Anlässlich der Messe Maison&Objet in Paris, die sich Ende Januar über die acht Hallen des Ausstellungszentrums Villepinte im Norden der Stadt erstreckte, zeigten namhafte internationale Hersteller, aber auch kleine Designbüros Interior Design – von Möbeln, über Textilien, Glas- und Keramikwaren bis hin zu Designobjekten an der Grenze zur Kunst. Dabei bewiesen zahlreiche Aussteller viel Feinsinn für harmonische Farbkombinationen, Materialien und Inszenierungen.
Die Maison&Objet ist freilich auch ein Spiel mit Kontrasten und Dimensionen. Mit übergroßen Vasen und Barockimitaten aus Kunststoff führen einige Aussteller das Thema Design ad absurdum und in der ein oder anderen Halle fühlt sich der Besucher – inmitten künstlicher Raubkatzen und plüschiger Mischwesen aus Affe und Vogel – eher wie in einem Kuriositätenkabinett als in einer zeitgenössischen Designschau. Ebenso unerwartet öffnet sich ihm dann jedoch ein gleißend weißer Raum mit sprichwörtlich erhellender Wirkung.
Wie lässt sich Licht materialisieren? – fragte sich der Designer Tokujin Yoshioka schon zu Beginn des „Crystalized Project" im Jahr 2007. Nun präsentierte er in auf Hochglanz polierten Aquarien seine daraus hervorgegangenen Gebilde – natürlich gewachsene, reinweiße, glitzernde Kristallformationen. Von der Messe zum „Designer des Jahres" gewählt, zeigte der Japaner offensichtlich bewusst keine Produktinnovation, sondern überraschte mit Erfindungen der Natur – zufällig entstandenen und außergewöhnlich schönen Formen, auf die der Mensch keinen Einfluss hat.
An Yoshiokas Installation grenzt die Halle „now!". Ihr Titel unterstreicht den Aktualitätsbezug der dort gezeigten Produkte, auch wenn sich häufig eine Rückbesinnung auf Altbewährtes erkennen lässt, vor allem auf eine Ästhetik der Einfachheit. So präsentierte beispielsweise der dänische Hersteller Hay zahlreiche kleinteilige Küchen-, Bad- und Büroartikel aus natürlichen Materialien und in simplen, fast archetypischen Formen. Doch die Dänen überraschten auch mit Kuriosem, wie Masken aus Pappmaschee oder mit Federn besetzte Kugelschreiber, und versetzten einen mit diesem Sortiment ein übers andere Mal in die Atmosphäre von Flohmärkten.
Einige Meter weiter überzeugte auch das spanische Designkollektiv PCM mit einer Kombination aus zeitgemäßer, industriell anmutender Formensprache und traditionellen Handwerkstechniken. So belebten sie mit dem Projekt „Reused History" – einer Kollektion aus gravierten Vasen und Kannen, die in Zusammenarbeit mit Tomas Kral und der Königlichen Glasfabrik La Granja de San Ildefonso in Segovia entstanden – eine seltene Glasbläsertechnik aus dem 18. Jahrhundert wieder.
Altes wiederverwerten – darum geht es auch dem Teppichhersteller „private 0204", ebenfalls aus Dänemark, indem er aus handgewebten, ausrangierten Stoffen einzigartige Teppiche macht. Mit wenigen Mitteln hergestellt, ist das Ergebnis ein poetisches Produkt, das klassische Vorstellungen von Schönheit hinterfragt. Die handgemachten Keramiken des italienischen Studios „Potomak" erscheinen ebenfalls reduziert, weisen Spuren der Herstellung auf und zeigen, wie ästhetisch das Imperfekte sein kann.
Wie alle Konsumgütermessen wirft auch die Maison&Objet die Frage auf, welche Objekte ein Haus tatsächlich gemütlich machen. Was empfindet man als komfortabel, was gar als Luxus? Ob es Söckchen sein müssen, die nun Oskar Zietas Metallhocker „Plopp Family" zieren, muss wohl jeder selbst entscheiden. Bei zahlreichen jungen Designern kann man indes feststellen: Der Luxus zeitgenössischen Designs liegt nicht selten im Natürlichen, Bewährten und Einfachen.