Was wäre der Sommermensch ohne Sonnenbrille? Frau schlendert scheinbar unbekümmert und geschützt hinter großen dunklen Gläsern wie Audrey Hepburn alias Holly Golightly in „Breakfast at Tiffanys“ durch die Straßen oder Mann zieht versonnen die große dunkle Brille über die Nase, am besten wie Marcello Mastroianni alias Guido Anselmi in „Achteinhalb“, als er die sich nähernde Dame genauer in Augenschein nimmt – auch wenn sie in diesem Falle nur eine Einbildung ist.
Dunkle, gern auch wieder verspiegelte Gläser verstärken, so wollen wir zumindest glauben, die Coolness unseres nicht immer ganz so selbstbewussten Ichs um ein Vielfaches. Denn eine Sonnenbrille ist stets mehr als nur ein banaler Schutz und Schatten für die Augen. Beim Auftritt im alltäglichen Sommer-Sonnen-Theater spielt sie eine Hauptrolle – keineswegs nur in den Filmen der Nachkriegszeit, sondern auch in der Musikszene der 1970er Jahre. Entsprechend will uns Corey Hart glauben machen, man solle die Sonnenbrille auch nachts tragen („I wear my sunglasses at night“), und Iggy Pop fragt sich, ob er eines Mädchens wert sei, dass so eine tolle Brille trägt („These shades say something / I’ll bet they cost a lot / I hope I don’t break ’em / I hope we don’t break up“). Status Quo schließlich, die sich selbst als „peeping-tom techy with x-ray eyes“ darstellen, folgern daraus: „The future’s so bright I gotta wear shades”.
Das Motto heißt also: Zeig mir deine Sonnenbrille, und ich sage dir, wer du bist. Wer Sonnenbrille trägt, gibt sich entspannt, betrachtet die Dinge distanziert durch einen farbigen Filter und macht ein Geheimnis daraus, wo er gerade hinschaut. Und wer obendrein noch eines der aktuellsten Modelle trägt, signalisiert, dass er zur Community der modisch Informierten gehört. Daher ist auch verständlich, dass man für Gestelle von Modemarken wie Dior, Prada, Fendi oder The Row mindestens 200 bis 400 Euro hinblättern muss. Ein extravaganter Entwurf von einer angesagten Marke hat eben seinen Preis, auch wenn jeder weiß, welch immense Imageblase um diese schattigen Nasenfahrräder schwebt.
Dieses Jahr haben es den modisch affinen Frauen große, runde Brillen à la Mia Farrow angetan, passend zum 1970er-Jahre-Trend. Oder Piloten-Brillen mit verspiegelten Gläsern in Instagram-Regenbogenfarben. Die nicht minder modisch auftretenden Männer bevorzugen blaue Ray Ban-Typen. Das aufsehenerregendste Zeichen im großen Augenschattentheater setzt allerdings das Model Cara Delevingne, gerade mal zuckersüße 22 Jahre jung und auf dem besten Weg, die neue Claudia Schiffer zu werden. Zuletzt sah man sie bei Stella McCartneys „Spring Preview 2016“ in New York, wobei das meist diskutierteste Thema – neben ihrer Beziehung zur Musikerin St. Vincent – ihre Sonnenbrille von Fendi war. Deren raffiniertes Gestell besteht aus zwei Elementen, die sich überlagern: ein rundes weißes sitzt auf einem schwarzen mit Katzenaugen-Ecken, Cut Out-Details inbegriffen. Hinzu kommen noch die Bügel in Treppensilhouette, womit man auch von der Seite alle Blicke auf sich zieht.
Wir merken uns:
1. Sonnenbrillen dürfen ab sofort kleine kubistische Kunstwerke sein.
2. Ein kecker Cat-Eye-Schwung kann bei Frauen keinesfalls verkehrt sein.
3. Bleibende Schatten im Teint, die durch die eigenwillige Form entstehen, müssen mit Contenance hingenommen werden – oder sind sie schon der nächste Hype?
Wir haben uns dementsprechend auf die Suche nach einigen der ausgefallensten Modellen gemacht, mit denen Sie ganz sicher nicht im Schatten stehen werden.