Dialog der Herren
"Diese Ausstellung ist eine kleine Hommage an die Verbindung zwischen Christoph von Weyhe, Azzedine Alaïa und meinem Vater Pierre Paulin", erklärt Benjamin Paulin. Die Verbindung der drei Herren war besonders und so ist es auch die Schau in der Galerie Parisa Kind in Frankfurt am Main. Unter dem Titel "Paulin, Paulin, Paulin / Christoph von Weyhe" zeigt sie noch bis zum 22. Juni 2019 das Interieurdesign des französischen Gestalters Pierre Paulin und die Bilder des deutschen Malers Christoph von Weyhe. Unterschiedlicher können die Arbeiten nicht sein, würde man auf den ersten Blick meinen. Paulins Werke sind ein Spiegel ihrer Entstehungszeit in den Sechziger- und Siebzigerjahren, organisch, voluminös, bisweilen von strengen geometrischen Linien durchzogen. Christoph von Weyhe hingegen malt seit knapp sechzig Jahren Nachtbilder des Hamburger Hafens, seine Atmosphäre, seine industrielle Struktur, seine Lichter. Und doch korrespondieren die Arbeiten miteinander: in den kräftigen Farben, die beide Künstler nutzen, um Akzente zu setzen. In ihrem Sinn für Geometrie und im Blick für die Details. "Pierre hatte sehr viel Verständnis für meine Arbeit und ich mochte seine Werke," so von Weyhe.
Über von Weyhes Lebensgefährten, den international erfolgreichen Couturier Azzedine Alaïa, lernten sich Pierre Paulin und Christoph von Weyhe kennen – der Modeschöpfer Alaïa sammelte neben Kostümen auch zeitgenössisches Design und entdeckte schon früh die Arbeiten von Paulin. "Pierre Paulin war ein, vielleicht sogar der erste französische Designer", so Benjamin Paulin. "Es gab Anfang der Fünfzigerjahre viele Architekten, die Modelle für spezifische Kontexte kreierten, aber keinen Kreativen der ausschließlich Interieur Design entwarf. Mein Vater entschied sich Interieurdesigner zu werden, als es diesen Begriff noch gar nicht gab". Paulin, der bis zu einer Handverletzung als Bildhauer gearbeitet hatte, fand seine unverwechselbare Handschrift in der Kreation von Inneneinrichtungen. Inspiriert von skandinavischen Entwürfen, starken Farben und organischen Formen, schuf er komfortable Möbelskulpturen, die wie eine Fusion von Mode, Kunst, Design und Architektur wirken. Seine Entwürfe sind Teil großer Sammlungen, wie die des Louvre oder MoMA und stehen auch im Eliysée-Palast. Viele der einzigartigen Ideen blieben allerdings zu Pierre Paulins Lebzeiten in der Schublade, denn aus Kostengründen war die Industrie oft nicht bereit, seine Arbeiten in Serie zu produzieren. Die Enttäuschung, das Design seines Vaters nach dessen Tod in Sammlungen und Museen quasi verschwinden zu sehen, ließ Benjamin Paulin nicht los. Um das Werk von Pierre Paulin wieder einem größeren Publikum zugänglich zu machen, gründete er zusammen mit seiner Familie "Paulin, Paulin, Paulin". Entwürfe, die dem Vater sehr am Herzen lagen und nie in Serie produziert wurden, realisiert er nun gemeinsam mit seinem Team in Handarbeit.
Mit Christoph von Weyhe teilte Pierre Paulin auch den Wohnort Paris. Geboren in Halle an der Saale und in Schleswig-Holstein aufgewachsen, stieg der Maler Ende der Fünfzigerjahre in den Nachtzug Kopenhagen – Paris, um sein Kunststudium an der berühmten École Beaux-Arts fortzusetzen. Das Panorama des Hafens von Hamburg, das sich ihm bot, als der Zug die Elbbrücken überquerte, sank tief in sein Gedächtnis. "Der Hamburger Hafen in der Nacht, das hat mich nie losgelassen und wurde quasi mein Lebenswerk", so von Weyhe. Die Erinnerung an diese industrielle Landschaft ist so stark, dass er sie wiederholt verarbeiten muss. Zu dem einst letzten Blick kehrt von Weyhe in schnellen Gouachen auf Papier zurück, die er in Folge mit einem dünnen Haarpinsel über Monate Strich für Strich in Acryl ausarbeitet. Zum Abschluss setzt er mit satten Farben und breiten Linien abstrakte Strukturen und Akzente. Um das innere Bild von damals mit neuen Eindrücken zu beleben, reist von Weyhe zudem seit einigen Jahren wie einst als Student in den Semesterferien Sommer für Sommer von Paris aus nach Hamburg. "Das Motiv ist für mich unerschöpflich. Der Hafen ist durch seine Aktivität nichts Festes, er steht nie still. Ich erlebe ihn jedes Mal von Neuem", erzählt er.
Mit "Paulin, Paulin, Paulin / Christoph von Weyhe" bringt die Galeristin Parisa Kind die Pfade der beiden Kreativen nun anhand ihrer Werke wieder zusammen. "Es ist ein Dialog der Herren und ein Dialog zwischen ihrer Kunst", resümiert Benjamin Paulin.
Paulin, Paulin, Paulin / Christoph von Weyhe
Galerie Parisa Kind
Kaiserstraße 4/ 2. Etage
60311 Frankfurt am Main
Bis 22. Juni 2019
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Samstag: 12 bis 17 Uhr