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Die unsichtbare Revolution: Smart Homes und Smart Offices brauchen (fast) keine Schalter mehr wie hier im Büro von Nico Ueberholz in Wuppertal.

STYLEPARK GIRA
Die smarte Revolution

Nie waren Produkte für das Smart Home günstiger, sicherer, effizienter und zuverlässiger. Vielleicht wird 2017 das Jahr, in dem sich die Technologisierung des Eigenheims am Markt durchsetzt und neue Optionen für das „gewohnte“ Wohnen möglich macht.
von Florian Heilmeyer | 12.01.2017

Der Traum vom Smart Home geht so: Während ich noch schlafe, bereitet mein Haus bereits den Tag vor. Es wärmt die Fußböden und das Wasser, bevor es mich mit sanfter Musik aus den Raumlautsprechern langsam weckt und die Jalousien leise surren, um die Morgensonne herein zu lassen. Während ich mich wasche und anziehe, liest mir mein Haus die wichtigsten Informationen vor: Nachrichten aus aller Welt von meinen bevorzugten Medien, die neuesten Kommentare meiner Freunde aus den Sozialen Medien sowie den aktuellen Wetterbericht. Wenn ich in die Küche komme, ist mein Lieblingskaffee frisch bereitet und mein Kühlschrank hat die Einkaufsliste vorbereitet, die ich nur noch bestätigen muss. Wenn ich das Haus verlasse, öffnen und schließen sich die Türen von alleine, die Kameraaugen meines Hauses folgen mir surrend und zum Abschied seufzt es vielleicht noch leise „Servus“, bevor die Saugroboter und die automatische Bewässerungsanlage im Garten mit ihrer Arbeit beginnen.

Ob Smart Home oder Smart Office, alle Funktionen des Hauses sind über Touchscreens oder Anwendungen auf Tablet und Smartphone direkt steuerbar.

Das klingt gut und tatsächlich verspricht die Smart Home-Technologie nichts Geringeres als eine Revolution des Wohnens: mehr Komfort, mehr Sicherheit, mehr Spaß und vielleicht sogar ein gewisses Gefühl von Luxus. Dabei haben die technischen Neuerungen das Luxussegment des Marktes längst hinter sich gelassen. Viele Smart Home-Lösungen werden mittlerweile für mittlere und kleine Budgets angeboten und sind insbesondere auf kleinere Objekte wie einfache Einfamilienhäuser, Ladengeschäfte oder kleinere Büros zugeschnitten. Auf der Münchner „Weltleitmesse“ für die „Zukunft des Bauens“, der BAU 2017, die vom 16.-21. Januar 2017 ihre Tore öffnet, wird das Smart Home erneut eines der wichtigsten Themen gerade im Bereich Einfamilienhaus sein.

Denn so attraktiv der Traum vom komfortablen und technikgestützten „Neuen Wohnen“ klingt, so beständig hinken die Verkaufszahlen den Erwartungen von Herstellern und Industrie hinterher. So stellte Dr. Wolfgang Neubarth, bei der Gesellschaft für Konsumforschung GfK für die Technologiemarktforschung zuständig, 2016 fest: „Die Smart Home-Technologie verkauft sich lange nicht so wie sie es könnte, obwohl technische Standards gesetzt und kundenrelevante Produkte auf dem Markt sind. Es gibt großes Potenzial, aber irgendwo hakt es.“ Das Interesse möglicher Kunden sei zwar groß, wie die Nachfragen zeigen, letztlich führt dieses Interesse aber relativ selten zu einem tatsächlichen Kauf. Während smarte Systeme bei größeren Objekten, bei Büro- und Fabrikkomplexen, schon vergleichsweise lange angenommen werden, blieb die Zielgruppe der Eigenheimbauer bislang eher skeptisch.

Neue Standards, neue Preise

Das lag bislang einerseits an den Anschaffungskosten solcher Systeme. Diese sind erst jüngst soweit gesunken, dass es nun auch eine Reihe von passenden Systemlösungen und Bausteinen für einen schrittweisen Einstieg ins Smart Home gibt. Dann muss das Eigenheim nicht mehr sofort alles können, sondern kann langsam und ganz nach den individuellen Bedürfnissen seiner Bewohner ausgebaut werden. Wenn der Anwender dann merkt, dass er der automatischen Heizungs- und Lüftungssteuerung soweit vertrauen kann (und im Betrieb sogar Energiekosten spart), dann können die nächsten Schritte folgen: eine automatisierte Gartenbewässerung, vorprogrammierte Raumatmosphären, Anwesenheitssimulationen für den nächsten Urlaub oder eine Zugangssteuerung, die auch von unterwegs über das Smartphone gesteuert werden kann. Die vielen Bausteine für Smart Home-Lösungen und der Wettbewerb der Hersteller machen inzwischen vieles verlässlich und unkompliziert machbar.

Dafür sorgt auch, dass sich der KNX-Standard in den letzten Jahren am Markt durchgesetzt hat. Mittlerweile statten weltweit weit über 400 Firmen ihre Produkte mit diesem offenen Standard aus, sodass die Synchronisation der verschiedenen Geräte und Anwendungen auch herstellerübergreifend kaum noch Probleme bereitet. Smart Home-Besitzer sind dadurch nicht mehr von einem einzelnen Herstellersystem abhängig, sondern können die Produkte immer freier auswählen und Module nach eigenen Bedürfnissen kombinieren.

Smart Shower: Auch im Bad lassen sich Szenarien vorprogrammieren, auf einen Knopfdruck ändern sich dann Licht, Musik und Duschprogramm.

Die neue Fülle an Produkten und Wahlmöglichkeiten führt bei den angebotenen Server- und Systemlösungen inzwischen zu einem neuen Trend: Vereinfachung und Reduktion. Denn die modulare Erweiterbarkeit und die Kombination unterschiedlicher Systeme hat bei vielen Schaltzentralen und deren Benutzeroberflächen zu einer stetig wachsenden Zahl von Funktionen, aber eben auch zu einer Komplexität der Programme und Anwendungen geführt, die für viele Nutzer und auch für viele Fachplaner und Elektromeister nur noch schwer in den Griff zu kriegen war. Daher zielen seit einiger Zeit viele Produkte auf möglichst leicht verständliche und grafisch ebenso ansprechend wie nachvollziehbar gestaltete Lösungen, mit denen alle KNX-Geräte relativ einfach zu intelligenten Routinen und Szenarien kombiniert werden können.

Außerdem gilt es, der Skepsis potenzieller Kunden zu begegnen. Neben der einfachen Bedienbarkeit geht es vor allem um die Sicherheit sowohl der eigenen Daten als auch des realen Objekts. Noch im November 2016 hatte die Süddeutsche Zeitung im Rahmen einer umfangreichen Recherche herausgefunden, dass viele Webcams in Büros, Geschäften oder auch privaten Wohn- und Schlafzimmern, sowie etliche Smart Home- oder Smart Office-Systeme schlicht zu einfach von außen zugänglich waren. Ohne viele Vorkenntnisse und meist einfach über das Internet konnten die Journalisten auf die Daten, Bildübertragungen und Systeme zugreifen.

Möglichst einfach und direkt sollen Bedienung und Programmierung des Smart Home sein – und die Sicherheit erhöhen.

Die Sorge, dass die Smart Homes eben auch smarten Einbrechern neue Berufschancen bieten, ist also durchaus berechtigt. Allerdings haben viele Hersteller schon vor der SZ-Recherche auf diese Risiken reagiert und ihre Systeme mit Sicherheits- und Verschlüsselungssystemen ausgestattet, die sich zum Beispiel beim Online-Banking oder bei Interneteinkäufen schon als sichere Datenübermittlungsmethoden etabliert haben.

2017 könnte also ein gutes Jahr für die Smart Home-Technologien werden, die nun zum Großteil den Kinderschuhen entwachsen sind. Ein Smart Home ist 2017 weder Science Fiction noch ein Traum, den sich nur die Wohlhabendsten erfüllen können – oder diejenigen, die genügend technisches Verständnis mitbringen, um im Notfall die technischen Anlagen selbst zu installieren und zu programmieren. Stattdessen wird es tatsächlich langsam zu einem immer kostengünstigeren, sichereren und komfortableren Standard, der vielleicht wirklich die Art, wie unsere Häuser auf uns und unsere Wohnbedürfnisse reagieren, smart und fast unsichtbar revolutioniert.