Gottfried, Peter, Paul, Stefan, der über allem schwebende Dominikus und die gute Seele Elisabeth – was für eine Familie! Eine Architektendynastie – so meinen wir – in der seit Generationen alles rund läuft: erfolgreich, harmonisch, produktiv. Und so deutet Gottfried im Film „Die Böhms – Architektur einer Familie“ voller Vaterstolz vom Riesenrad der Deutzer Kirmes in Köln auf die Großprojekte seiner Söhne: die Arena von Peter, die Moschee von Paul. Natürlich blickt der Film auch auf die legendären Projekte des Vaters, wir besuchen den Mariendom in Neviges und erleben, wie Gottfried in dem von ihm entworfenen Bensberger Rathaus nach einer Sitzgelegenheit sucht. Schön, diese Projekte in solch filmischer Ruhe zu sehen.
Konkurrenz der Brüder
Doch der Film widmet sich nicht allein den gebauten Projekten, sondern bringt den Zuschauer ganz nah heran an das Familiengeschehen der Böhms. Der junge Regisseur Maurizius Staerkle-Drux ist ein Freund der Familie und sieht in Gottfried Böhm „trotz des hohen Altersunterschieds einen im Geiste gleichaltrigen, neugierigen und beeindruckenden Künstler.“ Mehr als zwei Jahre hat Staerkle-Drux mit der Familie zusammengelebt und gefilmt. Er nimmt den Zuschauer mit ins Wohnzimmer und an den Zeichentisch. Dort erlebt man, dass auch im Familienunternehmen Böhm nicht alles so harmonisch läuft. Es ist zwar eine Familie, aber es sind vier eigenständige Büros – und vor allem vier sehr eigensinnige Charaktere. „Irgendwie hat sich der Paul da reingedrängt“, hört man Peter fluchen, „und ich brauch’ dringend Aufträge.“ Ganz klar sieht er die Brüder als konkurrierende Unternehmer. Und Paul bestätigt: „Vielleicht ist es sogar die gleiche Situation, wie als Zehnjährige.“ Peter sagt von sich, er habe manches anders gemacht, als seine Brüder – dabei ist es eigentlich Stephan, der sich architektonisch am weitesten von den familiären Wurzeln entfernt hat. Er baut viel in China, lässt sich mitreißen von der dort herrschenden Dynamik. Als aber die Projekte ins Stocken geraten, wirkt er verloren, sitzt einsam in der Bauruine, statt mit den Brüdern beim Abendessen.
Der Einfluss des Vaters
Wie das so ist mit Familien: Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Nähe und Distanz zu finden, ist schwierig. Und die Muster wiederholen sich über die Generationen hinweg. Sind sich doch Peter, Paul und Stephan einig, dass das Verhältnis zum Vater schwierig ist. „Er mischt sich ein“, erklärt Paul. Und Stephan: „Mein Vater hätte es gerne gesehen, wenn wir in seinem Sinne weitermachen.“ „Mein Vater hat mich immer schon als Nachfolger gesehen. Ich hatte Angst davor und wollte Bildhauerei machen“, sagt allerdings auch Gottfried über seine Anfänge unter Dominikus. Ein Statement des ersten Enkels der Architektur studiert, wäre an dieser Stelle sicher ebenso interessant gewesen, wie eines von Sohn Nummer vier, Markus, der eigentlich Informatiker gelernt hat, aber nun als Maler Bauwerke – auch der Familie Böhm – mitgestaltet.
Fixpunkt der Familie
Der Film aber konzentriert sich auf die Architekten-Kernfamilie. Deren eigentliche Hauptfigur ist aber diejenige, die nie als eigenständige Architektin gearbeitet hat: Elisabeth. Ihre Altersdemenz, die Fürsorge ihres Mannes Gottfried und ihr Sterben werden gezeigt. Das ist an einigen Stellen vielleicht zu intim, aber auch sehr versöhnlich. Liebevoll und voller Bewunderung bezeichnen alle die Mutter als Inspirationsquelle, ihre Kritik als essentiell für die Architektur des Vaters und ihre Erziehung als entscheidenden Einfluss auf die Söhne. Und so ist der Film „Die Böhms – Architektur einer Familie“ auch ein Denkmal für die Frau, die sich keine Denkmäler gebaut hat, aber deren Seele sicher in allen Gebäuden der Familie Böhm steckt.
Der Film „Die Böhms – Architektur einer Familie“ läuft ab dem 29. Januar läuft in den Kinos. www.realfictionfilme.de