Der Schauraum von Nanimarquina, Spaniens führendem Unternehmen für Designerteppiche, liegt an Barcelonas berühmter Avinguda Diagonal und war früher eine Parkgarage. Wer ihn aus dem hektischen Großstadttrubel kommend betritt, taucht ein in eine fast märchenhaft anmutende textile Wunderwelt aus Farben und Formen, Mustern und Texturen. Staunend nimmt man zur Kenntnis, mit wie wenigen Eingriffen sich ein so unwirtlicher Ort in eine Oase der Wohnlichkeit verwandeln lässt. Und während man noch denkt, dass sich die atmosphärische Wirkungsmacht von Teppichen kaum eindrücklicher unter Beweis stellen lässt, steht man schon ganz im Bann der verführerischen optischen und haptischen Reize, die von den auf dem Boden liegenden oder an den Wänden hängenden Teppichkreationen von Nanimarquina ausgehen. Wer dann noch das Glück hat, in diesen wunderbaren Hallen der Patronin, Gründerin und Namensgeberin des Unternehmens zu begegnen, deren freundlich-einnehmendes Wesen sich in ihren Produkten zu spiegeln scheint, der ist dem Charme der Marke endgültig erlegen. Angefangen hat alles 1987. Nani Marquina, Jahrgang 1952, die nach einem Designstudium an der Massana Schule in Barcelona zunächst im Architektur- und Designstudio ihres Vaters Rafael Marquina mitarbeitete, gelang 1974 mit der Gründung des Einrichtungsgeschäft „Self-Decor" der Schritt in die Selbstständigkeit. Im Zusammenhang mit ihren innenarchitektonischen Aufträgen stand sie in der Folgezeit immer wieder vor dem Problem, auf dem Markt keine Textilien und Teppiche finden zu können, die ihren Vorstellungen entsprachen. Also machte sie aus der Not eine Tugend und begann Mitte der achtziger Jahre eigene Textilentwürfe zu kreieren, die sie zuerst noch von Fremdfirmen fertigen ließ. Ermutigt von einer positiven Resonanz gründete sie 1987 das Unternehmen Nanimarquina zur Herstellung und zum Vertrieb von Heimtextilien mit einem Schwerpunkt auf Designerteppichen. In Spanien, so sagt sie, habe damals nichts Vergleichbares existiert. Schon bald erregten die Entwürfe von Nanimarquina auch international Aufmerksamkeit und das Unternehmen begann seinen bis heute anhaltenden Wachstumskurs. Noch immer gehören übrigens textile Accessoires - etwa die Stoffschalen „Potten" oder die Tagesdecke „Déloyé" - zum Sortiment der Firma. Zu den entscheidenden Schritten in der Entwicklung des Unternehmens gehörte die 1993 erfolgte Verlagerung eines Großteils der Produktion nach Indien. Das hatte zum einen natürlich ökonomische Gründe, zum anderen aber auch eine sachliche Berechtigung. Denn bekanntlich ist Indien ein Land mit uralter und hoch entwickelter textiler Tradition, in dem handwerkliche Techniken beherrscht und sorgfältig gepflegt werden, die anderswo nie verbreitet waren oder längst ausgestorben sind. Die handwerkliche Herstellung der Teppiche, bei der teils traditionelle, teils neuartige Techniken angewandt werden, hat einen wesentlichen Einfluss auf den Charakter der Kollektion. Sie eröffnet eine formale Flexibilität und ermöglicht eine experimentelle Herangehensweise, wie sie bei einer rein industriellen Produktion kaum zu erreichen wären. Nanimarquina legt übrigens großen Wert auf eine faire Bezahlung ihrer indischen Produzenten. Sie gehört zu den Gründungsmitgliedern der von rund 450 internationalen Textilunternehmen getragenen Organisation „Care&Fair", die sich gegen Kinderarbeit in der Teppichindustrie von Pakistan, Indien und Nepal engagiert, sowie Bildungs- und Sozialeinrichtungen fördert. In diesem Zusammenhang sei auf einen der charmantesten Entwürfe aus der aktuellen Kollektion verwiesen: Der Teppich „Kala" geht auf Zeichnungen indischer Schulkinder zurück und der Erlös aus seinem Verkauf kommt in vollem Umfang dem Bau einer neuen „Care&Fair"-Schule in Indien zugute. Die Teppiche von Nanimarquina stehen für eine Verbindung von zeitgenössischen Gestaltungsideen und handwerklichen Herstellungsmethoden. Verarbeitet werden - vom Teppich „Bicicleta", der aus recycelten Fahrradschläuchen besteht, einmal abgesehen - praktisch nur Naturmaterialien, vorwiegend Schurwolle und gefilzte Wolle, daneben aber auch Baumwolle und Jute. Die meisten Entwürfe stammen von Nani Marquina selbst beziehungsweise von der hauseigenen Designabteilung. Dabei verfügen die Designer über ein bemerkenswert breites gestalterisches Repertoire, das Inspiration aus der Natur, aus der Kunst, aus dem traditionellen Teppichdesign und nicht zuletzt aus der Berührung mit der indischen Kultur bezieht. Schon seit vielen Jahren arbeitet Nanimarquina auf der Entwurfsebene aber auch mit externen Kräften aus Kunst und Designs zusammen. Zur aktuellen Kollektion etwa haben Martí Guixé, Tord Boontje, Michael Lin, Ron Arad, Javier Mariscal, Emili Padrós, Ana Mir, Martín Azúa, Gerard Moliné und andere mehr eigene Entwürfe beigesteuert. Für die kommende Maison&Object ist die Präsentation der neuesten Kollektion „Losanges" von Ronan und Erwan Bouroullec angekündigt.
Die 1001 Farben der Nani Marquina
von Mathias Remmele | 16.01.2011
Video: Creations by nanimarquina
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Losanges von Ronan und Erwan Bouroullec