Vor einem roten Backsteinhaus im belgischen Deurle steht der „Boxy Kitchen Pavilion" von Maarten van Severen. Die Fassaden des Flachbaus bestehen größtenteils aus Glas. Schon von weitem ist der schwarze, gusseiserne Schornstein sichtbar, der im Inneren in einem kegelförmigen Kamin mündet. Durch die Glasscheiben ist zu sehen, dass der Kamin frei im Raum hängt und dort offensichtlich für eine gemütliche Stimmung sorgt.
Kamine, Kaminöfen, Kachelöfen, Gussöfen oder Gartenöfen - eine Vielzahl an unterschiedlichen Feuerstellen lassen sich in einem Gebäude oder in seinem Umfeld aufstellen. Sei es in Wohnzimmern für kalte Wintertage, auf der Terrasse für lange Sommernächte oder als repräsentatives Schmuckstück in Restaurants oder Empfangshallen. Offene Kamine und Heizkamine sind für gewöhnlich fest ins Mauerwerk eingebaut, Kaminöfen lassen sich an gewünschter Stelle im Raum aufstellen. Je nach Brennraum, Lüftungssystem und Speicherwirkung entfaltet sich die Wärme - und natürlich die atmosphärische Wirkung des Feuers.
Es sind unterschiedliche Eigenschaften, mit deren Hilfe Kaminöfen den Raum drinnen und draußen erobern. Besonders gefragt sind derzeit Feuerstellen für offene Räume mit sich wandelnden Wohnlandschaften. Ein Hersteller spricht in diesem Zusammenhang etwas pathetisch vom „frei schwebenden Feuer".
„Turn" von Conmoto, „Cylon" von Leenders und „Solo" von Skantherm lassen sich 360 Grad um die eigene Achse drehen, je nachdem in welche Richtung die Öffnung des Brennraums gewünscht wird. Andere Kaminöfen wie „Pharos" von Leenders oder „Bathyscafocus" von Focus hängen an ihrem Schornstein von der Decke und haben keine weitere Verbindung zu Wand oder Boden gleich dem Kamin im „Boxy Kitchen Pavilion".
Auch mit Möbeln gehen Kaminöfen inzwischen Verbindungen ein. Früher erfreute sich die Bank am Kachelofen großer Beliebtheit, vom offenen Kamin hielt man aufgrund der offenen Flammen lieber einen gewissen Sicherheitsabstand und wählte den nächstgelegenen Sessel zum Entspannen. In Zeiten durch Scheiben geschützter Feuerkästen rutschen Kaminöfen näher an Bänke, Kommoden und Schränke heran. „Stuv 16" von Stuv etwa lässt sich durch Schubladenmodule ergänzen; für „Shaker" von Skantherm hat Antonio Citterio eine knapp zwei Meter langen Bank entworfen; „Balance" von Conmoto stattete Peter Maly mit einer ganzen Serie an Massivholzelemente ähnlich einer Einbaukommode aus.
Noch mehr Gestaltungsfreiheit bieten zweifelsohne Feuerstellen für Ethanol oder Brenngel. Sie benötigen keinen Schornstein und lassen sich daher in allen möglichen Formen und an den unterschiedlichsten Orten aufstellen: Verkleidet als traditionelle Kamine mit Holzscheiten oder als Einbaueinsätze für Kommoden, als „Bilder" an Wänden sowie als Vasen auf Tischen. Nicht zu vergessen die trag- und rollbaren Varianten, die sich überall in Innen- und Außenräumen aufstellen lassen. Nahezu prototypisch steht „Roll Fire" von Sieger Design für Conmoto für diese gestalterische Freiheit. Er hat die Form eines Reifens und lässt sich - Tank und Brennstelle ruhen auf einem Kugellager - beliebig durch den Raum rollen.
Ethanolkamine werden jedoch gerade von Designern und Architekten nach wie vor misstrauisch betrachtet: Wie stimmungsvoll sind die Neulinge? Verbrennen Alkohol und Brenngel geruchsfrei? Sind Ethanolkamine potenzielle Heizkörper? Wie hoch ist das Brand- und Explosionsrisiko? Sind sie umweltfreundlicher als andere Brennstellen? Handelt es sich überhaupt um Kamine oder um groß gewordene Öllämpchen, die nichts anderes als Effekthascherei betreiben?
Noch ist es nicht so weit, dass Häuser (wieder) um - ökologisch und technisch erneuerte - Feuerstellen herum gebaut werden. Dennoch lässt sich nicht nur feststellen, dass Kaminöfen momentan gerne in der Mitte von Räumen platziert werden, sondern auch, dass Schornsteine und Ofenrohre - zum Verbrennen von Holz werden sie ja nach wie vor gebraucht - sich vom hässlichen Rauchabzug zum baulichen Schmuckelement entwickeln. Sie erscheinen gleich einer Skulptur im Raum und müssen sich nicht hinter verputzen Flächen verstecken. In Abgrenzung zu den Ethanolkaminen werden sie zum Erkennungsmerkmal einer „richtigen" Holzfeuerstätte und schaffen dadurch bereits eine anheimelnde Stimmung. Schließlich gilt auch hier: Der nächste Winter kommt bestimmt!