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In eigener Sache

Stylepark ist fraglos ein anspruchsvoller Bauherr. Für unseren neuen Anbau sind alle Beteiligten zur Höchstform aufgelaufen.
von Fabian Peters | 03.09.2019

Bislang verteilten sich die Büros von Stylepark über mehrere Etagen eines Gründerzeitbaus in der Frankfurter Innenstadt. Dadurch wurde die Kommunikation untereinander oftmals verkompliziert: Kollegen, die in unterschiedlichen Geschossen arbeiteten, begegneten sich oft tagelang nicht. Um in einige der Büroräume zu gelangen, war es notwendig, durch das öffentliche Treppenhaus zu gehen. Das Stylepark-Team verspürte den Wunsch nach einem Arbeitsumfeld, in dem die Architektur die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit und Vernetzung nicht erschwert, sondern unterstützt.

Abhilfe hat nun ein Anbau geschaffen, der es so möglich macht, alle Arbeitsplätze im Erdgeschoss zu konzentrieren. Außerdem wollte Robert Volhard, Gründer und Vorstand von Stylepark, die Gelegenheit nutzen, auch Wohnraum im Stadtzentrum zu schaffen. Der für den Neubau zur Verfügung stehende Bauplatz war – vorsichtig gesprochen – herausfordernd: Er lag im allseitig abgeschlossenen Hof des Bestandgebäudes, nach hinten begrenzt durch eine historische und denkmalgeschützte Friedhofsmauer. Sie gehört zum ehemaligen Kirchhof der Peterskirche, dem einstmals bedeutendsten Friedhof der Stadt. Nicht zuletzt Goethes Eltern wurden hier begraben. Weil die mehrere Meter hohe Mauer natürlich nicht für Fenster durchbrochen werden durfte, muss das Erdgeschoss des Neubaus fast ausschließlich über Höfe belichtet werden.

Mit dem schwierigen Auftrag wandte sich Robert Volhard an das Frankfurter Architekturbüro NKBAK. Nicole Kerstin Berganski und Andreas Krawczyk, die Gründer von NKBAK, sind nicht nur zwei der interessantesten jungen Architekten in Deutschland, sie haben auch bereits mehrere Ausstellungsprojekte gemeinsam mit Stylepark realisiert. Allerdings waren diese Arbeiten bislang immer temporärer Natur." Wir haben mit Nicole und Andreas schon eine preisgekrönte Standarchitektur für Schneider Electric auf der Messe Light + Building und eine außergewöhnlich schöne Ausstellung zum Audi Urban Future Award realisiert", erklärt Volhard die Wahl, "jetzt wollte ich unbedingt mit den beiden ein Haus bauen." Für viele Wünsche des Bauherrn waren NKBAK die idealen Ansprechpartner. "Ich hatte die Idee eines Baus, der von der modernen japanischen Architektur inspiriert ist. Nicole und Andreas, die beide mehrere Jahre für SANAA gearbeitet haben, ist dieses Architekturverständnis in Fleisch und Blut übergegangen", beschreibt Robert Volhard den gemeinsamen Boden, von dem die Partner das Projekt angingen. Auch das Arbeiten mit unterschiedlichen Decken- und Bodenniveaus, ein Charakteristikum der Bauten von NKBAK, begeistert Volhard. "Wichtig war mir außerdem, dass die neuen Höfe viel Licht und Luft in die Räume bringen sollten und darüber hinaus auch eine hohe Aufenthaltsqualität bieten. Wir haben im Team den ehemaligen Hof häufig zum gemeinsamen Essen oder auch zum Grillen genutzt. Das sollte weiterhin möglich sein. Außerdem wünschte ich mir eine Vielzahl von Ein- und Durchblicken, die trotz der begrenzten Grundfläche ein Gefühl der Weite entstehen lassen."

NKBAK entwickelten aus diesem Anforderungskatalog einen komplexen Baukörper, der aus einem eingeschossigen Verbindungstrakt zwischen Alt- und Neubau und einem dreistöckigen Gebäudeteil besteht, der an den hinteren Grundstücksrand gerückt ist. Zwischen diesen beiden neuen Bauteilen und dem Altbau liegt der größere der zwei neuen Höfe. Der rückwärtige Neubau ist auf einer Seite von der Nachbarbebauung deutlich abgerückt. Dort haben die Architekten im Erdgeschoss einen kleinen Hof angelegt und in den beiden Stockwerken darüber den Neubau abgetreppt, was ihm vom Peterskirchhof viel Plastizität und Lebendigkeit verleiht.

Eine Schlüsselfrage beim Entwurf war die nach dem Umgang mit der denkmalgeschützten Friedhofsmauer. Der Neubau setzt sie scheinbar nahtlos nach oben fort, obwohl sie ihn natürlich statisch nicht trägt. "Anfänglich haben wir lange überlegt, den Neubau im bewussten Kontrast zum historischen Mauerwerk zu gestalten", berichtet Andreas Krawczyk aus dem Entwurfsprozess. "Letztendlich fanden wir es aber wesentlich reizvoller, die Farbigkeit und Struktur des Vorhandenen in der Verblendung des Neubaus aufzunehmen und fortzusetzen." Wer aber könnte Ziegelsteine liefern, die jenen aus dem 19. Jahrhundert möglichst nahekommen? "In dem Moment, in dem wir beschlossen hatten, eine Ziegelfassade zu bauen, war mir klar, dass die Steine von Petersen Tegl kommen müssen", sagt Robert Volhard. Der kleine dänische Hersteller formt seine Ziegel noch von Hand brennt sie nach wie vor mit Kohle statt mit Gas. Darum haben die Verblender des Stylepark-Anbaus dasselbe lebendige Farbenspiel, wie die Steine der historischen Friedhofsmauer. Zudem wurden die Ziegel lagenweise in drei unterschiedlichen Höhen vermauert um an die Unregelmäßigkeit des alten Fugenbildes anzuknüpfen. Diese feine Detaillierung des Baus lässt die Liebe der Architekten und des Bauherrn zum Material durchscheinen – und ein Bewusstsein für Qualität, das an japanisches Handwerk erinnert.

Die Innenräume geben klar zu erkennen, was sich hinter dem Begriff "Raumerfahrung" verbirgt, der in der Arbeit von Nicole Kerstin Berganski und Andreas Krawczyk eine zentrale Rolle einnimmt. Der einstöckige Verbindungsbau etwa, der neben mehreren Arbeitsplätzen auch den neuen Aufenthaltsbereich aufnimmt, ist ein langgestreckter Raum, den zwei differierende Deckenhöhen und zwei Bodenniveaus wirkungsvoll in unterschiedliche Bereiche gliedern. Durch Fenster, die in drei verschiedene Himmelsrichtungen weisen, erzielen die Architekten hier ein enormes Spektrum von Lichtstimmungen. In den zwei Apartments in den Obergeschossen, setzten sich diese Gestaltungsprinzipien fort. Auch hier schaffen NKBAK es, nur durch die unterschiedlichen Decken- und Bodenhöhen, aber fast ohne Trennwände die Wohnungen zu gliedern. Dadurch entsteht trotz der recht knappen Grundfläche ein enorm großzügiger und weiter Raumeindruck. Dazu tragen auch die privaten Außenbereiche bei, die zu beiden Wohnungen gehören. Sie sind mehr als ein profaner Balkon, sondern schaffen für die Bewohner jeweils ein echtes privates Refugium im Freien.

Wie schon beim Außenbau sind es weniger die spektakulären Gesten, als mehr das Gefühl für Nuancen, die den Innenraum des Neubaus ausmachen. Auch hier bemerkt man bei genauerem Hinsehen die Qualitätsversessenheit aller Beteiligten. So wurden etwa die sägerauen Eichendielen von einer österreichischen Schreinerei gefertigt und eingebaut, mit der neben NKBAK auch der Pritzkerpreisträger und Detailfanatiker Peter Zumthor zusammenarbeitet. Auch bei den Leuchten und beim Mobiliar wählten Bauherr und Architekten sorgfältig aus: Unter der hohen Decke im gemeinsamen Aufenthaltsbereich wurden 32 Leuchtelemente der Serie "73" von Bocci aufgehängt. Ebenfalls von Bocci ist die extravagante Leuchte "38", die im kleinen Hof Licht spendet. Für Licht und Ruhe an den Arbeitsplätzen sorgen die kombinierten Beleuchtungs- und Akustikelemente "Lighting Pad R" von Nimbus. Von Serien Lighting stammt die Deckenleuchte "Annex Ceiling", die in den beiden Wohnungen verbaut wurde. Die Schrankelemente im Büro lieferte Interlübke, als Regalsystem kommt der Klassiker von String zum Einsatz. Tisch und Barstühle für den Aufenthaltsbereich lieferte e15. "Die neuen Büroräume sind nicht nur optisch eine Freude – sie fördern die interne Kommunikation, den Teamgeist und unterstützen ein konzentriertes und inspiriertes Arbeiten", schwärmt Stylepark-Vorstand Franziska Michaelis.

Aufgefallen ist dieser Aufwand und diese Hingabe an das Projekt übrigens auch schon Außenstehenden. Mit großer Freude und etwas Stolz hat alle Beteiligten die Mitteilung erfüllt, dass es das neue Stylepark-Gebäude auf die Shortlist zum DAM-Preis 2020 geschafft hat. Die Entscheidung über den Sieger fällt im kommenden Januar. Wichtiger noch als ein solcher Preis ist aber, dass das Team von Stylepark nun eine ideale Arbeitsumgebung hat.

Zeitraffer - Stylepark Anbau