti Rist. Man kann sagen, es begann unkalkuliert und es verwandelte sich in ein „beautiful Animal“. Was es bringt? Es bringt Inspiration für die architektonische Avantgarde. Wenn ich Ascan Mergenthaler oder Herzog & de Meuron besuche, unterhalten wir uns über solche Projekte und über ihre eigenen Projekte. Was an der Spitze von Architektur und Kunst geschieht, belebt die Unternehmenskultur. Es motiviert unsere Mitarbeiter.

Engagiert in Fertigungsprozessen: Produktion beim britischen Textilhersteller Wooltex in Huddersfield, der Teil des Firmennetzwerks ist.

Kann man eine international operierende Firma von wirtschaftlichen Krisen unabhängig machen?

Anders Byriel: Völlig unabhängig ist man nie. Aber ein Vorteil besteht darin, auf verschiedenen Kontinenten und in unterschiedlichen Wirtschaftsregionen tätig zu sein. Wenn Europa schwächer wird, wächst beispielsweise China. Zuletzt für uns um 50 Prozent. Es gibt so etwas wie den „schwarzen Schwan“, der in unregelmäßigen Abständen für eine Krise sorgt. Wenn man nicht vorbereitet ist, kann das ein Geschäftsmodell erledigen. Ich sehe es als Führungsaufgabe an, finanziell auf Krisensituationen vorbereitet zu sein. Business ist etwas Flexibles. Wenn etwas geschieht, muss man das Geschäft an die Menschen und die Welt anpassen, in der man sich bewegt.

Oft werden kommerzieller Erfolg auf der einen Seite, Kreativität und ästhetische Qualität auf der anderen als Gegensatz angesehen. Doch für Firmen, die Design besonders wichtig nehmen, scheint das nicht zu gelten?

Anders Byriel: Kvadrat entstand aus dem Experiment. Ich bin nicht sicher, ob wir heute genug experimentieren. Wenn das Geschäft wächst und man mehr Ressourcen hat und globaler wird, muss man sich erinnern, wie man in diese Position gelangt ist. Jedenfalls sollte das nicht zur Erstarrung führen, wie es in Großunternehmen mitunter geschieht. Wenn man mehr spezielle Kompetenzen anzubieten hat, stärkt das die unternehmerische Kraft. Und es eröffnet Räume für Kreativität.

Das Kvadrat-Headquater in Ebeltoft nahe Aarhus wird gerade umgebaut und erweitert. Weshalb? Wie wird das Resultat aussehen?

Anders Byriel: Mit 25 Firmen haben wir viele Showrooms an verschiedenen Orten der Welt, etwa in Paris, sechs allein in Deutschland, in London, Stockholm. Aber als Unternehmen, das sich mit der avanciertesten Architektur beschäftigt, sollten wir unsere eigene Medizin nehmen. Daher haben wir unseren Gründungsbau aus den achtziger Jahren komplett überarbeitet. Es wäre billiger gewesen, das Gebäude neu zu errichten. Wir haben uns stattdessen hindurchgearbeitet, von der einen Seite zur anderen. Dort gibt es künftig einen Showroom für alle Marken. Und wir zeigen eine Arbeitsumgebung, die Maßstäbe setzt. Wir entwickeln unsere Umgebung. So wird künftig einen Ort für bedeutende Kunstwerke entstehen, die wir in letzter Zeit erworben haben. Und noch viel mehr wird hier passieren.

Produktentwicklung im Headquater: Farbmuster des Möbelstoffs„Steelcut trio“ von Frans Dijkmeijer und Giulio Ridolfo.
Tür in die Zukunft: Derzeit sind überall in der Firmenzentrale Spuren der kommenden Erweiterung und des Umbaus zu sehen.

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