Zwischen Kunst und Design
Dass Fien Muller and Hannes Van Severen im Frühjahr 2011 beschlossen nicht nur privat, sondern auch beruflich gemeinsame Wege zu beschreiten war mehreren Zufällen geschuldet: Die Anfrage der Galerie Veerle Wenes, von der sie bis heute vertreten werden, gab den Anstoß zusammen zu arbeiten und der Umstand, dass das Paar damals mit der Renovierung des gemeinsamen Hauses beschäftigt war setzte den Impuls, sich der Gestaltung von Möbeln zu widmen. Beide hatten Kunst studiert, Hannes Van Severen widmete sich bis dato Skulpturen und Installationen, Fien Muller der Fotografie. "Wir hatten beide unsere eigene Art, künstlerisch zu arbeiten, aber es gab auch viele Gemeinsamkeiten. Ein anderes Medium war ein idealer Einstieg für eine Zusammenarbeit. Damit konnten wir zuvor schon gute Erfahrungen machen, nach dem Prinzip 'eins plus eins gleich drei'," erinnert sich Hannes Van Severen. Bei der ersten Ausstellung davon eingeschränkt zu sein, etwas Funktionales zu erschaffen, empfanden sie als befreiend: "In der Kunst waren uns zuvor keine Grenzen gesetzt, alles war möglich. Dabei waren wir immer sehr an funktionalen Objekten interessiert," so Fien Muller.
Geprägt sind Muller van Severens Entwürfe von der gemeinsamen Leidenschaft für Kunst, Architektur und Materialien – Designerinnen und Künstler wie Isamu Noguchi, Anne Holtrop, Le Corbusier, Oscar Niemayer und Gordon Matta Clark haben das Paar beeinflusst. Was die beiden am Design besonders fasziniert? "Es ist das Skulpturale und wie sich ein Objekt in einem Raum und zum Menschen verhält," erklärt Hannes Van Severn. "Es ist die Arbeitsweise, die ja der in einem Atelier ähnelt: da wird modelliert, geschnitten, geklebt, gesägt und geschweißt. Es ist die Liebe zu soliden Materialien. Und der Versuch, sich den Möbeln auf eine andere, neue Art zu nähern," sagt er. Intuitiv und voller Leichtigkeit wirken die Möbel, wenn sie final sind.
Faszination für Materialien
Zwar beschreibt Fien Muller ihre eigene Arbeitsweise als eher ungeduldig – sie wollen gerne schnell Ergebnisse sehen – dennoch werden alle Muller Van Severen Möbel in Handarbeit von kleinen Manufakturen hergestellt. Dabei spielt die Rohheit des gewählten Materials eine besondere Rolle: "Wir suchen ständig nach neuen Möglichkeiten, die natürliche Schönheit unserer Materialien zur Geltung zu bringen und streben danach, sie für sich selbst sprechen zu lassen, ohne etwas zu verbergen,“ sagt Hannes Van Severen. Ein gutes Design zeichnet sich für die beiden durch eine Kombination mehrerer Faktoren aus. "Das Objekt muss sowohl technisch als auch poetisch sein, eine Mischung aus Einfachheit und Fülle, etwas, das überall funktioniert, gut durchdacht und zeitlos ist. Das ist gar nicht so einfach, aber dafür umso interessanter,“ so der Designer. Aktuellstes Beispiel dafür ist der Pigeon Table, der in Zusammenarbeit mit der Köchin Laila Gohar entstand. Seine Schlichtheit und Transparenz ist gleichermaßen funktional und ästhetisch, zeitgenössisch und zeitlos. "Wir wollen vor allem Dinge herstellen, die Bestand haben. Dinge, die an Kinder und Enkelkinder weitergegeben werden," so Fien Muller.
Farben betrachten Muller Van Severen zugleich als Form und als Material: "Sie definieren die Umgebung. Ein und dasselbe Objekt kann in einer anderen Farbe zu einem völlig anderen Objekt werden, das die räumliche Atmosphäre verändert," sagt Hannes Van Severen. Für die Anwesenheit und Präsenz eines Objektes im Raum interessiert sich das Designduo ebenso, wie für das Abwesende: "Transparenz ist uns wichtig. Sie erlaubt auch einen Hintergrund, der genauso relevant ist wie das Werk selbst. Ein Objekt sollte atmen können," so Fien Muller. Kein Wunder also, dass die beiden auch an einem außergewöhnlichen Ort leben und arbeiten. Ihr Studio und Zuhause – ein alter Backsteinbau – bezeichnen die beiden als "Pipi Langstrumpf Haus". Finn Muller sagt: "Es ist ein sicherer und vertrauter, mehr als hundert Jahre alter Ort, an den wir immer zurückkehren können. Wir lieben es, dort zu sein und sind der Meinung, dass unsere Entwürfe dem Haus ohne Schwierigkeiten standhalten sollten. Es ist auch der Testort für unsere Objekte, dort werden sie ausprobiert. Aber manchmal brauchen wir auch die Möglichkeit, allem zu entkommen."