Spannungsvolle Einheit
Eine Moschee, die mit ihrer Architektur die Sehgewohnheiten irritiert: Kein Minarett und nur eine flache, nicht zentral positionierte Kuppel auf einem Betonbau, der von außen betrachtet überraschend geradlinig wirkt. Farblich abgestimmt auf das dunkle Grau der Fassade ist selbst der typische Mondstern als Symbol auf den ersten Blick kaum zu erkennen. Angelo Candalepas von Candalepas Associates Architekten hat für die muslimische Gemeinde des Ortes Punchbowl nahe Sydney ein Gotteshaus entworfen, das die traditionellen Elemente der islamischen Architektur mit modernen Ansätzen kombiniert. So entstand ein spannungsvolles Ensemble aus Rundungen und Kanten auf Basis eines quadratischen Grundrisses.
Im Innenraum des Baus interpretierten die Architekten die traditionellen Muqarnas, sprich Stalaktitengewölbe, – ein Element der islamischen Architektur – in Beton. Die kleinen Halbkuppeln leiten an zwei Seiten des Gebetsraums von den Wänden zur Deckenkuppel über und beschirmen so wie ein Wabengeflecht einen Teil des Saals. Jede von ihnen hat einen kleinen Oculus erhalten, durch den das Tageslicht fällt. Ein Meer von winzigen Lichtpunkten steigt so im Hauptgebetssaal zur Kuppel auf, die ein großes Rundfenster ziert. Über die Holzverkleidung erhält das einfallende Licht eine besonders warme Note, die sich bis in die tieferen Spiraldrehungen aus Beton fortsetzt. Das Gewölbe gibt dem hohen Saal zudem eine höhlenähnliche Anmutung, die den Besucher mit einer ruhigen Atmosphäre empfängt. Abschließend wurde in die Halbkuppeln mit goldener Farbe jeweils eine der 99 Namen Allahs kalligraphiert, die für eine Eigenschaft Gottes stehen, wie "der Erbarmer" oder "der Heilige".
Die traditionelle Trennung der Gläubigen nach Geschlecht haben die Architekten im Innenraum der Moschee mit einem Zwischengeschoss gelöst, das mit vertikalen Holzlatten verkleidet ist. Dank der schmalen Auslassungen zwischen den abgerundeten Hölzern setzt sich das Spiel aus Licht und Schatten von der Hauptkuppel bis in die Winkel der Gebetsräume fort. Bevor die Gläubigen diese betreten, gehört eine rituelle Reinigung zur Vorbereitung. Statt der meist üblichen Platzierung im Hof der Moschee ist der Waschbereich Teil des Gebäudes und wurde von Angelo Candalepas betont reduziert gestaltet: Sichtbeton prägt die langgestreckten Räumlichkeiten. Die Kühle des groben Materials mildern die Architekten hier wie im Hauptsaal mit Akzenten aus hellem Holz ab: Als Verkleidungen der Sitzkuben, der Regalfächer und Türknäufe bietet es das optische Gegengewicht. Die strengen Linien des Wasserabflusses am Boden sowie der nebeneinander aufgereihten Wasserhähne werden von der Wölbung der Decke kontrastiert. Nach der Fertigstellung der Moschee sollen für die Gemeinschaft auf dem Gelände weitere Gebäude entstehen. Um Parkmöglichkeiten müssen sich die Besucher der Moschee darüber hinaus keine Gedanken machen: Unter der Moschee wurde ein großzügiges Parkhaus angelegt.