Die Macher des britischen Pavillons haben im zentralen Raum die Verse des Gedichts „Jerusalem“ von William Blake in einer Collage an die Wand gebracht. Foto © Thomas Wagner, Stylepark
|
Das Uhrwerk der Moderne
Von Thomas Wagner
17.06.2014 Die Macher des Britischen Pavillons haben zum Ausgangspunkt ihrer Recherche einen Klassiker gewählt. Fast jeder im Vereinigten Königreich kennt die Verse des Gedichts „Jerusalem“ von William Blake (1757 bis 1827), zumindest in der vertonten Version des Komponisten Hubert Parry (1848 bis 1918). Emerson Lake und Palmer haben sie eingespielt und anlässlich der „Last night of the Proms“ werden sie vom Publikum gern inbrünstig mitgesungen. Blakes Gedicht lautet: Jerusalem And did those feet in ancient time And did the Countenance divine Bring me my Bow of burning gold: I will not cease from Mental Fight, In der deutschen Übersetzung von Bertram Kottmann lautet der Text: Jerusalem Und schritten jene Füße einst Erschien das heil’ge Angesicht Bringt mir den Bogen lohen Golds: Ich lass’ nicht ab vom geist’gen Streit, Ein himmlisches Jerusalem in Englands grünem, schönen Land? Lautet so das geheime Programm einer in sich gespalteten Moderne auf britischem Boden? Ausgehend von in großem Maßstab durchgeführten Architekturprojekten aus den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren, verfolgt die Ausstellung die Entwicklung bis zu den letzten Blüten der oft radikalen britischen Moderne. Diese letzte Blüte ist, wie die Kuratoren Sam Jacob und Wouter Vanstiphout es ausdrücken, in jenem Moment erreicht, als die Ambitionen des Modernismus sozial, politisch und architektonisch ihren Höhepunkt erreichen und zugleich ihr eigenes Scheitern bezeugen. Unter Stichworten wie „Utopia of Ruins“, „Historico Futurism“, „Paleo Motoric“, „Electric Pastoral“, „Concrete Picturesque“ und „The People: Where Will They Go?“ werden denn auch jede Menge seltsamer Blüten vorgeführt. Mal verbindet sich das Faible der britischen Architektur für Ruinen, Gesteinsbrocken mit modernistischen Idealen und dem Wiederaufstieg des Landes aus den Trümmern des Krieges, mal taucht das pagane Stonehenge in neuen urbanen Typologien wieder auf, und mal nimmt man erstaunt zur Kenntnis, wie sich in der Struktur eines Stadtzentrums Pop-art und Konstruktivismus mit dem labyrinthischen Bauplan eines minoischen Palasts mischen. Besonders im Neuen Jerusalem des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg vereinen sich derartige Gegensätze und führen zu einem unverwechselbaren, zuweilen fast surreal anmutenden Modernismus, in dem sich Archäologie und Zukunftsglaube zu einer Art Techno-Pastorale vereinen.
|
Erinnerungen an den Film „Uhrwerk Orange" von Stanley Kubrick werden bei diesem Schriftzug geweckt. Foto © Adeline Seidel, Stylepark
„In Darkest England and the Way Out" von General William Booth. Abbildung © Die Heilsarmee Internationale Heritage Centre
„Leisure in Milton Keynes", Phillip Castle, 1971. Abbildung © Derek Walker
Die Kuratoren mischen Architekturthemen mit Popkultur: „Take Me High", ein Cliff Richard Album Cover von 1973. Abbildung © Parlophone Records Ltd, a Warner Music Group Company
|
„A Vision of Sir John Soane’s Design for the Rotunda of the Bank of England as a Ruin" by Joseph Gandy, 1789. Abbildung © Trustees of Sir John Soane’s Museum
|
Im ersten Raum der Ausstellung: Die britische Moderne als Collage. Foto © Adeline Seidel, Stylepark
|
Unter Stichworten an den Wänden werden dann auch jede Menge seltsamer Blüten vorgeführt. Foto © Robert Volhard, Stylepark
|
„A Clockwork Jerusalem“ lotet eine spezifisch britische Form der Moderne als Nachwirkung der Industriellen Revolution aus. Foto © la Biennale di Venezia
|
Vom Hügel in der Mitte des Raumes kann man die britischen Blüten der Moderne bestens betrachten. Foto © la Biennale di Venezia
|