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Thomaz da Silva Lopes Vieira
Mona Makebrandt

NACHHALTIGKEIT
Schlau gesteckt

Mona Makebrandt und Thomaz da Silva Lopes Vieira sind die GründerInnen von ClipHut und bieten ein flexibles Holzbausystem an, das sich einfach montieren und demontieren lässt. Mit nur wenigen Elementen können daraus Architekturen, Möbel, Raumtrenner oder Messestände gebaut werden. Das Konzept erklärt uns Thomaz da Silva Lopes Vieira im Interview.
06.01.2023

Anna Moldenhauer: Die Idee für ein modulare Baukastensystem entstand als universitäres Lehrprojekt 2016 an der Hochschule OWL – im Zuge der Flüchtlingskrise wurden kurzfristig Unterkünfte für eine große Anzahl Menschen benötigt. Du warst damals im Masterstudium Integrated Design (MID). Wie hat sich das Konzept anschließend weiterentwickelt?

Thomaz da Silva Lopes Vieira: Nachdem wir das Projekt in dem universitären Rahmen vorgestellt hatten, kamen viele Anfragen auf uns zu, die Idee als Start-up weiterzuentwickeln. Also habe ich mich dahingehend weitergebildet und das Ganze nahm an Fahrt auf. Mona Makebrandt kam dazu, sie ist Innenarchitektin. Gemeinsam haben wir ClipHut gegründet und begonnen Möbel zu entwerfen, die variabel sind. So konnten wir zu Hause während der Pandemie schnell ein Homeoffice für uns schaffen, inklusive Trennwand. Aus diesem Prototyp haben wir dann ein flexibles, nachhaltiges Möbelset entwickelt, das man jederzeit auf- und abbauen kann und das sich an jeden neuen Raum anpassen lässt. Das System funktioniert unabhängig von den Gegebenheiten des Wohnraumes, weder die Wände noch der Boden werden beansprucht.

Das System besteht ausschließlich aus Holzteilen, die ineinandergesteckt und mit einem Gummihammer fixiert werden, es braucht keine Schrauben und keinen Kleber. Wie erreicht ihr die nötige Stabilität?

Thomaz da Silva Lopes Vieira: Die Stabilität entsteht aus der Verbindung an sich, die funktioniert wie ein Klammergelenk. Der Clip verbindet zudem die Elemente des Stecksystems, ähnlich einem Klemmbaustein. Alle Möbel, egal ob Regal oder Bett, sind aus der gleichen Anzahl Holzteile zusammengebaut, nur die Struktur ist jeweils anders. Man kann also je nach Bedarf ein Möbel auch in ein anderes umbauen.

Mit dem ClipHut-System kann man auch Häuser bauen – wie schützt ihr die Konstruktion vor Feuchte etc.?

Thomaz da Silva Lopes Vieira: Im Grunde entsteht ein Holzhaus, nur das die Primärstruktur mit unserem System gefertigt wird. Dazu kommen die gängigen Isolierschichten, um diese gegen eindringende Feuchte zu schützen. Es gibt hierfür bereits Membranen, die nachhaltig hergestellt werden. Das Grundsystem lässt sich wie ein Gerüst individuell ausstatten und weiterdenken, hinsichtlich der Fassade, des Daches, aber auch mit Blick auf den Innenausbau.

Ihr bezieht die EigentümerInnen von ClipHut mit in den Bau mit ein, als "DIY Projekt" sozusagen. Warum ist euch das wichtig?

Thomaz da Silva Lopes Vieira: Erstens, weil wir glauben, dass man eine andere Art der emotionalen Bindung zu einem Projekt entwickelt, wenn man es mitentwickelt hat. Man weiß das Möbel, das man selbst gebaut hat, mehr zu schätzen. Zweitens steht ClipHut für die Idee des gemeinsamen Bauens. Wenn man ein Haus oder ein Möbel mit Freunden oder Familie baut, schafft man etwas gemeinsam und stärkt somit die Verbindung untereinander.

War der DIY-Ansatz von Beginn an Teil des Konzepts?

Thomaz da Silva Lopes Vieira: Ja, das war eine Bedingung, die ich mir sozusagen selbst auferlegt habe. Ich wollte die Technologie nutzen, um den Prozess der Realisation von Architektur und Möbeln zu vereinfachen. So verwenden wir auch in der Fertigung klassische CNC-Maschinen, keine hochentwickelten Roboter – und alle Verbindungsdetails, die wir verwenden, sollten sich auf einfache und schnelle Weise umsetzen lassen.

Ich denke, das ist ein wichtiger Aspekt, denn was man selbst baut, erzeugt auch Stolz und man zeigt das Projekt gerne. Mit dem Möbelset ließen sich auch weitere Strukturen bauen, wie Messestände, Trennwände, Pavillons – auf welche Ausrichtung wollt ihr in Zukunft einen Fokus setzen?

Thomaz da Silva Lopes Vieira: Unser Fokus liegt aktuell auf der Kreation von Möbeln mit dem ClipHut-System und die weiteren Strukturen sind dann ein zweiter Schritt. Es wäre natürlich toll, wenn wir in einigen Jahren vermehrt auch Häuser sehen, die mit unserem System gebaut wurden. Denn das Schöne ist, dass man die Holzstruktur bei einem Umbau für eine andere Idee weiterverwerten kann. Es entsteht weniger Bauschutt. Zudem könnte man Teile der gebrauchten Struktur auch weiterverkaufen, der Nutzen verfällt nicht so schnell. Wir könnten also auch in der Architektur zu einem Kreislauf beitragen. Das wäre sicher ein Ziel.

Aus welchem Holz besteht das Möbelset?

Thomaz da Silva Lopes Vieira: Wir verwenden Mehrschichtplatten, sprich mit natürlichen Pigmenten gefärbtes MDF. Das Holz muss so nicht nachträglich gefärbt werden, sondern wird bereits in der gewünschten Farbe geliefert.

Wo produziert ihr aktuell?

Thomaz da Silva Lopes Vieira: Wir produzieren in Deutschland, lokal in Ostwestfalen-Lippe.

Du hast in Brasilien Architektur und Städtebau studiert und bist dann für weitere Studien nach Deutschland gekommen – gibt es eine Herangehensweise in der Architektur Brasiliens, die dich inspiriert?

Thomaz da Silva Lopes Vieira: Dank meiner Ausbildung dort habe ich von Anfang an Farben in meine Arbeit integriert. Auch das Engagement mit Hilfe von Design und Architektur das Leben von Menschen zu verbessern ist in dieser Zeit gewachsen. Für mich war "ClipHut" daher mehr als ein Uni-Projekt. Der Ansporn, dass wir mit dem System Unterkünfte für Flüchtlinge bieten könnten, hat uns für die Entwicklung der Idee viel Energie gegeben. Dazu kam mein Interesse für Technologie und die Frage wie man mit dieser besser bauen kann, kostengünstig und mit weniger Materialeinsatz. Ich denke sowohl meine Ausbildung in Brasilien wie in Deutschland hat mich inspiriert und war für ClipHut eine gute Kombination.

ClipHut System Detail