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Außerirdisch bauen

Klassisches Baumaterial ist im All bekanntlich schwer zu beschaffen – warum also nicht das Gestein des Weltalls für eine Architektur auf dem Mond nutzen? Für dieses Experiment haben WissenschaftlerInnen der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) einen ungewöhnlichen Weg gefunden.
05.07.2024

Ihre Lösung: Klemmbausteine aus Meteoritenstaub. Als Basis für die Prototypen diente ein 4,5 Billionen alter Meteorit, der vor 20 Jahren in Nordafrika auf die Erde stürzte. Die Bruchstücke des kosmischen Festkörpers werden zu Staub zermahlen und mit Polymilchsäuren sowie Regolith-Simulant vermengt, einem irdischen Material, das dem Gestein des Erdmondes ähnelt. Mittels 3D-Druck wird aus diesem Gemisch ein robustes Element gefertigt, das in seiner Form dem klassischen Klemmbaustein gleicht – die "ESA Space Bricks". Diese sollen nun als Inspiration für die Gestaltung von Startplattformen und Unterkünften dienen, die AstronautInnen zukünftig bei ihrer Forschungsarbeit auf dem Mond nutzen könnten. "Unsere Teams arbeiten an der Zukunft der Raumfahrt und lassen sich nicht nur von dem inspirieren, was über uns ist, sondern auch von dem, was wir auf der Erde finden können. Noch nie hat jemand eine Struktur auf dem Mond gebaut, daher müssen wir herausfinden, wie wir sie bauen und woraus wir sie bauen, da wir keine Materialien mitnehmen können. Mein Team und ich lieben kreatives Bauen und wir hatten die Idee, zu erforschen, ob Weltraumstaub zu einem Stein geformt werden kann, der Lego-Steinen ähnelt, damit wir verschiedene Bautechniken testen können. Das Ergebnis ist erstaunlich und obwohl die Steine etwas rauer aussehen als gewöhnlich, funktioniert die Klemmkraft immer noch, was es uns ermöglicht, unsere Designs spielerisch zu testen.", so ESA-Wissenschaftsbeauftragter Aidan Cowley. Die "ESA Space Bricks" werden noch bis zum 20. September 2024 in ausgewählten Lego-Filialen und dem Lego House im dänischen Billund ausgestellt.

Der Wunsch auf dem Mond und Mars menschliches Leben zu ermöglichen, ist ein Langzeitprojekt der ESA: Bereits vor über zehn Jahren entwarf Foster+Partners in Kooperation mit der Europäischen Weltraumorganisation ein Mond-Habitat, das mittels einer Rakete kompakt transportierbar sein soll und ein geschlossenes Ökosystem böte. Für den Schutz der aufblasbaren Kuppel würden Schichten aus Regolith dienen, die auf dem Mond mittels 3D-Druck aufgetragen werden. Das Architekturstudio SOM setzte für ihre Vision in Kooperation mit der ESA und DozentInnen des Massachusetts Institute of Technology hingegen auf aufblasbare Wohnmodule, die auf dem Mond zu einem Dorf zusammengefügt werden sollen. Auch die NASA (National Aeronautics and Space Administration) forscht an der Platzierung eines 3D-Druckers auf dem Mond und erkundet parallel die Eigenschaften von Myzelien, die auch unter den extremen Bedingungen im All entlang eines Gerüstes wachsen könnten. Aktuell testet darüber hinaus ein interdisziplinäres Team das Leben und Arbeiten unter marsähnlichen Bedingungen im 3D-gedruckten Trainingsraum "Mars Dune Alpha" im Johnson Space Center in Houston. Die Struktur aus zementbasiertem Lavacrete wurde in Kooperation mit dem Architekturbüro BIG und dem Bautechnikunternehmen ICON entwickelt. (am)

ESA x LEGO space bricks