Wissensaustausch fördern
Anna Moldenhauer: Warum habt ihr das Format "DDC Women’s Table" gegründet?
Judith Augustin: Die Women of DDC wurden 2019 von sieben weiblichen Mitgliedern des DDC gegründet. Dieser Gruppe war aufgefallen, dass die Gestalterinnen nicht die gleiche Präsenz im Verein hatten, wie die männlichen Kollegen – auf Fotos und Veranstaltungen, aber auch einfach mit Blick auf die Anzahl. Damals lag der Anteil an Mitgliederinnen bei circa 20 Prozent, jetzt sind es etwa 28 Prozent. Die Gestalterinnen waren im DDC schon immer sehr aktiv, wurden aber beispielsweise seltener bei einem Podium berücksichtigt.
Sophie Dobrigkeit: Uns beide hat das Engagement für die Sichtbarkeit von Gestalterinnen auch dazu bewogen, in den Verein einzutreten. Gegründet worden ist das Format für Sichtbarkeit, Mentoring, Unternehmerinnentum und natürlich für den Austausch. Mentoring ist allgemein ein wichtiger Punkt für den DDC Women’s Table, wie auch für unser weiteres Format Learn & Burn.
Was genau bietet ihr im Rahmen von Learn & Burn an?
Judith Augustin: Das DDC Lab for Female Leadership Learn & Burn ist eine Plattform, die wir während eines DDC Women’s Table entwickelt haben und die Frauen ermutigen soll, Führungspositionen einzunehmen sowie in die Selbstständigkeit zu gehen. Darum ging es zumindest bei der ersten Folge, die 2021 stattgefunden hat. Wir haben in mehreren Sprints davor versucht herauszufinden, woran es bei der Karriere von Designerinnen hakt, warum der Transfer in die Führungsposition oft nicht passiert. Aus dieser Fragestellung heraus haben wir ein Programm entwickelt, das aus Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Workshops bestand. Die nächste Ausgabe folgt in 2024 mit einem erweiterten Fokus, da wir Frauen auf jedem Schritt ihrer Karriere abholen möchten.
Sophie Dobrigkeit: Das ist ein Punkt, der uns sehr wichtig ist, denn Mentoring heißt nicht ausschließlich, dass ältere, erfahrene Designerinnen jungen Berufseinsteigerinnen erklären, was zu tun ist. Wir sind davon überzeugt, dass Frauen an jedem Punkt ihres Berufslebens den Austausch untereinander nutzen können und so ist auch unser Programm altersunabhängig konzipiert – für die junge Gestalterin bis zur emeritierten Professorin.
Warum sind Gestalterinnen im Querschnitt weniger sichtbar?
Judith Augustin: Das hat strukturelle Gründe, zum Beispiel werden bevorzugt junge Designerinnen gefördert. Diesen jungen Talenten wird aber parallel nicht gezeigt, was sie aus der Förderung entstehen lassen können. Da kein weiterer Transfer stattfindet, stoßen sie dann recht schnell an eine gläserne Decke und es findet eher eine Rückläufigkeit der Karriere statt. Dazu kommen gelernte Muster – da es weniger Frauen als Männer in Führungspositionen gibt, und weniger Professorinnen, fehlen für den Nachwuchs die weiblichen Vorbilder. Das sind genau die Punkte, an denen wir arbeiten.
Könnt ihr mir ein Beispiel geben, wie ihr Karrieren von Gestalterinnen fördert?
Judith Augustin: Der DDC Women’s Table möchte keinen Bauchladen anbieten, in der sich jede Gestalterin etwas aussuchen kann. Es geht um die Gemeinschaft und den Austausch, denn dadurch entsteht ein enormer Wissenstransfer.
Sophie Dobrigkeit: Die Gestaltungsbranche wirkt innovativ, aber gerade im Bereich Gleichstellung hakt es. Das liegt auch daran, dass die Designer und Designerinnen meist selbstständig oder in sehr kleinen Einheiten arbeiten. Die Gestalterinnen haben somit weniger Zugriff auf entsprechende strukturelle Förderungen, wie es in größeren Unternehmen anderer Branchen der Fall wäre. Wir versuchen diese Struktur herzustellen. Ich habe selbst bemerkt, dass allein der Austausch über die eigenen Fragestellungen mit anderen Gestalterinnen der Lauf über eine erste große Hürde ist. Viele Themen ähneln sich und durch die Kommunikation darüber werden bereits Veränderungen angestoßen.
Das Programm ist sehr vielfältig, was ist euer Fokus?
Sophie Dobrigkeit: Der Ausgangspunkt für die jeweiligen Programmpunkte ist oft, dass wir selbst von etwas begeistert sind.
Judith Augustin: Zu Beginn haben wir uns unter anderem mit den UN Zielen für nachhaltige Entwicklung beschäftigt; überlegt was uns davon interessiert und dazu jeweils Veranstaltungen angeboten – wie zu den Themen Klima, Nachhaltigkeit, Geschichte oder der Ausbildung im Design. Inzwischen hat es sich so entwickelt, dass wir spontan jeweils Themen aufgreifen, die quasi "in der Luft liegen", also gegenwärtig relevant sind.
Wie finanziert ihr euch?
Sophie Dobrigkeit: Das ist eine sehr gute Frage. Der DDC Women's Table wird bisher ehrenamtlich von uns als Gastgeberinnen und Organisatorinnen gestemmt. Wir konnten zumindest für das Learn & Burn Projekt eine Förderung vom Land Hessen erreichen. Durch die Regelmäßigkeit der Veranstaltungen und der Struktur, die wir entwickelt haben, sind die Angebote feste Formate des DDC geworden.
Was sind eure aktuellen Projekte?
Judith Augustin: Unter anderem ein digitaler Book Table im Vorfeld der kommenden Buchmesse, bei dem wir Bücher diskutieren, die in diesem Jahr erschienen sind und an denen Designerinnen beteiligt waren. Dafür laden wir Autorinnen ein, Ihre Werke vorzustellen. Wir werden zudem eine Kooperation mit der Kreativwirtschaft Hessen auf der Buchmesse präsentieren.
DDC Women’s Book Table
9. Oktober 2023
18 bis 19 Uhr
Via Zoom, Anmeldung: Hier klicken