REVIEW – HEIMTEXTIL 2023
10 Highlights der Heimtextil 2023
Isabella Valerie Braunreuther
Projekt: A softer wood
Universität: Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, Deutschland
Gewinnerin des New & Next Hochschulwettbewerbs der Heimtextil
Die Textildesignerin Isabella Valerie Braunreuther arbeitet mit Weberei, Strickerei und experimentellen Techniken um die Vielfalt und den Horizont von Textilien auszuloten – besonders mit Blick auf natürliche und recycelte Materialien. In ihrem Projekt 'A softer wood', das sie als Diplom-/Masterarbeit an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart entwickelt hat, zeigt sie einen Weg, Holz mit Textilien zu verschmelzen, indem sie die Kerneigenschaften untersucht und in eine stabile wie flexible Symbiose bringt. Das Resultat ist ein Stoff, der beispielsweise als Vorhang oder Raumteiler verwendet werden kann.
Gaia Leonardi
Projekt: Manifattura – Minimale
Universität: Hochschule Luzern (Design und Kunst), Schweiz
Gewinnerin des New & Next Hochschulwettbewerbs
In Zusammenarbeit mit dem Tessiner Betrieb Rogica konnte Gaia Leonardi Textilabfälle aus deren Blendschutz-Produktion erhalten. Angewendet auf Produkten für die Innenarchitektur erkundet sie die vielfältigen Möglichkeiten die Qualitäten der Textilien neu zu nutzen und unterstreicht damit die Nachhaltigkeit, den Wert und das Wesen des Konzepts "weniger ist mehr" für eine sparsame, handwerkliche Produktion.
Thomas Vailley
Projekt Farm Universe
Thomas Vailley nutzt das Potenzial des Kreislaufsystems eines Milchviehbetriebs, um beispielsweise aus Rohstoffen wie Zellulose, Stärke, Lignin sowie Kasein und Molke zirkuläre Biokomposite zu entwickeln. Das erste Ergebnis dieses Forschungsprojekts sind extrudierte Profile aus Strohfasern und Weizenstärke. Die Fasern werden mittels Dampfexplosion gewonnen – kohlenstoffnegativ und ohne Einsatz von Chemikalien. Ebenso kann aus den landwirtschaftlichen Abfällen veganes Leder entstehen, das der Herstellung von Wohnelementen wie Sesselbezüge und Leuchtenschirmen dient.
Simone Post
Projekt: Wildflowers – A New Beginning
Simone Post kreeirt aus Textilresten wie von Kvadrat, Vlisco oder Adidas neue Produkte, wie die Teppiche "Wildflowers – A New Beginning", wofür sie Laserschnitt- und Falttechniken einsetzte, um dem Produkt strukturelle Eigenschaften hinzuzufügen. Die Stoffe werden in Streifen geschnitten und zu Teppichen gefaltet und gewickelt, die Farbkombinationen sind dabei vielfältig. Sowohl der Produktion der Textilien wie die Weiterverarbeitung findet in den Niederlanden statt, so dass die Textil- und Produktdesignerin kurze Transportwege garantieren kann.
Studio Rens
Projekt: RE-vive in Kooperation mit Tarkett
Das Designduo Rens hat in Zusammenarbeit mit den Bodenbelagshersteller Tarkett "RE-vive" entwickelt, eine originelle Kollektion recycelter Teppiche. Alte Modelle des Herstellers wurden von Hand mit einem rotem Farbstoff eingefärbt, der jedem Teppich eine andere Färbung verlieh. Durch diesen Prozess zelebriert Studio Rens die Kollektion die Unregelmäßigkeit von Produkten, die als einheitlich konzipiert waren und verändert die Wahrnehmung von Massenprodukten.
Renewcell
Projekt: Circulose
Circulose ist ein biologisch abbaubarer Stoff, der vollständig aus alten, ausrangierten Textilien hergestellt wird, vorzugsweise Baumwollkleidung, weil sie viel Zellulose enthält. Die Kleidung wird zerkleinert, aufgeknöpft, aufgeschnitten, entfärbt und zu einem Brei verarbeitet. Verunreinigungen wie Plastik und Polyester werden entfernt. Die Recyclingtechnologie von Renewcell verwandelt Material, das nicht mehr benötigt wird und sonst auf Deponien oder in Verbrennungsanlagen landen würde, in einen neuen, natürlichen Rohstoff. Der Schlamm wird getrocknet, um Blätter aus reiner Circulose herzustellen. Diese Bahnen werden in Ballen verpackt und können von Faserherstellern wieder zu neuen hochwertigen Textilfasern verarbeitet werden um beispielsweise neue Kleidung herzustellen.
Mogu
Projekt: Fungal Architectures
Mogu entwickelt ein strukturelles Substrat aus lebendem Pilzmyzel, das mit Nanopartikeln und Polymeren durchsetzt ist. Dieses Struktursubstrat soll in der Lage sein, Gebäude zu schaffen, die wachsen, sich selbst konstruieren, reparieren und sich an die Umwelt anpassen. Die Konstruktionen würden somit nicht nur aus umweltfreundlichen Baumaterialien bestehen, sondern auch in der Lage sein auf Veränderungen von Licht, Temperatur und Luftschadstoffen zu reagieren. Durch die Verwendung von Pilzen als integriertes Struktur- und Berechnungssubstrat würden die Gebäude zudem niedrige Produktions- und Betriebskosten aufweisen, über eine eingebettete künstliche Intelligenz verfügen und nach der Nutzung wieder in die Natur zurückgegeben werden können.
Aliki van der Kruijs
Projekt: Afterseason
Das Forschungsprojekt "Afterseason" befasst sich mit der Wiederverwendung von chemischen Abfällen. Durch die Zusammenarbeit mit verschiedenen kreativen Disziplinen wie Kunst, Architektur und Mode werden Anwendungen der entwickelten Techniken zur Verarbeitung der Farbe manifestiert. Zur Unterstützung der theoretischen und praktischen Forschung hat sie mit WissenschaftlerInnen, ArchitektInnen, Textil-, Farb- und SiebdruckspezialistInnen, Archiven und Forschungseinrichtungen sowie der Industrie zusammengearbeitet.
Honext
Projekt: Next-gen Upcycled Materials
Honext verwendet ein kohlenstoffneutrales, zirkuläres biotechnologisches Verfahren, bei dem Abfallfasern zu Platten für die Verwendung in der Bauindustrie recycelt werden. Hergestellt aus der Zellulose von Altpapier und Karton, werden die Enzyme anstelle von nicht recycelbaren Harzen hinzugefügt, um starke Bindungen zwischen den Fasern zu schaffen. Die ungiftigen, isolierenden, feuchtigkeitsbeständigen, feuerhemmenden und stabilen Platten sind langlebig und können wieder in den Produktionskreislauf zurückgeführt werden. Das Unternehmen stellt sich "eine Zukunft ohne Abfall" vor und "betrachtet Waren am Ende des Zyklus nicht als Abfall, sondern als ungenutzte Ressource".
Milan Friedrich
Projekt: Towards a New Matter
Im Rahmen des materialbasierten Forschungsprojekts werden Denimfasern durch ein Recyclingverfahren in ein leichtes und schallabsorbierendes Plattenmaterial umgewandelt. Dieses biologisch abbaubare Monomaterial wird ohne Zugabe von chemischen Bindemitteln hergestellt, da es vollständig aus natürlichen Ressourcen und lokal erzeugten Abfällen und Resten besteht. Das Herstellungsverfahren ermöglicht es, recycelte Textilfasern in modulare, erweiterbare Elemente umzuwandeln, die in Räumen zu raumtrennenden Strukturen angeordnet werden können. Die entstandenen Elemente haben eine hohe Festigkeit und eine steinähnliche Ästhetik, ohne die warme und weiche Taktilität von Textilien zu verlieren.