Außen SUV, innen Wohnkathedrale
Hoch, schmal, abweisend, so steht er vor einem, der Wohnturm von Cobe Architekten. Seine Metallfassade erinnert in ihrer Bulligkeit an die Gestalt eines mächtigen SUV oder – aufgrund der vielen Kanten und Knicke – an einen Tarnkappenbomber. Gleichwohl verhilft sie dem Gebäude nicht zur Unsichtbarkeit – ganz im Gegenteil. Denn während sich die Nachbarschaft eher zurückhaltend gibt, glänzt das neue "Silo" silbern und selbstgefällig in der Sonne.
Das siebzehngeschossige Gebäude in Kopenhagens neuem Entwicklungsgebiet Nordhavn war tatsächlich mal ein Getreidesilo. Beton statt Metall prägte seine äußere Gestalt – eine gewisse Verschlossenheit war ihm also schon immer eigen. Verschlossen wirkt die neue Haut aber vor allem aus der Perspektive der Fußgänger. Denn im Grunde ist es nur der Blick nach oben, durch den die Auskragungen der Balkone und die Kanten der Fassade optisch so sehr verdichtet werden, dass der Bau unzugänglich erscheint. Doch der erste Eindruck täuscht. Zumal man vermuten darf, dass die Eigentümer bei Preisen von 530.000 bis 4,3 Millionen Euro pro Wohneinheit – insgesamt sind es 38 mit einer Wohnfläche von 100 bis 400 Quadratmeter – durchaus viel Licht und eine gewisse Großzügigkeit erwarten dürfen.
Es gibt sie denn auch, verbirgt sich das tatsächlich Beeindruckende dieses Umbaus doch hinter der auffälligen Fassade. Cobe Architekten sind nach der Prämisse vorgegangen, die bestehende Substanz zu erhalten und so wenig wie möglich zu verändern. Das Ergebnis sind mitunter kathedralenartige Wohnräume aus rohem Beton und Decken bis zu sieben Meter Höhe, was dem Begriff Loft-Wohnen noch einmal eine ganz neue Kategorie hinzufügt. Belichtet werden die Wohnungen über großzügige Einschnitte in die einstige Außenhaut des Silos.
Dabei überrascht beim Blick nach draußen ein durchaus bemerkenswertes Detail: Den bodentiefen und deckenhohen Fenstern fehlt aus diesem Blickwinkel ein Rahmen. Es scheint nämlich, als schmiege sich die Glasfläche geschmeidig an den Beton, verbirgt sich der Rahmen doch in den Elementen der silbernen Fassade, die auf der Betonhaut angebracht worden sind. Gleichwohl, diese ebenso klugen wie interessanten Details bleiben Außenstehenden verborgen. Dafür kann man sich auf dem Dach des Silos in ein Restaurant begeben und beim Essen den Ausblick über Kopenhagen genießen.