RESTAURANT
Mit allen Sinnen
Anna Moldenhauer: Was war das Briefing, wenn es eines gab?
Franky Rousell: Die Idee hinter "The Nest" war es, ein multisensorisches, nachhaltiges Restauranterlebnis zu schaffen, das als urbaner Rückzugsort im Herzen Frankfurts dient. In Zusammenarbeit mit meinem unglaublichen Team haben wir ein Design entworfen, das von den luftigen, eklektischen Lokalen in Tulum und Kalifornien inspiriert ist und eine Atmosphäre der Flucht und Entspannung inmitten des städtischen Trubels bietet. Wir haben uns von Lokalen wie dem Elliots in London, der Gjelina Group in L.A. und dem Sereneco in Brooklyn inspirieren lassen, das von unserer Designerin Emma Flowers entworfen wurde. Die Inneneinrichtung setzt auf sensorische Designelemente wie Geräuschkulissen, natürliche Düfte und eine visuelle Ästhetik, die die Natur mit einbezieht, um das Gesamterlebnis des Essens zu verbessern und das Wohlbefinden der Gäste zu fördern.
Wie haben Sie die multisensorischen Erlebnisse für die Gäste bei "The Nest" umgesetzt?
Franky Rousell: Als Studio legen wir bei jedem Projekt den Schwerpunkt auf sensorisch orientiertes Design. In Zusammenarbeit mit Sarah Wakefield, der Kreativdirektorin von Jolie, und Emma Flowers, der leitenden Designerin, waren unsere Entscheidungen für "The Nest" darauf ausgerichtet, eine luftige, entspannte Atmosphäre zu schaffen, die alle Sinne anspricht. Im Mittelpunkt steht eine auffällige Bar aus rotem Glanz und Naturstein, die den Raum prägt und sowohl funktionalen als auch ästhetischen Zwecken dient. Sie zieht nicht nur die Blicke auf sich, sondern unterstreicht auch die Identität des Restaurants als lebendiger sozialer Treffpunkt. Die haptischen Elemente sind so gestaltet, dass sie Komfort und Luxus ausstrahlen. Die Sitzbänke sind weich und einladend und ermöglichen lange, gemütliche Mahlzeiten und gute Unterhaltungen. Oberflächen wie der kühle rosafarbene Marmor an der Bar, Naturholz und weiche Textilien im Lounge-Bereich im Freien regen zum Berühren an und tragen zu einer ruhigen und doch raffinierten Umgebung bei. Der sorgfältig zusammengestellte Klangteppich besteht aus einer Mischung von Ambient-Musik, die die visuelle Ästhetik ergänzt und die Atmosphäre vom morgendlichen Kaffee bis hin zu den entspannten Cocktails am Abend unterstützt. Diese akustische Landschaft trägt dazu bei, dass die gesamte sensorische Reise unterstützt wird, anstatt sie zu übertönen. Der Essbereich und die Bar sind mit einer Mischung aus Sandelholz, Bergamotte und Zitrusfrüchten aromatisiert, die für ihre beruhigende Wirkung bekannt sind.
Nach welchen Kriterien haben Sie die Materialien, Farben und Möbel ausgewählt?
Franky Rousell: Unsere Materialwahl für "The Nest" wurde strategisch ausgewählt, um die Ziele des Projekts – Nachhaltigkeit, sensorische Erfahrung und Anpassungsfähigkeit – angesichts der besonderen Beschränkungen des Standorts und der Designambitionen zu erreichen. (Anmerk. der Redaktion: Der Bau oberhalb einer Tiefgarage stellte strukturelle Herausforderungen aufgrund von Gewichts- und Belastungsbeschränkungen.) Wir haben uns für Kalkfarbe und Tadelakt entschieden, weil sie natürlich sind, wenig VOC enthalten und eine ästhetische Oberfläche haben, die die Textur und Tiefe der Oberflächen hervorhebt. FSC-zertifiziertes Holz wurde verwendet, um Wärme und ein taktiles Element zu schaffen, das den Tastsinn anspricht, was bei einem auf die Sinne ausgerichteten Design unerlässlich ist. Steinelemente verliehen dem Raum einen Hauch von rauer Schönheit, während die Polsterung aus hochwertigem Martindale für Langlebigkeit und Komfort sorgt.
Ihre Herangehensweise an die Innenarchitektur und ihre Wirkung auf den Menschen ist forschungsbasiert – was erforschen Sie derzeit?
Franky Rousell: Wir arbeiten kontinuierlich mit NeurowissenschaftlerInnen aus allen Bereichen der Sinneswissenschaften zusammen, um über die neuesten Berichte und Erkenntnisse in diesem speziellen Bereich auf dem Laufenden zu bleiben. Außerdem entwickeln wir derzeit zusammen mit einem Tontechniker und Komponisten unsere eigene Jolie-Klangwelt, die auf der Grundlage unserer bisherigen Forschungsergebnisse die Geschichte und das Ethos einer Marke durch eine emotionale Ansprache der NutzerInnen vermitteln soll. Dies wird in Kürze auf den Markt kommen.
Was sind die ersten Schritte, wenn Sie ein neues Projekt beginnen?
Franky Rousell: Bei jedem Projekt beginnen wir mit der Erkundung der Zielgruppe, auf die der Raum ausgerichtet ist, und legen die Stimmung fest, die wir in jeder der Zonen bei den BesucherInnen erzeugen wollen. Daraufhin beginnt eine Forschungsphase, in der wir uns in die Bedürfnisse der einzelnen NutzerInnen hineinversetzen, um sie zu verstehen und herauszufinden, wie sie trinken, essen, tanzen, wie sie Musik und Marken nutzen usw. Anschließend verbinden wir dies mit aktuellen sozialen, ökologischen und politischen Themen, die für diesen Nutzer von Bedeutung sind, um sicherzustellen, dass der Raum eine Bedeutung hat und dass die NutzerInnen sich gesehen und gut versorgt fühlen. Dieser Prozess fließt in alle unsere Einrichtungsentscheidungen ein und ist der Startschuss für den Innenarchitekturprozess.
Sie gestalten auch Arbeitsplätze – wie wohnlich sollte Ihrer Meinung nach eine Arbeitsatmosphäre heute sein?
Franky Rousell: Wir sind definitiv der Meinung, dass eine Arbeitsatmosphäre heute wohnlicher und einladender sein sollte! Wir wissen, dass sterile White-Box-Büros nicht dazu geeignet sind um produktiv zu sein, und diese Erkenntnis wurde zunehmend erkannt und in moderne Arbeitsräume integriert. Nach der Pandemie konnten wir beobachten, dass Hotellobbys für die Arbeit an entfernten Standorten umfunktioniert wurden, was den Wunsch nach dem Komfort signalisiert, an den sich viele von uns während der Arbeit im Home Office gewöhnt haben. Dieser Trend hat bei einigen KundInnen zu einer "Hotelisierung" des Arbeitsplatzes geführt, die sich durch eine lockere Kleiderordnung, echte Pflanzen und weiche Möbel auszeichnet, die mit einer klaren, anspruchsvollen Ästhetik kombiniert werden. Durch die Einbeziehung von Elementen des Gastgewerbedesigns können wir einen Hauch von heimischem Luxus und ein Gefühl von Rückzug und Freiheit vermitteln. Dieses "Members Club"-Gefühl vermittelt auch den Eindruck von Bedeutung, Prestige und Exklusivität und entspricht den neuen Erwartungen der jungen Generationen. Die AuftraggeberInnen gehen inzwischen bis weit über die Basis-Anforderungen hinaus, um den Arbeitsplatz in ein Erlebnis zu verwandeln, beispielsweise mit Kaffeebars, Cafés, Clubräumen auf dem Dach, Terrassen, Duschen und Umkleidekabinen.
In welchem Umfang nutzen Sie KI-Tools?
Franky Rousell: Wir sind gerade dabei herauszufinden, wo sich der Einsatz von KI in unseren Designs eignet. Wir haben unser eigenes internes CGI-Angebot bei Jolie, das es uns ermöglicht, unsere kreativen Gedanken an unsere KundInnen weiterzugeben, das aber sehr stark von unserem talentierten DesignerInnenteam gestaltet und gesteuert wird. Wir wissen, wie KI bestimmte Prozesse beschleunigen kann, damit unser Unternehmen ein hohes Arbeitspensum bewältigen kann. Bei Jolie legen wir großen Wert auf eine individuelle Herangehensweise und verwenden daher derzeit keine KI zur Generierung unserer Bilder. Was die Texte anbelangt, so werden diese von unserem Marketingteam und direkt von unseren DesignerInnen und dem CEO gestaltet, um auch hier ein individuelles Profil zu zeigen. Wir behalten diesen Bereich der Entwicklung in der Branche im Auge und werden sicherlich bestimmte Anwendungen ausprobieren, sobald sich das Angebot gefestigt hat.
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