10.03.2014
Martina Metzner: Sie haben schon einige Objekte für Ligne Roset entworfen. Nun auch ein Sofa. Wie kam es dazu?
Philippe Nigro: Wir haben miteinander gesprochen, was in der Kollektion fehlt. Daraus entstand die Idee, ein ganz besonders komfortables Sofa herzustellen. Irgendwann kamen wir auf die Idee der Hülse, die sich um etwas schließt, als natürlichen Schutz. Es passt auch sehr in den Geist und die Haltung von Ligne Roset. Sie haben schon immer Sofas vorgestellt, die besonders niedrig und auch komfortabel sind wie etwa „Togo“. Ich habe dieses Know-how, diese Kompetenz von Ligne Roset respektiert und es auf die heutigen Ansprüche der Zeit übertragen. Für mich ist es das wichtigste Stück, was ich bisher für Ligne Roset entworfen habe.
Welche besonderen Anforderungen gab es bei „Cosse“?
Ich habe für „Cosse“ mit Kontrasten gespielt, zwischen Zukunft und Vergangenheit, zwischen hart und zart, zwischen den starren Holzbeinen und dem sehr weichen Polster. Mir war es sehr wichtig, dass der Schaum besonders soft ist. Was Polsterungen angeht, ist Ligne Roset sehr kompetent. Es ist nicht einfacher Schaum, der hier verarbeitet wurde, sondern Schaumstoffringe, die ineinander geschlungen sind. Ein sehr komplexes System.
Das Sofa „Ploum“ von den Bouroullecs geht ja in eine ähnliche Richtung, was die Formensprache, aber auch den Sitzkomfort anbelangt.
Ja es geht in diese Richtung, es hat etwas von einer Schale. Und es ist ebenso vom Boden abgehoben, wirkt dadurch leicht. „Cosse“ ist aber strukturierter, hat definierte Sitz, Arm- und Rückenlehnen, während „Ploum“ stärker eine Art Insel darstellt, weniger strukturiert.
Wird die Serie noch erweitert, zum Beispiel um einen Sessel?
Vielleicht, wir schauen. Aber möglicherweise ist es als Sessel zu ausladend. Es gibt aber noch den „Pouf“, den haben wir auf der imm cologne noch nicht, aber er ist in Produktion.
Wie ist es, mit Ligne Roset zu arbeiten?
Es ist immer eine großartige Erfahrung. Sie sind ein sehr kompetentes Unternehmen, vor allem was Polstermöbel angeht. Ich lerne dabei unheimlich viel von ihnen. Und wir sind uns auch sympathisch. Ich arbeite mit Michel Roset zusammen. Er ist der von den vier Roset-Brüdern, der sich am stärksten um die Produktentwicklung kümmert.
Sie sind Franzose, leben und arbeiten aber vorwiegend in Mailand. Erleichtert der gemeinsame kulturelle Hintergrund die Zusammenarbeit?
Ich lebe mittlerweile zu zwei Dritteln der Zeit in Mailand und zu einem in Paris, pendele also viel. Ich habe lange Zeit für Michele De Lucchi gearbeitet. Dann habe ich mich 2003 selbstständig gemacht, wollte aber unbedingt in Mailand bleiben, da ich weiterhin von diesem Standort profitiere. Auch wenn ich in Frankreich studiert habe – die wahre Schule war für mich, mit De Lucchi zusammenzuarbeiten. Ich fühle mich sehr reich, diese beiden Visionen zu haben, die italienische wie auch die französische. Ligne Roset ist für mich die französische Marke, die dem italienischen Design am nächsten kommt. Auch weil sie sehr innovativ arbeiten, viele neue Dinge ausprobieren. Natürlich nicht ohne auch eher Klassisches anzubieten. Es gibt wenige Anbieter in Frankreich, die in ihrer Kollektion sowohl „Design“-Stücke wie auch bürgerliche Stilrichtungen beinhalten. Ligne Roset hat für meine Auffassung diese Kompetenz.
Sie haben zwölf Jahre mit Michele De Lucchi zusammengearbeitet. Haben sie aus der Zeit gewisse „Design-Grundsätze“ mitgenommen?
Sicher. Und zwar bei jedem neuen Projekt zu versuchen, von Neuem anzufangen. De Lucchi hat auch keine Angst davor, ein Projekt abzubrechen, wenn es nicht geht – und eben wieder von vorne anzufangen. Das habe ich gelernt. Aber auch die Art der Recherche, die Neugier.
Bei Stylepark sind etwa 50 Produkte von Ihnen gelistet. Ihre bislang vorgestellten Entwürfe zeigen eine große Varianz in der Formensprache.
Das habe ich auch von Michele gelernt. Die Rolle des Designers ist natürlich, etwas zu entwerfen, was komfortabel und funktional ist. Aber eben auch zu begreifen, für und mit wem du da arbeitest. Ich habe „Cosse“ so gemacht, weil es für mich zu Ligne Roset passt. Das gleiche Prinzip habe ich bei meiner Arbeit für Hermès angewandt. So arbeite ich: Ich versuche zu verstehen, wer Ligne Roset, wer Hermès ist, was diese Marken ausmacht. Die DNA der Firma. Ich finde es nicht gut, dass man immer erkennt, welcher Designer ein Produkt gestaltet hat. Also, dass ein Produkt eine spezielle Handschrift trägt.
Ich habe allerdings ein Element entdeckt, das immer wieder bei Ihren Entwürfen auftaucht: Lamellen. Etwa bei „Flax“ oder „Stripes“ für Ligne Roset oder auch „Nuage“ für Foscarini.
Ja, in der Tat. Aber auch das Verschachteln. Diese Elemente habe ich tatsächlich bei einigen Produkte umgesetzt. Ich will mich aber darauf nicht festlegen, sonst werde ich eines Tages nur das machen können. Das ist ein Recherchethema für mich, und auch wenn ich es für einige Hersteller gemacht habe…irgendwann wird es auch langweilig, nicht?
Was haben Sie für Hermès gemacht? Wie war die Zusammenarbeit?
Wunderbar. Wirklich wunderbar. Es waren kleine Objekte, kleine Tische, Spiegel, Kästchen. Es gibt wenige Firmen, die solch‘ eine Material- und Produkt-Recherche betreiben. Das ist das Wunderbare bei Hermès: Dass man mit solch‘ tollen Materialien arbeiten kann. Mit Massivholz, Metallen, Leder, per Hand bearbeitet, genäht. Dieses Niveau von Verarbeitung, von Qualität, von Handwerkskunst, das ist einzigartig bei Hermès. So wie es früher einmal war. Hermès hat viel Qualität – aber auch Humor, Ironie. Das ist nicht so sichtbar. Es gibt viele versteckte Dinge, Funktionen, hoch aufwendig, das macht den Unterschied zu solchen Marken wie etwa Louis Vuitton. Man gibt sich unheimliche Mühe fürs Detail. Ich habe ihr Archiv besucht, in Paris. Dort sind all die Sachen, die der Gründer von Hermès, Thierry Hermès, von seinen Reisen rund um die Welt mitgebracht hat. Es ist unheimlich interessant und unterhaltsam miteinander zu arbeiten, in diese Welt einzutauchen.
Letzte Frage: Können Sie uns schon einen kleinen Vorgeschmack auf Ihre nächsten Projekte geben?
Es sind alles Dinge, die noch nicht bestätigt sind. Vasen für einen italienischen Hersteller. Und etwas mit Carrara Marmor. Eine Installation für den Salone. Und auch wieder etwas für Hermès.
www.philippenigro.com
www.ligne-roset.de
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