Salone del Mobile 2022 – Review EuroCucina
Die Essenz der Küche
Nach einer Pause von vier Jahren ist sie wieder da, die EuroCucina, die sich im Zweijahresrhythmus mit der Euroluce auf dem Salone del Mobile abwechselt. Mittlerweile ist viel passiert und so war man gespannt darauf, was die 23. Ausgabe der Internationalen Küchenmöbelausstellung zu bieten hatte. Die Fläche mit 16.000 Quadratmetern und 82 AusstellerInnen war entsprechend gut besucht und endlich konnte man die Produktneuheiten der HerstellerInnen nicht nur am Bildschirm betrachten, sondern auch haptisch und im persönlichen Austausch erleben.
Was sich in der Zwischenzeit nicht nur gestalterisch, sondern auch funktional getan hatte, zeigte unter anderem der "X Bo Dampfbackofen" von Bora, mit dem der Kochfeld- und Dunstabzugsspezialist nun auch eine Kombination aus Dampfgarer und Backofen anbietet, die durch einen Dunstabzug ergänzt wird. Das sorgt für freie Sicht im Inneren des Geräts, während die Steuerung über ein großes 19-Zoll-Touchdisplay erfolgt. Kochen soll damit wie ein Smartphone funktionieren, wozu voreingestellte Programme und eine intuitive Nutzerführung beitragen.
Ähnlich nutzerorientiert ist der "Combisteamer V6000 Powersteam" von V-ZUG, der ebenfalls ein Touchdisplay bietet. Das Gerät, bei dem ein vollwertiger Kombidämpfer mit einer Mikrowellennutzung kombiniert wird, bietet mit seinem multifunktionalen Ansatz eine große Vielfalt an Zubereitungsmethoden und das Versprechen, Kochen für jeden zugänglich zu machen. Dabei reflektierte der von der italienischen Architektin und Designerin Elisa Ossino entworfene Messestand mit einer Installation des Künstlers Stefano Roveda und des Sounddesigners Stefano Messina das Zusammenkommen von Technik und Natur: "Die Technologie von V-ZUG ist auf Dampf und Wasser aufgebaut. Wenn man darüber nachdenkt, ist das die Grundlage des Universums, des Lebens", so Ossino über das Konzept.
Wie professionell es beim Kochen in den eigenen vier Wänden zugehen kann, zeigten die von Antonio Citterio für den italienischen Hersteller ISA entworfenen Schockfroster, Kühltruhen, Kühlschränke und Kühlregale von "Hizone" sowie der Schockkühler "Minimatic". Dafür verband Citterio moderne Technologie mit der Ästhetik einer Möbelkollektion. Das zeigt sich unter anderem an den Glasfenstern mit ihren feinen weisen Linien, die den Blick ins Innere freigeben. So machen die einzelnen Geräte sowohl im professionellen Bereich als auch in der eigenen Küche eine gute Figur. Ihre Bedienung erfolgt hier ebenfalls über ein Touch-Display.
Auch bei Alpes Inox kamen Professionelles und Privates zusammen, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen: Die Edelstahlküchen bringen einen Industrielook ins eigene Zuhause, wie etwa die Kollektion "Liberi in cucina", ein System von unabhängigen Elementen, mit dem sich die Küche frei bespielen lässt. Dazu können unterschiedliche Funktionen wie Spüle, Kochen, Arbeitsbereich, Kühlung oder Lagerung modular miteinander kombiniert werden. Das ermöglicht eine Konfiguration in Blöcken, aber auch eine freistehende Anordnung der einzelnen Module. Die Küche wird so zum räumlichen Spielfeld, das verschoben, verändert, neu konfiguriert und ergänzt werden kann.
Dass sich nicht nur Bereiche wie Wohnen und Kochen, sondern auch Außen- und Innenräume immer stärker überlagern, beweisen die verschiedenen Outdoorküchen auf der EuroCucina. Ein Beispiel ist die Kollektion von Barazza, deren Herzstück die freistehenden "Thalas"-Kochfelder sind – ein Name, der sich aus der griechischen Mythologie ableitet. Hinzu kommen Mehrzweckabdeckung für die Kochfelder, die nicht nur als Schutz dienen, sondern auch als Ablage oder für den Transport von Speisen genutzt werden können. Die minimalistich gestalteten Spülen und quadratischen Becken der Kollektion gibt es in verschiedenen Größen und Einbaumöglichkeiten. Sie werden allesamt aus dem witterungsbeständigen Edelstahl AISI 316 gefertigt, der zusätzlich vor Korrosion durch salzige Meeresluft schützt.
Ganz kompakt präsentierte sich die Kollektion "Small Living Kitchens" von Falper, die ihr Portfolio an hochwertigen Badeinrichtungen nun auch auf Küchen ausweiten. Diese setzten sich aus Inseln, Schränken und Hochschränke zusammen und sollen den Komfort sowie die Funktionalität großer Küchen auf deutlich weniger Fläche ermöglichen. Die modularen Elemente können frei kombiniert und im Raum positioniert werden. Auch hier dient die Wohnzimmereinrichtung als Vorbild, was sich unter anderem an der Materialität wie etwa dem aufwendigen Holzmaserungsfurnier der Oberflächen oder den Schubladen aus massivem Nussbaumholz zeigt.
Mit der Optimierung von Raum beschäftigten sich auch Beyond Space beim Entwurf von "The Cookery" – zum Beispiel in Form einer etwas höheren Arbeitsplatte, die zusätzlichen Platz schafft. Als kleine und kompakte Insel mit einer Größe von 2,45 × 0,93 Metern konzipiert, bietet "The Cookery" deshalb so viel Stauraum wie eine Standardküche. Hinzu kommen Details wie die Positionierung des Wasserhahns, wodurch die Spüle von zwei Seiten genutzt werden kann. Die Küchenschränke werden aus HPL gefertigt, während die Arbeitsplatte aus vier Millimeter dickem Edelstahl besteht. Hinzu kommen acht Farboberflächen und individuelle Optionen bei der Geräteauswahl.
Das nicht nur räumliche Effizienz, sondern auch eine gelungene Gestaltung wichtig sind, zeigte next125 auf der EuroCucina exemplarisch – zum Beispiel durch besondere Farben und Lackoberflächen, die hier mit einer kubischen Formensprache, hochwertigen Materialien und einer präzisen Verarbeitung kombiniert werden. Hinzu kommen minimalistische Griffschalen, gleichfarbige Arbeitsplatten und filigrane Aluminiumfußgestelle in Onyxschwarz, die für eine schwebendes Erscheinungsbild der Küchen sorgen. Dafür hat next125 sein Farbkonzept umfangreich überarbeitet und bietet nun 18 neue Satin- und Samtmattlacktöne sowie drei Farbkategorien, die elegante Farbzusammenstellungen ermöglichen.
Skulptural und auf das Wesentliche reduziert gibt sich die "NU Hyper Kitchen" von Nero Cucine, die sich aus zwei freistehenden Elementen zusammensetzt, in der sich alle wichtigen Funktionen der Küche bündeln. Das System besteht aus einem vertikalen und einem horizontalen Körper, wobei Ersterer mit Edelstahlpaneelen verkleidet ist. Der horizontale Monolith weist dagegen eine fast körperlos erscheinende Oberfläche aus getöntem Glas und eine darauf schwebende Arbeitsplatte aus italienischem Cipollino Verde Marmor auf. Diese lässt sich aufklappen, wodurch sich die "NU Hyper Kitchen" in eine Kücheneinheit verwandelt. Im geschlossenen Zustand wirken die Elemente wie Ausstellungsstücke, mit denen die Küche zur Kunstgalerie wird.
Auch beim Salone Satellite, der Nachwuchsplattform des Salone del Mobile, gab es dieses Jahr neue Impulse für die Küche – zum Beispiel in Form des Systems "ilo+milo" von Dedaleo, eine Serie an spielerischen Modulen, die sich an verschiedene Räume und Bedürfnisse anpassen können. Sieben freistehende Elemente können hier zu einer Kücheninsel kombiniert werden, die als Herzstück des Systems dient. Dazu zählen auch Elemente mit einer halbkreisförmigen Arbeitsplatte, die zusammengenommen zu einem runden Tisch umfunktioniert werden können. Die einzelnen Elemente werden dabei in eine sichtbaren Stahlrohrstruktur eingefügt, die "ilo+milo" ein filigranes Erscheinungsbild verleiht.
Das Wesen der Küche thematisierte der experimentelle Entwurf "NPK01", den chmara.rosinke auf der Plattform Alcova im ehemaligen Militärkrankenhaus Centro Ospedaliero Militare di Baggio präsentierten. Dabei stellten sich die DesignerInnen die Frage, wie heutige Küchen in Bezug auf Funktion, Ergonomie, Technik und Ästhetik gestaltet werden können. Mit einer grafischen und reduziert-spielerischen Formensprache ist "NPK01" eine Art Archetypus, der sich aus beweglichen Modulen zusammensetzt und dabei Aspekte wie Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft oder den Wandel in der Art und Weise wie wir kochen, thematisiert.
Eine besonderes Küchenhighlight war die Installation "A Statement of Form" von Gaggenau im Glaspavillon der Villa Necchi Campiglio, die mit dem Marmorspezialisten Salvatori und der Keramikmanufaktur Kaufmann entstand. Eingebettet in Live-Talks und das Live-Cooking von Drei-Sterne-Koch Christian Jürgens, war die Installation ein beliebter Treffpunkt auf dem Salone del Mobile. Gäste wurden dort von einem hängenden und sanft schwingenden Marmorregal und einer durch einen Zylinder gestützten Arbeitsfläche als Symbol der Balance begrüßt. Hinzu kam eine linear angeordnete Arbeitsfläche, die als Blickachse durch die ganze Installation verlief. Dabei bildete "A Statement of Form" den Transformationsprozess des Rohmaterials in ein fertiges Produkt ab und stellte damit zur Schau, was die Essenz der Küche ausmacht – eine Frage, die auf der diesjährigen EuroCucina auf vielfältige Weise beantwortet wurde.