Reise zum Ursprung

Ein gewaltiger lebender und atmender Organismus voller faszinierender Lebewesen, exotischer Bäume und Pflanzen. Unendliche Weiten und ein hoher Himmel, mandarinenfarbene Sandmeere und goldene Granitfelsen. Ein Land von überbordender Schönheit mit ausgedehntem Buschland, weiten Grasebenen, zerklüfteten, windgepeitschten Küsten und rauschenden Wasserfällen. Lichtreflexe, die an zarte Seidenschleier erinnern. In der trockenen Luft schwebend der betörende Duft von namibischer Myrrhe und wildem Tier. Die Orte, die ich liebe, prägen sich vor allem durch ihre Gerüche in meine Erinnerungen ein. In meinem Heimatland Persien sind es die in Honig gerösteten Maiskolben, in Paris die Metro, die Curries in Mumbai, auf Mallorca der Mastixbaum. Und in Namibia ist es die rote Erde und der würzig-balsamische Duft der namibischen Myrrhe, kombiniert mit den herben Aromen der Wildtiere und des Busches.

Alles begann mit einer Sommernachtsbegegnung in Berlin. Namibia hatte ich nie auf dem Radar. Das sollte sich jedoch schnell ändern. Voller Neugier und mit klopfendem Herzen lauschte ich gebannt den verführerischen Erzählungen von ungezähmter, wilder Fauna, einer Wüste, die älter ist als die Existenz der Menschheit und einem alles umfassenden, überwältigenden Gefühl des großen warmen Nichts. Ich war entflammt und gefesselt. Wild entschlossen wollte ich sofort aufbrechen und dieses geheimnisvolle und verlockende Land entdecken, das alles zu vereinen schien, was ich verehrte und liebte.

Erst sieben Jahre später jedoch sollte ich auf der begnadeten roten Erde stehen. Mit meiner Kamera, meinem Fernglas und Trekkingschuhen bewaffnet, über mir ein schimmernder Himmel wurde ich von der versprochenen sanften Unendlichkeit mitgerissen. Ich fühlte mich unbedeutend und klein, und doch hatte ich den Wunsch und die Pflicht, mich für dieses unwiderstehliche Geschenk der Natur zu revanchieren, für das Land, das mir so lieb werden sollte. Meine Reise ins Unbekannte begann.

Die Welt hatte sich inzwischen seismisch gewandelt, das Thema globale Erwärmung rückte immer mehr in den Fokus. Aufgewühlt dessen interessierte ich mich dafür, wie die angeschlagene Tourismusbranche mit der Krise zurechtkommt und begann zu recherchieren. Seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1990 hat sich Namibia den Naturschutz auf die Fahne geschrieben. Es ist das einzige Land der Welt, das die Erhaltung der Ressourcen und den Schutz der Umwelt in seiner Verfassung verankert und entsprechende Bestimmungen verfasst hat. Beeindruckt forschte ich weiter. Auf dieser Reise entdeckte ich eine Reihe von sinnvollen Ökoprojekten, die für den Erhalt des Naturerbes und biologische Vielfalt, Renaturierungsinitiativen und Schonung von Ressourcen einstehen. Ich fand Lodges, Hotels und kleine Unternehmen, die für ökologische Nachhaltigkeit kämpfen und sich für Umweltschutz und bewusstes Reisen engagieren, lernte von Wissenschaftlern, Forschern und Freiwilligen, die sich für die Behütung des Wildschutzes einsetzen, sowie lokale Gemeinschaften, die sich um die Erreichung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der 2030 Agenda bemühten, darunter der Schutz der Umwelt und des Klimas und des Lebens an Land und unter Wasser. Sie alle konnten eine visuelle Plattform gebrauchen. Ihre Stimmen sollten vernommen werden.

Green Namibia war geboren. Es schien offensichtlich, dass all die Geschichten niemals in ein Buch passen würden. Denn was mir begegnete, war so viel größer, weitreichender und kraftvoller, als meine Aufnahmen und Worte es je beschreiben können. Der Austausch und das Weitertragen jener Erzählungen jedoch ist ein möglicher Weg, um sich gegenseitig zu nähren, zu ermutigen und zu Bewusstsein und Versöhnung mit der Natur und gesundem Leben auf der Erde aufzurufen.

Im Laufe des Lebens wird man mit unzähligen Möglichkeiten konfrontiert, wie ein mögliches Lebenskonzept aussehen könnte. Denn seit ich mich erinnern kann, bin ich durch Kontinente und Länder gereist und habe drüber nachgedacht, an welchem Ort ich ankommen könnte und ich schätze, dass ich damit nicht allein bin. Doch obwohl ich noch nie in Namibia gewesen bin, fühlte es sich während meiner Aufenthalte seltsam vertraut an. Wie die Zugehörigkeit zu einem großen Ganzen, sodass ich meine Suche zunächst auf Eis gelegt habe. Denn manchmal ist es gut, im Augenblick zu verweilen.

Meine Zeit in Namibia ist vorerst vorbei, mein Herz aber brennt weiter. Für die rote Erde und Tierwelt, die Menschen und den Geruch. In der Hoffnung auf mehr Herzen, die für dieses Land schlagen. Auf eine globale Erwärmung aller Herzen.