In einem Großraumbüro zu telefonieren hat seine Tücken. Standardgespräche gehen noch, aber wehe die Konversation dreht sich um komplexere geschäftliche Themen oder private Details. Besonders großes Geschick in der Dialogführung benötigen jene, die noch ein Schnurtelefon haben. Bei Telefonaten mit heiklem Inhalt gilt es die Diskussion so zu führen, dass man die entsprechenden Schlüsselworte selbst nicht ausspricht. Alternativ bleibt nur herumzudrucksen oder den Gesprächspartner auf später zu vertrösten. Sitzt der Telefonierende am Rand des Büros, kann er sich vielleicht noch etwas schützend in Richtung Wand oder Fenster drehen. Besser haben es all jene, die ein tragbares Telefon besitzen. In diesem Fall bietet sich die Möglichkeit in das nächste freie Besprechungszimmer oder den Büroflur auszuweichen - wobei man den Schalleffekt von Korridoren nicht unterschätzen sollte. Im Notfall bleibt so manchmal nur die Flucht aus dem Haus anzutreten.
Das zeitgemäße Büro präsentiert sich so offen wie möglich. Vernetzung und Kommunikation sind in der Arbeitswelt von heute bestimmend. Selbstverständlich wird in Teams an Plattformen gearbeitet, kurze Wege zwischen Arbeitsgruppen garantieren den konstanten Informationsfluss. Bei so viel Offenheit und Dynamik gilt es dennoch, den schmalen Grat zwischen Kommunikation und Konzentration zu wahren, die hehre Vertraulichkeit zu gewährleisten und den stressenden Lärmpegel so gering wie möglich zu halten. Verbessern lässt sich die Raumakustik mit Vorhängen, Teppichen, Deckenabhängungen, Wandverkleidungen und mobilen Stellwänden. Erfahrungsgemäß stechen jedoch vor allem jene Akustikmöbel ins Auge, mit deren Typologie Designer in den letzten Jahren auf unterhaltsame Weise experimentiert haben: „Workbay" ist wohl der erste Bürostuhl, der an eine Friseurhaube erinnert; zwei gegenübergestellte „Alcove Highbacks" formen einen äußerst gemütlichen und geschützten Raum im Raum; „Workshelter" bietet Ruhe suchenden Denkern Asyl.
Das Thema Raumakustik aufgreifend, präsentierten auf der Orgatec 2010, eine der international wichtigsten Messen für Bürogestaltung, mehrere Hersteller Telefonhäuschen für das Großraumbüro, die an die gute alte Telefonzelle erinnern. Die „#003 PhoneBox" von Axia Design für Prooff sieht fast eins-zu-eins wie jene oberkörperhohe Telefonstation aus, die früher in öffentlichen Räumen wie Bahnhöfen, Flughäfen oder Messegeländen allgegenwärtig war. „Phoneboot" von Luke Pearson und Tom Lloyd für Bene könnte von den geschlossenen Telefonzellen inspiriert sein, wie sie bis vor wenigen Jahren noch zum alltäglichen Straßenbild gehörten. Und Ronan&Erwan Bouroullec entwarfen für Vitra sogenannte „Communal Cells", akustisch dämmende Wandmodule, aus denen sich neben Garderoben, Druckerinseln und Getränkeküchen auch Telefonzellen errichten lassen.
Die Wände der neuartigen Telefonhäuschen sind ähnlich wie Akustikpaneele aufgebaut. Plattenkonstruktionen werden erst mit Schaumstoff und dann mit Textilien bezogen, sei es Filz oder gängige Möbelstoffe wie etwa „Cava", „Divina" oder „Hallingdal" von Kvadrat. Die gepolsterten Oberflächen absorbieren den Schall nicht nur innerhalb der Akustikmöbel, sondern dämpfen die Geräuschkulisse im gesamten Großraumbüro. Führt man ein Gespräch in Richtung Rückwand, hört man von außen zwar die Stimme, kann jedoch die Worte nicht verstehen.
Mit dem Siegeszug von Mobiltelefonen sind die Telefonzellen weitestgehend aus den öffentlichen Räumen verschwunden - und nun tauchen sie in einer Abwandlung wieder im Büro auf. Früher dienten sie primär der Bereitstellung des Telefonapparats, jetzt lockt das Telefonhäuschen mit ein wenig Privatsphäre - auch wenn damit garantiert nicht das letzte Wort zum Thema Büroakustik gesprochen ist. Einen Charme- und Nostalgiebonus haben die neuen Telefonhäuschen für das Büro alle Mal. Noch dazu, wo sie jetzt nicht mehr wetterfest in kühlen Stahl-Glas-Konstruktionen daher kommen, sondern sich als Indoor-Variante in kuscheligem Stoff präsentieren.