Wie kam es, dass gerade Frankfurt am Main nach dem Zweiten Weltkrieg als erste und lange Zeit einzige deutsche Stadt himmelwärts strebte und mittlerweile eine sehenswerte Skyline besitzt? Das Deutsche Architekturmuseum in Frankfurt am Main geht dieser Frage nach und setzt sich mit der Hochhausgeschichte der Stadt in der Ausstellung „Himmelstürmend. Hochhausstadt Frankfurt“ auseinander.
Für uns Anlass genug, einige Hochhäuser aus verschiedenen Jahrzehnten vorzustellen, die das Gesicht der Stadt am Main heute prägen. Zur Ausstellungseröffnung am 7. November 2014 erscheint auch die begleitende Publikation „Hochhausstadt Frankfurt. Bauten und Visionen seit 1945“, der wir die folgenden Texte und Bilder entnommen haben.
Japan Center
Architekten: Ganz + Rolfes
Höhe: 115 Meter || Geschosse: 27 || Gebaut: 1993-1996 ||
Die Gestaltung des Hochhauses verweist auf die Absicht der Bauherren, den Turm an japanische Unternehmen zu vermieten. An dem Wettbewerb sollten ausschließlich japanische Architekten teilnehmen, die Stadt setzte aber durch, dass auch ein außerhalb Japan tätiges Büro eingeladen wurde. Mit einem ›fernöstlich‹ anmutenden Entwurf gewann letztendlich ein deutsches Büro das anonyme Auswahlverfahren. So soll der Bau aus rotem Granit entfernt an eine japanische Steinlaterne erinnern und der Raster des Turms basiert auf den Proportionen der Tatami-Matten. Über dem Erdgeschoss mit Läden erheben sich Bürogeschosse, die Lochfenster oder geschosshohe Fenster aufweisen. Den Abschluss bilden kolonnadenförmige Elemente, die von einem auskragenden Flugdach gekrönt werden. Das Panoramarestaurant zeugt von einem der ersten Versuche in Frankfurt, die Turmspitze einer öffentlichen Nutzung zuzuführen.
(Evelyn Steiner)
DZ-Bank-Hochhaus (Westendstraße 1)
Architekten: Kohn Pedersen Fox mit Nägele Hofmann Tiedemann & Partner
Höhe: 208 Meter || Geschosse: 53 || Gebaut: 1990-1993 ||
Bereits 1985 legte Josef Paul Kleihues einen unrealisierten Entwurf für zwei schlanke Türme vor. Der verwirklichte Neubau der DG Bank ist dagegen mit der Verschachtelung geometrischer Grundfiguren und der Materialmischung ein typisch postmodernes Bauwerk: Ein granitverkleideter kantiger Turm verschmilzt mit einem Halbrund aus Glas und Stahl. Seine Umgebung zitiert der Turm im historischen Fortschritt der Vertikale: Der Sockel orientiert sich an der Traufhöhe der angrenzenden Wohnhäuser, die 50 Meter des Flügelbaus entsprechen dem Bebauungsplan der 1960er-Jahre, der Granitturm markiert auf 150 Metern die zweite Hochhausgeneration der 1970er-Jahre. Als Abschluss betont die markante Krone exklusive Höhen, zur Vermeidung von Eiszapfen wird sie beheizt. Während die Turmspitze ikonisch in die Stadt ausstrahlt, funktioniert die Passage im Erdgeschoss durch ihre Platzierung kaum als öffentlicher Ort.
(Bernhard Unterholzner)
Commerzbank Tower
Architekten: Foster + Partners
Höhe: 259 Meter || Geschosse: 58 || Gebaut: 1993-1997 ||
Bereits vier Jahre nach Errichtung ihres Turms an der Neuen Mainzer Straße, begann die Commerzbank 1977 ein weiteres Hochhaus am Kaiserplatz zu planen. Es sollte die Bauten der Dresdner und der Deutschen Bank überragen, aber die Bank Georg Hauck & Sohn erteilte nicht das nötige Nachbarschaftsrecht. Planungsdezernent Hans Küppers (CDU) empfahl auf Basis des City-Leitplans (1983) einen Neubau am Güterplatz. Dieser Plan wurde aber nur nachrangig verfolgt. Nachdem die 1989 gewählte rot-grüne Stadtregierung den Rahmenplan Bankenviertel (1990) vorgelegt hatte, konnte 1991 der Wettbewerb ausgelobt werden. Sah der Rahmenplan ursprünglich nur 130 Meter Höhe vor, durfte die Commerzbank mit Sondergenehmigungen zum höchsten Turm Frankfurts wachsen. Die beengte Innenstadtlage und geologische Beschaffenheit des Areals erschwerten die Gründung. Um Setzungen zu vermeiden, trieb Hochtief Pfähle bis in 50 Meter Tiefe. Zur Minimierung weiterer Tiefbauarbeiten legte man Foyer und öffentliche Plaza auf Höhe der ersten Etage an, woraus eine starke Abgrenzung zum Stadtraum resultierte. Der Turm mit dreieckiger Grundfläche wird von den Eckpfeilern und seiner Stahlskeletthülle getragen. Ein Atrium tritt an Stelle des sonst üblichen Betonkerns, dadurch wirkt der gesamte Bau leichter und lichter. Umweltschutz und Energieverbrauch waren grundlegende Teile der Planung – ein Novum im Hochhausbau. Kern des Konzepts ist eine möglichst natürliche Klimatisierung mittels ausgeklügelter Fassadentechnik, dem Atrium sowie neun Turmgärten. Diese Grünzonen, die je 4 Etagen umfassen und sich versetzt angeordnet als Spirale im Turm nach oben schrauben, sind die Besonderheit des Gebäudes. Ihre Flora greift die Blickrichtung der Gärten auf – Nordamerika, Asien, Mittelmeerraum. Sie dienen als Klimazone und Treffpunkt, dabei werden je 12 Geschosse mit einer Gartentrias als „Dorf“ zusammengefasst.
(Bernhard Unterholzner)
Messeturm
Architekten: Murphy/Jahn
Höhe: 256,5 Meter || Geschosse: 56 || Gebaut: 1988-1991 ||
Auf dem der Stadt zugewandten östlichen Teil des Messegeländes, neben der Festhalle, plante die Messe Frankfurt ab 1983, ein Hochhaus und eine neue Messehalle zu errichten. Dazu ließ sie 1984 ein zweistufiges Gutachterverfahren durchführen, zu dem sechs Büros eingeladen waren: Max Bächer und Helge Bofinger, Gottfried Böhm, Harald Deilmann, Kammerer und Belz mit Kucher und Partner, Murphy/Jahn sowie Jourdan und Müller PAS. Entgegen der Empfehlung des Preisgerichts, den Entwurf von Max Bächer und Helge Bofinger weiterzuentwickeln, der durch die städtebauliche Positionierung des Turms am überzeugendsten war, entschied sich die Messe, die Planung mit dem Chicagoer Büro Murphy/Jahn fortzusetzen. Ursprünglich beabsichtigte die Messe, das Hochhaus mit der Deutschen Bank zu bauen, die sich aber nach dem Börsensturz 1987 aus dem Projekt zurückzog. Statt ihrer übernahmen die amerikanischen Investoren Tishman Speyer und die Citibank die Finanzierung des Vorhabens. Schwierigkeiten in der Planungsphase bereitete die geringe quadratische Grundfläche des Turms mit nur 41 Meter Seitenlänge. Die Frankfurter Richtlinie, dass Treppenhäuser außen liegen müssen, stellte die wirtschaftliche Effizienz des gesamten Gebäudes infrage, da damit keine ausreichende Fläche für Tageslichtbüros vorhanden gewesen wäre. Schrittweise einigten sich die Bauherren und Architekten mit der Bauaufsicht und der Branddirektion auf innen liegende Treppenhäuser mit Überdruckbelüftung (siehe Essay von Michael Kummer), sodass im Juli 1988 mit den Bauarbeiten begonnen werden konnte. Seit 1991 ist der Messeturm von Helmut Jahn das Wahrzeichen der Frankfurter Skyline und war bis 1997 das höchste Gebäude in Europa. Gestalterisch knüpft das postmoderne Hochhaus an die klassische New Yorker Hochhaustypologie der 1920er-Jahre an. Aus einem quadratischen, rotfarbenen Granitschaft wächst ein kreisrunder Glaszylinder, der sich bereits im Sockel ankündigt. Auf der Höhe von 218 Meter wird der Messeturm von einer 38 Meter hohen Pyramide gekrönt. In seiner Materialität gleicht er dem benachbarten Torhaus der Messe von Oswald Mathias Ungers: Die Granitfassade des Sockels ist am Boden geerdet, der Glaskörper streckt sich gen Himmel. Erst seit 2001 ist der Messeturm, in dem bis zu 4 000 Menschen arbeiten, an das U-Bahn-Netz der Stadt angeschlossen.
(Philipp Sturm)
Himmelstürmend. Hochausstadt Frankfurt
8. November 2014 bis 19. April 2015
Architekturmuseum Frankfurt am Main
www.dam-online.de
Hochhausstadt Frankfurt – Bauten und Visionen seit 1945
Philipp Sturm (Hrsg.), Peter Cachola Schmal (Hrsg.)
Geb., 320 S., 232 Abb.
Prestel Verlag
49,95 Euro