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Den Feuerring im Detail in Augenschein nehmen kann man im neuen Atelier von Andreas Reichlin und Beate Hoyer in Immensee in der Schweiz.

Die perfekte Form

Skulptur, Klang und Gourmetgenuss: Mit dem Feuerring definieren Beate Hoyer und Andreas Reichlin die Outdoorküche neu.
von Anna Moldenhauer | 05.11.2019

"Wenn ich nicht bildender Künstler wäre, dann hätte ich einfach einen Grill konstruiert", so Andreas Reichlin. Formstudien brachten den Holzbildhauer zum Werkstoff Stahl, aus dem er eine Feuerschale kreierte – den Feuerring, eine Skulptur, die Geselligkeit, Genuss und Ästhetik verbindet. Die Herausforderung lag darin, mittels Reduktion die perfekte Grundform zu finden sowie eine makellose Verbindung zwischen Ring und Schale zu schaffen. Die Suche nach der "energetischen Urform" hat Reichlin in seiner kreativen Arbeit stets begleitet – inspiriert vom Werk des Bildhauers Constantin Brancusi. "Je reduzierter die Form ist, umso schwieriger wird es, denn dann muss jedes Detail stimmen", erklärt er. Dank der Verschweißung wirkt die Feuerskulptur wie aus einem Guss. Die natürliche Oxidation des Stahls und die Pflege mit Öl verleiht der Oberfläche im Anschluss eine eigene, natürliche Charakteristik, die sich im Laufe der Zeit verändert.

Jeder Feuerring wird über einen langen Arbeitsprozess per Hand gefertigt, bis alle Nuancen stimmen.

Atelier aus Stahl und Holz

Den Feuerring im Detail in Augenschein nehmen kann man beispielsweise im neuen Atelier von Andreas Reichlin und seiner Partnerin Beate Hoyer. Malerisch in der Schweiz im Ort Immensee direkt am Zugersee gelegen, haben auf dem stets zugänglichen Außenbereich alle derzeit 15 unterschiedlichen Formen des Feuerrings einen Platz gefunden. Ein Hochregal stellt direkt am Eingang die drei Einzelteile aus, die getrennt voneinander hergestellt und anschließend verschweißt werden: Eine äußere und innere Schale sowie die kreisrunde Grillfläche. Gemeinsam mit dem Architekten Ivan Marty von Marty Architektur entwarf Reichlin den Gebäudekubus auf knapp 100 Quadratmetern, der an zwei Seiten geöffnet ist, zum Weg und zum Wasser. Geformt aus Stahl und geflammten Eichenholz spiegelt die Architektur des Ateliers Werte, die Feuerring wichtig sind: Flexibilität, Einzigartigkeit und die Reduktion auf das Wesentliche. In je 40 Millimeter breite Streifen geschnitten und vertikal aneinandergefügt, wirken die tiefschwarzen Hölzer der Fassade homogen, kraftvoll und ruhig. In Verbindung mit Stahlelementen, deren Oberfläche sich wie das Holz im Laufe der Jahre noch verändern wird, bleibt das Gebäude gleich den Skulpturen von Andreas Reichlin optisch in Bewegung.

Seit bereits zehn Jahren geben Beate Hoyer und Andreas Reichlin die Freude am Feuerring an ihre Kunden weiter. "Wir wurden anfangs für unsere Idee viel belächelt, da wusste ich, dass wir anders sind und gleichzeitig auf dem richtigen Weg", erzählt Reichlin. Das ihr Unternehmen auch weiterhin authentisch bleibt, ist dem Künstler ein besonderes Anliegen: "Du kannst nur echt und nahbar sein, wenn es nicht um Masse geht", sagt er. In der Konsequenz wird jeder Feuerring über einen langen Arbeitsprozess per Hand gefertigt, bis alle Nuancen stimmen. Nachhaltige Materialien sind bei der Produktion in Küssnacht am Rigi ein wichtiges Thema, denn der Feuerring ist als lebenslanger Begleiter gedacht. "Man kann mit dem Feuerring alles falsch machen, klein bekommt man ihn nicht", so Reichlin. Die Verpackung für den Transport ist in puncto Nachhaltigkeit keine Ausnahme: Der Grillring wird mit Paraffinpapier geschützt und anschließend in ein Stecksystem aus Holz gesetzt, das mit nur drei Schrauben und vier Klemmbändern fixiert wird. Nach dem Auspacken kann man das unbehandelte Holz entweder direkt für das erste Befeuern verwenden oder das Stecksystem wieder zusammensetzen und als Hochbeet nutzen. Für die Reinigung genügen ein Besen und Spachtel aus Stahl.

Im Kreis der Gourmets

Überraschend vielseitig zeigt sich der Feuerring auch in seiner Funktion: Als Skulptur, Feuerschale, Grill und Klangkörper. "Feuerring klingt, alles andere scheppert", lacht Reichlin. Auf exklusiven Events wie dem Designers' Saturday in Langenthal schafft die archaische Form des Rings in der Verbindung mit dem Feuer eine Atmosphäre der Gemeinschaft und Entspannung. Für den Genuss sorgt die Zusammenarbeit mit außergewöhnlichen Köchen, die die Vielseitigkeit und Freude am kulinarischen Experiment mit dem Feuerring präsentieren. Spitzenkoch Chris Züger kreiert so ganzjährig auf dem Ring Menüs, die mit dem gewöhnlichen "grillieren", wie man in der Schweiz sagt, nichts mehr gemein haben. Auf schonende und gesunde Weise gart er hochwertige Lebensmittel, vom Tomahawk Steak über Muscheln und Gemüse bis zu Maronen – eine Genussküche, die von Leidenschaft geprägt ist. Weitere Dimensionen des Feuerring demonstriert Stefan Wiesner, der "Hexer aus dem Entlebuch": In seinem Restaurant Rössli im Eschholzmatt gibt er unter anderem Kurse für "alchemistisches" Kochen mit dem Feuerring. Wiesners Naturküche kombiniert philosophisches Gedankengut mit regionalen Produkten und erzeugt neue Geschmackserlebnisse. Der Koch nutzt den Wald nicht nur als Brennholzquelle für den Feuerring, sondern auch in seiner Fülle für Aromen und Zutaten, von der Fichtennadel über die Enzianwurzel bis zur Ameisensäure. Seine Kreationen sind die eines modernen Druiden, der in seinem Kochlabor neue Essenzen, Düfte und ungewöhnliche Komponenten erprobt, von Steinen und rostigen Nägeln über die Kohle bis zum Leder. Um die Rezepte weiterreichen zu können, haben Beate Hoyer und Andreas Reichlin das Rezeptebuchset FEUER & RING gestaltet, dass seitens der Autorin und Foodstylistin Judith Gmür-Stalder sowie dem Spitzenkoch Chris Züger insgesamt gut 70 kulinarische Varianten vorstellt.

Auch wenn der Erfolg des Feuerrings stetig wächst, zügig expandieren möchten Beate Hoyer und Andreas Reichlin nicht: "Uns ist es wichtig nachhaltig zu wachsen, professionell zu arbeiten und nicht mit der Masse gehen", so Reichlin. Ganz bodenständig wollen sie ihre kreativen Visionen für den Feuerring ohne Zeitdruck umsetzen. Mittlerweile hat ihre Idee zahlreiche Nachahmer gefunden, die Andreas Reichlin aber gelassen zur Kenntnis nimmt. "Die Plagiate sind schlicht Grills, jeder Feuerring ist hingegen ein skulpturales Einzelstück von hoher Qualität", sagt er.

Beate Hoyer und Andreas Reichlin