LIVING KITCHEN 2019
Ganz anders in Grün
Ein kräftiges Grün ist die vorherrschende Farbe der "Future Kitchen" von Alfredo Häberli, die die Hauptattraktion der diesjährigen Living Kitchen darstellt. Der Name trügt – Häberli hat weit mehr als eine Küche entworfen, "Future House" wäre weit treffender. Die grüne Struktur bildet einen kleinen Bungalow nach – mit großer Wohnküche, die in den Wohnraum übergeht, einem Bad und Schlafraum. All das ist nicht bis ins Detail ausgeführt, sondern mit der grünen Leichtbaustruktur und wenigen Einrichtungsgegenständen skizziert. Grün steht hier natürlich zunächst für die Living Kitchen und deren Leitfarbe. Grün steht aber auch für den ziemlich radikalökologischen Ansatz, den Häberli verfolgt. Und schließlich verweist das Grün auch auf Green Boxes – die Technik, mit der der im Fernsehen das Sturmtief hinter den Wettermann projiziert wird.
Die auf den ersten Blick spartanische Küche ist nämlich vollgestopft mit futuristischer Technik – nur eben virtuell. Häberlis Visionen und Ideen für die Haushaltsgeräte von morgen sieht, wer sich eine App herunterlädt und anschließend die in der Küche verteilten QR-Codes filmt. Sie erscheinen dann positionsgerecht auf dem Handy- oder Tabletbildschirm.
Durch Häberlis Küche, die eigentlich ein Haus ist, zieht sich ein interessanter Dualismus, die in der Mischung aus Sparsamkeit im architektonischen Rahmen und aufwendiger Computertechnik den perfekten Ausdruck findet. Einerseits hat der Designer Geräte und Vorrichtungen erfunden, die einen wirklich erkennbaren Mehrwert zum heute existierenden Angebot bieten, einschließlich mehr Komfort. Andererseits fordert er mit seinem Entwurf zur bewussten Beschränkung auf – und, ja, auch zum Verzicht. Häberlis Vision soll sich etwa autark mit Wasser versorgen. Der Regen, so die Idee, wird auf dem Dach aufgefangen, je nach Verwendungszweck mehr oder weniger gereinigt und dann im Haus verbraucht – so viel denn eben da ist. Häberli erinnert sich, dass Wasser in seiner Kindheit eine knappe Ressource war. "Meine Großmutter hat das Wasser noch in einer Zisterne gesammelt und wenn meiner Schwester die Haare gewaschen wurden, war das richtiggehend ein Ereignis. Wasser war eben kostbar."
Auch einige andere von Häberlis technischen Visionen zielen auf Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit ab. Etwa sein transparenter Kühlschrank, der nicht mehr geöffnet werden muss, um seinen Inhalt zu überprüfen und mit dessen Abwärme zugleich die Teller vorgeheizt werden können. Anderes, wie sein raffiniertes Schneidbrett mit Öffnung, durch die das Geschnittene gleich in den darunter gestellten Topf geschoben werden kann, lassen den leidenschaftlichen Koch Alfredo Häberli durchscheinen. Man wünscht es sich genauso dringend zu kaufen, wie den Blender, der gleich mit einer ganzen Kollektion von tischfeinen Glasbehältern kommt, so dass nicht zwischen jeder Benutzung ein kompletter Spülgang notwendig ist.
Ein zur Abwechslung nicht in Grün gehaltenes, aber äußerst dekoratives und gleichzeitig vollständig wiederverwertbares Detail legt Häberli den Besuchern seiner "Future Kitchen" übrigens zu Füßen: Mit bildschönen, lose verlegten Ziegeln der dänischen Brennerei Petersen Tegl gliedert er die Flächen seines temporären Bauwerks in unterschiedliche Zonen.