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Pool des Hotels Romazzino (Foto von 1966)

Die Kolonie des Aga Khan

Ab den 1960er Jahren wurde die Costa Smeralda zum Treffpunkt des internationalen Jetsets – auch dank ihrer aufsehenerregenden Architektur.
26.06.2018

Wie nur wenige andere Orte steht die Costa Smeralda im Norden Sardiniens bis heute in dem Ruf, ein Tummelplatz der Schönen und Reichen zu sein. Ähnlich wie Saint-Tropez steht der Küstenstreifen geradezu sinnbildlich für das sogenannte Jetset der 1960er und 1970er Jahre. Aber anders als der ehemalige Fischerort an der Côte d'Azur entstand die Costa Smaralda mit ihren luxuriösen Hotels und Villensiedlungen ab 1961 als Reißbrettentwurf in einem bis dato praktisch unberührten Landstrich. Treibende Kraft und Aushängeschild des Projektes war eine der glänzendsten Persönlichkeiten der internationalen High Society – Prinz Karim Aga Khan IV. Unter seiner Leitung entstanden das mondäne Städtchen Porto Cervo ebenso wie das 5 Sterne-Hotel "Cala di Volpe", das schon bald nach seiner Eröffnung zum Treffpunkt des Geld- und Hochadels avancierte. Kein Wunder, dass dort 1977 auch ein Mann Quartier bezog, der in den exklusivsten Häusern der Welt zu Hause ist: James Bond, zu dieser Zeit verkörpert von Roger Moore. In "Der Spion, der mich liebte" nahm er von hier aus den Kampf gegen den von Curd Jürgens dargestellten Großschurken Karl Stromberg auf. 

Pokalverleihung bei der Rally Costa Smeralda auf dem Hauptplatz von Porto Cervo (Foto ca. 1980)

Ein eigener Architekturstil für die Costa Smeralda

Spätestens mit diesem Film wurde der besondere "Stil Costa Smeralda" weltweit bekannt: Die Landentwickler um den Aga Kahn hatten in Zusammenarbeit mit einer Handvoll Architekten in den 60er und 70er Jahren eine charakteristische Formensprache für die Neubebauung entwickelt, die dem Feriengebiet bis heute ihren besonderen Charakter verleiht. Die luxuriösen Villen wirken wie Collagen aus einfacher Bauernarchitektur. Ensembles aus mit grobem weißen Putz oder Bruchsteinen verkleideten Baukörpern unter Dachlandschaften aus rotem Ziegeln, höhlenartige Innenräume und unregelmäßige Bogenarkaden – das waren die wichtigsten Merkmale, die fast alle Neubauten aufwiesen. Nele Dechmann hat nun in ihrem soeben erschienenen Buch die aufsehenerregende Architektur der Costa Smaralda ausführlich untersucht und die Besonderheiten dieses mediterranen Amalgamstils beleuchtet. Sie zeichnet ein genaues Porträt der neuen Architektursprache, in der überall entlang des Küstenabschnittes gebaut wurde. Zahlreiche zeitgenössische Fotos illustrieren das Buch. Diese Bilder sind unterhaltsame Zeitdokumente, die die seltene Mischung aus Dörflichkeit und Kosmopolitentum widerspiegeln, welche den neu besiedelten Küstenstreifen in seinen Anfangsjahren auszeichnete. (fap)

Nele Dechmann: Costa Smeralda. Mit einem Vorwort von Vittorio Magnago Lampugnani und Marcel Meili
Park Books, Zürich 2018
312 S., broschiert, 187 farbige und 123 s/w Abbildungen
ISBN 978-3-03860-100-5
38,00 Euro

Die Kirche Stella Maris in Porto Cervo von Michele Busiri Vici (Foto aus den 1970er Jahren)
Veranda eines Zimmers im Hotel Cala di Volpe (Foto von 1966)
Pool des Hotels Pitrizza von Carlo Vietti (Foto von 1966)
Lobby des Hotels Romazzino mit Keramikschmuck (Foto von 1966)
Terrasse eines Gästezimmers im Hotel Pitrizza (Foto von 1966)
Restaurantterrasse im Zentrum Porto Cervos (Foto ca. 1965)
Das Hotel Luci de la Muntagna von Michele Busiri Vici (Foto ca. 1965)