Längst überfällig!
Die Erweiterung der Welterbestätte Bauhaus um zwei Schlüsselwerke des Architekten Hannes Meyer ist eine überfällige Würdigung des zweiten Bauhausdirektors, der nach seinem Rauswurf 1930 über Jahrzehnte verschwiegen und auf Betreiben seines Vorgängers Walter Gropius gezielt verleumdet wurde. Während Walter Gropius' Werk unkritisch zelebriert wird, wird zumeist verkannt, welchen zentralen Beitrag Meyer für eine "l'architecture engagée" schuf. Die Laubenganghäuser in Dessau und die Gewerkschaftsschule in Bernau sind wegweisende und bis heute gültige Versuche, mit Architektur einen Beitrag zur gesellschaftlichen Emanzipation, zur Realisierung eines gerechteren und sozialen Gemeinwesens zu leisten. Während Gropius vor allem den sogenannten "Bauhausstil" schuf und durchsetze, war es Meyer, der Architektur primär als gesellschaftliche Aufgabe verstand und dafür auch den eigenen Berufsstand und dessen Neigung zu formalistischen Lösungen kritisch hinterfragte.
Philipp Oswalt ist Architekt und Professor für Architekturtheorie und Entwerfen an der Universität Kassel. Von 2009 bis 2014 war er Leiter der Stiftung Bauhaus Dessau.