Besondere Basis
Anna Moldenhauer: Was ist die Kernkompetenz von Gumpo?
Sebastian Waibel: Die Kernkompetenz ist die Möbelherstellung. Parallel sind wir aber auch Dienstleister, da wir auf die Wünsche der ArchitektInnen eingehen und maßgeschneiderte Lösungen anbieten. Wir gestalten keine Einrichtungskonzepte, sondern setzen an der Stelle an, wo die ArchitektInnen uns ihre Vorstellung eines Möbels mitteilen. Wir geben zudem nicht vor, wie und wo unsere Möbel eingesetzt werden sollen – wichtig ist, das diese funktional, technisch und ästhetisch langlebig sind. Auch auf den Fachmessen präsentieren wir keine Konzepte, sondern setzen auf eine klare Produktpräsentation, ähnlich wie in einer Galerie. Das ist der Gedanke, der bei der Entwicklung von "normcore" ausschlaggebend war, eine Basis zu bieten, die aber für sich bereits besonders ist.
Mit welchem Ansatz wollt ihr weiter vorangehen?
Sebastian Waibel: Der Ansatz, mit dem wir zur Orgatec 2018 gestartet sind, ist für uns weiterhin gut – langlebige, nachhaltige Produkte zu produzieren. Meiner Meinung nach sollten wir dringend aus diesem Hamsterrad aussteigen, stetig etwas Neues produzieren zu wollen.
Wie blickst du auf die Wohnlichkeit, die im Moment im Büromöbelbereich gefragt ist?
Sebastian Waibel: Ich denke das hängt von der persönlichen Präferenz ab. RelvãoKellermann und ich sind im gleichen Alter, wir sind als Digital Native in das Digitalzeitalter hineingewachsen. Daher können wir mit dem Wohnlichkeitstrend nicht so viel anfangen, da er für uns nicht praktikabel ist – wenn ich am Computer arbeiten möchte, setze ich mich doch nicht auf eine Couch. Auch die verspielte Ästhetik hat uns nicht überzeugt.
Wie habt ihr das Thema Flexibilität in euren kreativen Prozessen verarbeitet?
Sebastian Waibel: New Work sollte meiner Meinung nach mehr als soziologisches Phänomen betrachtet werden. Es geht dabei viel mehr um eine Einstellung und ein Mindset, als um Möbel. Wir denken uns also keine speziellen New-Work-Möbel aus, sondern fragen uns ganz klassisch: Wie funktioniert etwas und was wird denn eigentlich gebraucht? Dabei ist uns immer wichtig, dass ein Produkt zu uns passt, dass wir es selbst produzieren oder mit Unternehmen in der Region zusammenarbeiten können. Das ist zum einen nachhaltiger, zum anderen verleiht es uns eine starke Flexibilität, denn die Zusammenarbeit ist eng und schnelle Absprachen sind möglich.
Lokale Produktion, nachhaltige Produkte – gibt es beim Thema nachhaltige Produktion weitere Aspekte, die dir wichtig sind?
Sebastian Waibel: Unsere Fertigung ist natürlich ausgestattet mit einer Solaranlage, wir bereiten das Regenwasser auf, et cetera. Ich sehe das eher als eine Selbstverständlichkeit. Mein Vater ist Schwabe, Sparsamkeit war daher immer eine Tugend bei Gumpo (lacht). Entscheidend ist eine langlebige Konstruktion der Produkte. Wir streben nicht nach einer Sammlung von Zertifizierungen, da wir uns diese weder finanziell noch von dem bürokratischen Aufwand, der damit einhergeht, leisten können. Stattdessen setzen wir auf einen gesunden Menschenverstand.
Die Modernisierung des Unternehmens habt ihr bereits vor der Pandemie durchgeführt – gab es aus diesem Prozess eine zentrale Erkenntnis?
Sebastian Waibel: Als ich in unser Familienunternehmen eingestiegen bin, kam ich gerade aus dem Studium. Mein Vater arbeitet seit 1968 in der Branche und dementsprechend gab es viele "Erfahrungsmonster", wie ich sie nenne, sprich es gab klare Vorstellungen wie die Produkte und Prozesse auszusehen haben. Im Gespräch sagte mir dann ein langjähriger Kunde: "Herr Waibel, Sie sind jung, sie müssen wissen was heute richtig ist". Das war eine Art "Aha-Moment" für mich. Man muss den Mut haben, neues auszuprobieren, auch gegen Widerstände. Wenn sich die ganze Branche an die engen Standards hält, schaut im Ergebnis alles gleich aus. Die Herangehensweise von RelvãoKellermann hat mir in diesem Sinne sehr geholfen, denn sie haben die Standards von Beginn an hinterfragt. Die Stabilität von Schreibtischen wird heute beispielsweise noch in einer Weise getestet, die aus der Zeit stammt, in der man noch mit Kugelkopfschreibmaschinen gearbeitet hat. Die zentrale Erkenntnis war für mich somit seiner eigenen Intuition zu vertrauen und einfach mal zu machen.
„Wir bieten für die individuellen Projekte von ArchitektInnen und BauherrInnen weit mehr als nur die Lieferung von Produkten.“
Was würdest du dir in der Zusammenarbeit mit ArchitektInnen und BauherrInnen wünschen?
Sebastian Waibel: Das sie uns früher als Ansprechpartner sehen, um ihre individuellen Projekte zu realisieren. Wir bieten weit mehr als nur die Lieferung von Produkten.