Bären haben es in der Werbung noch schwerer als Hunde. Als Wesen der freien Natur sind sie einfach zu groß und zu wild, als dass sie friedlich unter einem Dach mit uns leben könnten. Trotzdem werden sie medial gern mit anthropomorphen Zügen versehen und zu einem meist freundlichen alter ego des Menschen gemacht, das seine Wildheit nach Belieben einzusetzen weiß. Weshalb sonst belohnt der Bärenpapa seinen Bärenjungen, der gerade ein prima Zeugnis nach Hause gebracht hat, mit einem Ausflug zu McDonald's? Ja, zu McDonald's. Wie das geht? Nun ja, die beiden erschrecken einfach Touristen, die offenbar in ihrem Auto in einem Nationalpark unterwegs sind – und zufällig Pommes der bekannten Burgerbraterei dabei haben. Der Papa brüllt, mimt den wilden Bären, die Menschen fliehen, und am Ende wird das Gefährt auch noch auf den Kopf gestellt, weil sich am Boden, wie er dem Sohnebär erklärt, immer noch ein Stück frittierte Kartoffel finden lässt. Und was sagt uns das, was die Agentur Leo Burnett 2011 für den amerikanischen Markt zusammengebastelt hat? Nun ja, Bären sind nett, sie belohnen ihre Kinder, wenn ihre Leistungen stimmen – und am besten tut man das, wenn man sie zu McDonald's einlädt. Nur das mit dem Auto sollten die Menschenväter schön bleiben lassen. Das dürfen nur Bären in Werbespots. Im normalen Leben werden sie dafür erschossen – die Bären. Aber in der Werbung sind Tiere ja (fast) immer nett. Bären können aber auch anders. Das heißt, sie müssen Kostüme tragen, um uns zu Diensten zu sein. So will es zumindest ein Spot von Volkswagen, der von der Agentur DDB ersonnen wurde. Ein Mann mit Brille, Typ Intellektueller, der nicht weiß, wo's langgeht, steht buchstäblich im Wald – es ist ein etwas seltsamer Kindermärchenwald samt kleiner Straßenlampen –, da taucht plötzlich ein Bär mit einem Presslufthammer auf. Weshalb das kluge Tier das tut? Aber klar. Nicht, weil er die Straße aufhämmern will, sondern weil der – durch das Vibrieren – den Verirrten zurück auf den rechten, sprich sicheren Weg bringt. Genau wie das „Lane Assistent"-System von Volkswagen. Autowerbung ist manchmal ziemlich umständlich. Der Bär, der für „Tulip Liver Pate" vor die Kamera tritt, gibt sich da schon wesentlich zivilisierter. Wie es schmeckt, das Pastetchen, das nun weniger Fett hat, wird er, der ausgewiesene „Meatlover" gefragt. Gut, es schmeckt wirklich gut, sagt er ganz freundlich, doch die Kamera macht ihn verlegen. Am Ende reicht es ihm in dem Spot von & Co., der 2009 in Dänemark ausgestrahlt wurde, dann doch mit der blöden Fragerei. Es gibt einen weiteren, ähnlichen Spot mit einem Krokodil, aber das macht seine Sache längst nicht so gut wie der Bär. Wenig lustig ist der Spot für das Elektroauto „Nissan Leaf", den die Agentur Tbwa\chiat\day 2010 für die Vereinigten Staaten produziert hat. Ein Eisbär sitzt auf einer kleinen Eisscholle. Sein Lebensraum schmilzt dahin. Er macht sich auf den Weg, gelangt in eine Stadt, schließlich in eine schmucke Vorstadt, wo er dem Fahrer eines Elektro-Nissans um den Hals fällt, um ihm für seine Hilfe zu danken. Mehr falsches Pathos und Heuchelei geht kaum. „Innovation for the Planet, Innovation for All" lautet die entsprechende Botschaft. Dass es auch drastisch geht und die Welt eben nicht wie niedliche Werbefilme funktioniert, zeigt ein ganz anderer Spot von Stupidplanet. Hier fallen die Eisbären gleich reihenweise leblos vom Himmel, schlagen auf der Straße auf, zertrümmern Autos und bleiben als blutige Fleischberge mitten in der Stadt liegen. „Bei einem Flug in Europa werden im Schnitt 400 Kilogramm Treibhausgase pro Passagier produziert ... das entspricht dem Gewicht eines ausgewachsenen Eisbären." Mit der Dankbarkeit der Bären ist es eben so eine Sache. In unserer Reihe zu Tieren in der Werbung sind bisher erschienen:
› „Der beste Freund des Menschen" über Hunde
Der kluge Bär hat’s schwer
von Thomas Wagner | 11.01.2012
McDonald`s Papa Bear
McDonald`s Papa Bear
Volkswagen Lane Assist
Tulip Liver Pate
Nissan Leaf
Stupidplanet Polar Bear