Designers' Saturday 2016
Spielerisch und inspirierend
Nach Langenthal ist vor Langenthal. Diese aus dem Fußball entlehnte Weisheit trifft ganz gut die Gefühlslage am Tag nach der Rückkehr aus dem schweizerischen Design-Mekka. Die Freude über ein wieder mal großartiges und inspirierendes Gesamterlebnis macht der Vorfreude auf die nächste Edition (wohlgemerkt erst in zwei Jahren) Platz. Immer wieder bewegt einen die Frage, was genau die Faszination dieses Hybrids aus Messe, kuratierter Sonderausstellung, Werksbesichtigung und Netzwerkveranstaltung ausmacht.
Was genau ist es also, das auch an diesem grauen November-Wochenende wieder Tausende und Abertausende Besucher – vom Kleinkind bis zum Rentner – in diesen kleinen und eher unauffälligen Ort in der Nähe von Bern lockt? Zunächst einmal scheint es eine wundersame Mischung aus Schweizer Präzision, Gastfreundschaft und spielerischer Lockerheit zu sein, die die Menschen in ihren Bann zieht.
So wird man etwa an der Station City Centre von der Präsentation des Schweizer Grill-Herstellers Feuerring begrüßt und überrascht, dessen Stahlelemente sich zu Skulpturen unterschiedlichster Art zusammenfügen. Es wird gegrillt, auf den Stahlringen musiziert, das Material Stahl auf poetische Weise neu interpretiert. Kurz gesagt: Es entsteht eine Atmosphäre, die weit über eine gewöhnliche Produktpräsentation hinausgeht und die den Besucher hinter die Fassade des Unternehmens blicken lässt.
Überhaupt geht es hier weniger um die Produkte selbst, sondern um die Haltung und Philosophie, die die DNA des Unternehmens bilden. Die besten Inszenierungen schaffen genau dies, mal auf ganz spielerische Weise wie bei Dietiker, die ihre Stühle von der Decke hängen lassen und die Besucher zum Schaukeln einladen (dafür gab es zurecht den Ersten Preis für die beste Präsentation) oder wie bei Horgenglarus, für die die Hürlemann AG (ehemals Studio Hannes Wettstein) Fabelwesen aus Holz- und Stuhlresten gebaut hat. Bei Intertime findet man sich in einer vom atelier oi geschaffenen Zirkuswelt samt Popcorn und Karussell wieder, Dornbracht und Alape lassen aus Stelen Bälle aus Schaum aufsteigen (Simon Husslein) – und bei Bauknecht unterhalten sich zwei Waschmaschinen über Fluch und Segen moderner Technik.
Spielerische Leichtigkeit mit humoristischem Augenzwinkern – das zieht sich durch viele Präsentationen. Man schaukelt (außer bei Dietiker auch bei Sattler Leuchten), staunt (in der wunderbar-poetischen Welt aus Licht, Textil und Film bei Création Baumann oder auf der Inspirationsinsel von Ruckstuhl). Man taucht in neue Welten ein (Raum-in-Raum von Moritz Schmid für Kvadrat), schlängelt sich durch Labyrinthe (Rolf Benz) oder schaut hinter die Prozesse der Produkte (Ribag und Inchfurniture). Ein weiteres Highlight ist die Kooperation mit den wichtigen Design-Hochschulen des Landes. Die kreative Einbindung des Nachwuchses gelingt besonders überzeugend bei Ruckstuhl, wo sich die ECAL Lausanne ihre ganz eigene und spektakuläre Interpretation des Rohstoffes Textil vorgenommen hat.
Dazwischen stärkt man sich zwischen Webstühlen und Hochregallagern in improvisierten Pop-Up-Restaurants, in denen die Mitarbeiter der Gastgeber sichtbar stolz werkeln. Es entstehen zwanglose und zugleich fokussierte Gespräche – und nicht zuletzt für den Fachbesucher (die meisten davon sind Architekten und Innenarchitekten) vielfältige Anregungen für das eigene Schaffen.
Am Ende bleibt eine Mischung aus Staunen, Euphorie und Glücksgefühl – und nicht zuletzt die Vorfreude auf die nächste Edition.