Frei schwingen
Anna Moldenhauer: Stephen, wie kam die Zusammenarbeit mit Dedon zustande?
Stephen Burks: Das Unternehmen Dedon habe ich 2011 kennengelernt, bei einem Treffen auf dem Salone del Mobile in Mailand. Zu der Zeit wurden meine Arbeiten gerade unter dem Titel "Man Made" im Studio Museum in Harlem ausgestellt, mit ihnen habe ich die globale Wirtschaft des Kunsthandwerks erforscht. Die Textilien von Dedon werden von einer kleinen Manufaktur auf den Philippinen per Hand gefertigt, das war für mich angesichts der Perfektion der Ausführung sehr überraschend. Wir hatten also direkt einen Draht zueinander.
Was fasziniert dich an der Erforschung von internationalen Handwerkstraditionen?
Stephen Burks: Ich denke wir können Design nicht als eine ausschließlich westliche Angelegenheit betrachten. Kulturen auf der ganzen Welt kreieren im Rahmen ihrer Traditionen Design und die Handarbeit spielt dabei eine entscheidende Rolle. Ich suche nach Wegen das System aus einer unabhängigen Perspektive zu betrachten und mit diesem zu interagieren. Die Frage, die sich mir stellt, ist wie wir diese schützenswerten Traditionen über die Verbindung zur Industrie in die Zukunft bringen können.
Die Dedon Faser wird bei deinem Hängesessel "KIDA" um die Struktur gewickelt statt gewebt, warum hast du dich dafür entschieden?
Stephen Burks: Das Briefing von Dedon hat mir nur die Aufgabe übertragen über einen schwingenden Stuhl nachzudenken, alles Weitere konnte ich frei entwickeln. Dieser große Spielraum für kreative Experimente ist ein Geschenk, da ich so die Freiheit hatte die weiche Dedon Faser "touch" erstmalig nicht um die Struktur zu flechten, sondern zu wickeln. Der Hängesessel sollte möglichst leicht und unbeschwert wirken und diese Art die Faser zu verarbeiten hat mir die Möglichkeit gegeben die Form zu öffnen.
Wie kann ich mir die Zusammenarbeit zwischen dir und Dedon für "KIDA" vorstellen?
Stephen Burks: Ich werde stark von Begegnungen inspiriert und in der Zusammenarbeit für "KIDA" kam ich mit einer Handvoll Skizzen in das Werk von Dedon um mir die Struktur und die Faser anschauen, die Farben in natura sehen. Das war ausschlaggebend. Unsere Zusammenarbeit gleicht einem Workshop und ich lerne jedes Mal dazu – sei es bei "KIDA" oder den vorherigen Entwicklungen wie den Lounge-Elemente "DALA" oder der Kollektion "AHNDA" mit Sessel, Hochlehner, Sofa, Hocker und Kaffeetisch. Der offene Prozess und die gemeinsame Arbeit mit dem Team von Dedon prägt auch das Resultat.
Neben den neutralen Farbvarianten gibt es mit "glow touch" eine mehrfarbige Version, warum hast du dich dafür entschieden?
Stephen Burks: Ich fühle mich sehr von Farben angezogen, da sie uns helfen unsere Umgebung und uns selbst zu beleben. Möbel sollen auch Spaß machen, Freude schenken. Mit Hilfe der Farbe kann man diesen Gedanken gut transportieren.
Du bist Industriedesigner und Architekt. "Wie sehr wirkt sich dein architektonisches Wissen auf deine Designs aus?
Stephen Burks: Die Architektur beeinflusst mich sehr stark. Was ich aus der Lehre für meine jetzige Arbeit übernommen habe ist die Idee der Logik, über die Struktur erkennen zu können wie ein Gebäude aufgebaut ist. Vor allem die Objekte und Bauten des Bauhauses und der Moderne faszinieren mich. Produkte, die wir nicht verstehen, halten uns auf Distanz und über die Klarheit lässt sich ein Bezug zum Menschen herstellen. Struktur, Klarheit und Logik sind wichtige Grundpfeiler für mich in meiner Arbeit. Ich könnte mir auch gut vorstellen einmal ein Haus zu entwerfen, das mit großen Glasflächen sanft in die Landschaft übergeht, am liebsten an der spanischen Costa Brava. Und im Garten schwingt dann "KIDA". (lacht)
Weitere Leitprinzipien in deiner Arbeit sind die Themen Ökologie und Nachhaltigkeit – wie zeigt sich das in deiner Arbeit für Dedon?
Stephen Burks: DesignerInnen haben nicht immer die letzte Entscheidung in Bezug auf Materialien und Produktionsweisen. Daher finde ich es wichtig von Vorneherein Hersteller für die Zusammenarbeit auszuwählen, die sich aktiv mit dem Thema der Nachhachhaltigkeit beschäftigen und umweltbewusst agieren. Dedon leistet das. Ich möchte Objekte entwerfen, die den Menschen über Generationen begleiten können, anstatt nach ein paar Jahren auf einer Mülldeponie zu enden. Gerade jetzt, in der Pandemie, schauen wir genauer auf unser Zuhause und mit welchen Materialien und Designs wir uns umgeben wollen. Dieser geschärfte Blick ist auch eine Chance.