Foto © Julian Baumann für Euroboden
Schwabing Ende Juli, die Sonne heizt die warme Sommerluft weiter auf. Ein heller Tag mit weitem Ausblick. Stefan F. Höglmaier, Gründer von Euroboden, sitzt in einer mit Zirbenholz ausgekleideten Nische in dem Penthouse seines Hochbunkers. Die verglaste Schiebetür steht weit offen, der Wind weht den waldigen Geruch des Englischen Gartens in die Koje – und erfrischt die Köpfe ein wenig. „Hier können wir gut arbeiten“ ruft Höglmaier freudig aus und bittet zu ihm an den großen Tisch, der fast die komplette Nische ausfüllt. Für eine Stunde kann er die Dreharbeiten zum Film an seinem neuen Projekt mit David Adjaye unterbrechen. Er trägt ein unkonventionelles Sakko mit einem T-Shirt darunter, dazu eine verspiegelte Mykita Brille – und sieht darin eher nicht so aus, wie man sich den typischen Bauträger vorstellt. Sein Look ist nicht nur persönliches Bekenntnis zu Mut in modischen Angelegenheiten, sondern hat auch etwas Programmatisches. Diese Auffassung liegt nahe – schließlich ist Höglmaiers Kleidungsstil ein erstes Indiz für das freigeistige Denken bei Euroboden. Oder anders herum: Wer Euroboden verstehen will, muss Stefan F. Höglmaier kennen lernen.
Schon früh entdeckt Höglmaier seine Leidenschaft für Architektur, weist seine Mutter bei Streifzügen durch die Stadt auf besondere Fassaden hin und verschlingt jedes Wochenende wie ein Besessener den Immobilienteil der Süddeutschen Zeitung. Nach seinem Abitur folgt ein fünfjähriges Intermezzo als Immobiliendienstleister, bis es schon so weit ist: Mit nur 24 Jahren gründet Höglmaier das Unternehmen Euroboden als erste Architekturmarke der Bauträgerbranche. Er beginnt mit der Sanierung von Mehrfamilienhäusern in Haidhausen, „manche von ihnen hatten noch außenliegende Toiletten, das muss man sich mal vorstellen“, und wagt sich Stück für Stück an größere Projekte. Heute, 16 Jahre nach der Gründung von Euroboden, kann der Selfmade-Mann auf viele Erfolge zurückblicken – ein ganz besonders gelungenes Beispiel hat er im Juni vergangenen Jahres selbst bezogen. Euroboden hat einen Hochbunker in die Hand genommen, saniert und transformiert. Schon immer stellte der abweisende Klotz aus der NS-Zeit eine städtebauliche Dominante dar. Nun ist er eine befriedete Landmark für das ganze Viertel und Höglmaiers Paradestück. Das Gebäude steht beispielhaft für vieles, was Euroboden auszeichnet. Bei dem Unternehmen, das die gesamte Wertschöpfungskette von der Projektentwicklung über die bauliche Umsetzung bis zur Vermarktung in seiner Hand hält, fallen zunächst zwei Aspekte auf: Die Fähigkeit, starke Visionen zu entwickeln und seine große Lust, gewisse Wagnisse einzugehen.
Davon, dass Euroboden gerade der architektonischen Verhandlung mit dem bereits Bestehenden eine hohe Beachtung zukommen lässt, zeugen viele Preise, die das Unternehmen in den letzten Jahren für seine Projekte gewinnen konnte – und letztlich auch der normative Leitbegriff von Euroboden – „Architekturkultur“. Damit das Unternehmen seinem selbst gesteckten Anspruch gerecht wird, hat Höglmaier die innerbetrieblichen Schlüsselpositionen fast ausschließlich mit langjährig erfahrenen Architekten besetzt. Die internen Architekten operieren als Projektmanager und betreuen hochkarätige, externe Architekturbüros, die aus Wettbewerben, den sogenannten „Pitches“, erfolgreich hervorgegangen sind. Die architektonische Expertise ihrer Mitarbeiter ermöglicht es Euroboden, die jeweils beauftragten Büros enger zu führen und somit finanzielle und architektonisch-ästhetische Aspekte eines Bauvorhabens stärker miteinander zu verzahnen. Folglich werden die vielfach bekannten Diskrepanzen, die bei größeren Projekten sehr häufig auftreten, minimiert. Die Lust, mit erstklassigen Architekten zusammen arbeiten zu wollen, gewürzt mit einer Prise Verwegenheit, ist es, die Euroboden dahin gebracht hat, wofür sie heute bekannt ist: Als Architekturkenner in der Bauträgerbranche. Ihre vielen unterschiedlichen und stets anspruchsvollen Gebäude sind der beste Beleg dafür.
Wir kommen auf den Shootingstar der britischen Architektur-Szene zu sprechen, David Adjaye. Als das Haus der Kunst in München dem in Tansania gebürtigen Briten im Frühjahr diesen Jahres eine große Werkschau gewidmet hat, war Höglmaier nur wenige Tage nach Ausstellungseröffnung vor Ort. Höglmaier stellt seine Anerkennung für den sozialen Kontext der Architektur von Adjaye heraus. Es ist ein Schlüsselmoment des Gesprächs. Er erzählt, wie begeistert er die Modelle des von der Öffentlichkeit umgarnten Architekten inspizierte. Bis es schließlich förmlich aus ihm heraussprudelt: „Ich fand diesen Architekten schon immer toll und freue mich, ihn endlich in Deutschland bauen lassen zu können.“ Er wirkt dabei etwas verschmitzt und gleichzeitig ziemlich stolz, wohl wissend, dass er mit Adjaye einen Coup gelandet hat. Nur 150 Meter zum Englischen Garten und 150 Meter zur U-Bahn gelegen, ermöglicht Höglmaier das erste Neubauprojekt des internationalen Shootingstars in Deutschland. Höglmaier steht nun auf dem Dach des Hochbunkers, über ihm nur der hellblaue, klare Sommerhimmel. In der südöstlichen Ecke der Terrasse ist ein Aussichtsfernrohr montiert. Es verleitet zu einem kleinen scherzhaften Gedanken am Ende der Begegnung: Ob Höglmaier damit versucht, neue Möglichkeiten in München und im Umland auszuspähen? „Das ist ja eine lustige Vorstellung“ sagt er mit einem Lächeln im Gesicht, „nein, damit gucke ich vor allem in die Berge. So komme ich runter, nach einem stressigen Tag.“ Dann lacht er.