DMY - die Initialien des Berliner Designevents im Mai sind noch dieselben, doch stehen sie jetzt für Daily, Monthly, Yearly - und das heißt ganz einfach: Design forever! Eine leidenschaftliche Liebesbekundung - zu Design als kreativem Kapital. Denn das Erfrischende am DMY International Design Festival sind die vielen jungen Designer, die ihre Arbeiten zum ersten Mal präsentieren. Was man sieht, sind Ideen, die sich direkt in Produkte verwandelt haben, was viele dieser Ergebnisse visuell besonders interessant macht.
Ein solches Highlight war die sinnfällige Wachsleuchte “Ikarus“ von Aylin Kayser und Christian Metzner, bei der eine Glühbirne im Inneren den massiven Wachskörper der Hängelampe allmählich zum Schmelzen bringt. So findet analog zum Energieverbrauch der Birne eine Formveränderung der gesamten Leuchte statt - tropfenweise und gleichsam in Zeitlupe.
Viele der DMY Youngsters, die nach wie vor das Herzstück des Designfestivals sind, setzten sich in ihren Entwürfen mit der Veränderung der Umwelt und damit auch mit der Produktwelt der Zukunft auseinander. Wieso ständig neue Produkte entwickeln, wenn man aus denen, die schon da sind, noch so viel machen kann? – Lautet der Ausgangspunkt mehrerer Re- und Upcycling-Überlegungen. Upcycling? Dabei geht es um die ideelle Leistung, ausgediente Gegenstände oder Produktteile in einen neuen, höheren Nutzungszustand zu überführen statt sie dem Schredder zu übergeben. Die Erklärung stammt von Jürgen Breiter, der sich als “Urban Curator“ versteht und seinen Materialfundus und seine Inspiration daraus bezieht, was der urbane Organismus an Ausrangiertem bereithält.
Grundsätzlich gilt: Je profaner der Gegenstand, desto größer der Aha-Effekt! Die hellblaue “PET Light Show“ des Walking-Chair Design Studios aus Wien ist eine illuminierte Installation aus zerknautschten PET-Wasserflaschen, die einem funkelnden Kristallpalast von Swarovski in nichts nachsteht. Kritische Ironie, wie das als Überwachungskamera getarnte Vogelhäuschen von Chris & Ruby in Friesland und kostensparende Do-it-yourself-Anwendungen haben Hochkonjunktur bei den jungen Designern. Wie Peter Schäfer mit “Ad hoc“ zeigte, genügen ein paar Handgriffe, um herkömmlichen Möbeln mit Hilfe von Schraubzwingen völlig neue Funktionen zu entlocken, und das polnische Designerduo Gogo bezog den Verbraucher gleich direkt mit in die Produkterstellung ein: Wer eines ihrer Radios im Holzgehäuse erwarb, der musste es erst noch von einem längeren Balken absägen.
Zirkusreif war der Auftritt der Fachhochschule Potsdam: Vom muskulösen Eisenbieger, über die sichere Pinselführung einer Porzellanmalerin und einen Seiler bis hin zur Knallforschung wurde hier live demonstriert, wie Design entsteht.
Auch bei den DMY Allstars, den Einzel- und Gruppenausstellungen nationaler und internationaler Designer, stand der Erlebnisfaktor Design im Vordergrund. Open Studios wie das von Werner Aisslinger, Vorträge von Machern wie dem Schweizer Kulttaschen-Hersteller Markus Freitag oder die Objektpremieren prominenter Designer wie Karim Rashid und dem Duo El Ultimo Grito in der Bombay Sapphire Gallery zeigten neue Tendenzen. Weiter ging der Rundgang zu den fröhlichen Alltagsprodukten der israelischen Designer, den augenzwinkernden Verbindungen von Tradition und Moderne in den Exponaten der Turkish Delight-Ausstellung im Pergamonmuseum oder zur Inszenierung der Arbeiten der progressivsten Designer Ungarns mittels eines unkonventionellen Design-Festmahls. So entstanden neue Kontexte und Design wurde erfahrbarer gemacht als auf einer Messe.
Wie in dem wallenden Gewand “Red dress“ der Koreanerin Aamu Song, das sich von einem vortragenden Künstler in der Mitte saalfüllend ausbreitet und das gesamte Publikum in seine Stofffalten aufnimmt, so steckte jeder Besucher im aktuellen Designgeschehen.