STYLEPARK BURGBAD
Evolution gestalten
Anna Moldenhauer: Patrick, du hast für burgbad mit "Vry" eine ganzheitliche Bad-Kollektion entworfen, die vom Badmöbel über die Keramik bis zu den Accessoires eine einheitliche Formensprache bietet. Warum war dir das wichtig?
Patrick Frey: Ich könnte mir nicht vorstellen, nur einen kleinen Teil des Ganzen zu gestalten, wie es beispielsweise in der Automobilindustrie oft gehandhabt wird. Ein harmonisches Gesamtwerk lässt sich nur realisieren, wenn man jedes Element designt.
Dein Entwurf für "Vry" wirkt dank des Rahmens aus Aluminium grafisch, der Wechsel zwischen Licht und Schatten ist dabei recht markant. Was war die Inspiration?
Patrick Frey: burgbad hat mir in ihrem Briefing sehr viel Raum gegeben, das war ein schöner Einstieg, denn so konnte ich ohne Reglement frei anfangen. Wenn ich gestalte, versuche ich eine Geschichte zu erzählen und einen Kontrast zu entwickeln, der eine Spannung erzeugt. In meiner Arbeit beschäftige ich mich zudem viel mit der Typografie und wollte quasi den Kontrast zwischen den Schriftarten "Bold" und "Light" in eine Badkollektion übersetzen. Das gegensätzliche Spiel zwischen Linien unterschiedlicher Stärke sowie die jeweilige Wirkung von geschlossenen und offenen Flächen habe ich so versucht miteinander zu kombinieren. Besonders der Wechsel von Licht und Schatten war mir extrem wichtig. Wenn man etwas Grafisches darstellt, ist das oft zweidimensional. Eine Dreidimensionalität lässt sich erreichen, indem die Flächen optisch durchbrochen werden. In diesem Zuge entstehen auch unterschiedliche Qualitäten von Licht und Schatten. Es braucht das Zusammenwirken aus harten Kanten und weichen Verläufen. Wenn das Licht sich verändert, ändert sich auch der Verlauf und die Tiefe des Raumes innerhalb des Objekts. Diesen Effekt finde ich spannend und habe ihn über die Gestaltung in die Kollektion integriert.
Was ich zudem interessant finde, ist wie klein die Radien sind und die Präzision, mit der die Kanten von "Vry" ausgearbeitet wurden.
Patrick Frey: Mein Wunsch war es, mit dem Material Keramik sehr kleine Radien herauszuarbeiten. Das ist eine Herausforderung, und ich bin dankbar, dass Jennifer Albrecht, Produktmanagerin bei der burgbad AG, im Zuge einer umfangreichen Recherche einen technologischen Zulieferer finden konnte, der diese Aufgabe gemeinsam mit uns gelöst hat. Das war der springende Punkt für den Urserienstatus, der als Basis alle weiteren Gestaltungsideen ermöglicht hat. Ich finde das Resultat ist uns ganz gut gelungen.
Warum hast du dich für integrative Funktionselemente entschieden?
Patrick Frey: Ich finde es spannender, wenn man den NutzerInnen die Chance gibt, eine clevere Funktion selbst zu entdecken, anstatt ihnen alles vorzusetzen. Nur so findet auch eine Interaktion der NutzerInnen mit dem Möbel statt. Meine Herangehensweise an Funktionselemente ist daher nicht sofort alles zu zeigen. Beispielsweise habe ich den Schatten in der Sicke genutzt, um dort eine Seitenleiste unterzubringen – die ist praktisch, wird aber auf den ersten Blick nicht wahrgenommen.
An dieser Seitenleiste befinden sich flexible Haken, wie ein Föhnhalter, so dass alle Utensilien stets griffbereit sind. Ebenso bietet "Vry" einen kompakten Aufbau mit ausreichend Ablagefläche, der sich individualisieren lässt. Warum ist es für dich bedeutsam, dass deine Kollektion wandelbar ist?
Patrick Frey: Meine eigenen Gewohnheiten haben sich in den letzten Jahren stark verändert, denn mittlerweile bin ich Vater von zwei Kindern und brauche eine ganz andere Badausstattung als vor ihrer Geburt. Dazu ticken Menschen jeweils völlig unterschiedlich. Manche möchten das grafische Bild von "Vry" nicht zerstören und am liebsten keine Haken anbringen – anderen ist es wichtig, ganz bestimmte Utensilien täglich in Reichweite zu haben. Beide Seiten möchte ich mit meinem Design zufriedenstellen können. Daher war es mir wichtig, den NutzerInnen die Möglichkeit zu geben die Ausstattung von "Vry" im Alltag ein wenig mitzugestalten.
Viele GestalterInnen entscheiden sich bei der Kreation von Badmöbeln für geschlossene Flächen, auch um eine visuelle Ruhe zu erzielen. Warum hast du dich für offene Bereiche entschieden?
Patrick Frey: Die meisten Bäder sind mit einem Durchschnitt von etwa 7,2 Quadratmetern relativ klein. Geschlossene Kisten als Möbel lassen einen kleinen Raum noch beengter wirken. Daher wollte ich "Vry" möglichst offen gestalten. Auch für Gästebäder finde ich diese Variante besser geeignet. Der Stauraum in den geschlossenen Schränken wird meistens nicht komplett genutzt, das große Angebot an Volumen ist daher für mich überflüssig.
Neben der grafischen Version in Schwarz und Weiß hast du eine Ausführung mit einer natürlichen Holzoberfläche gewählt – war deine Idee "Vry" abseits vom Bad auch in weitere Räume integrieren zu können?
Patrick Frey: Ja, mein Traumbad wäre viel offener gestaltet als das bisher in den meisten Gebäuden der Fall ist – keine Wände, quasi in die Wohnfläche integriert. Aktuell ist das Bad noch ein von der restlichen Wohnfläche getrennter Raum. Über die natürlichen Materialien bieten wir eine Option der Auflockerung, denn die Möbel können auch in anderen Räumen platziert sein, ohne sofort als "Badmöbel" wahrgenommen zu werden. Eine gute Funktion lässt sich transferieren. Die Regalelemente sind in ihrem Körper recht offen, daher fände ich es spannend wenn sie auch in anderen Räumen verwendet werden würden. Parallel zeigt sich in dem Modell auch ein wenig die Realität des Marktes, die erfordert, dass ein Design im Prozess entsprechend der Nachfrage angepasst werden muss. Ursprünglich hatte ich die Idee, mit Farbabstufungen Akzente zu setzen und monochrome Optionen zu bieten. Das wird aber weniger nachgefragt als der klassische Farbkontrast in Schwarz/Weiß.
Die Nachhaltigkeit der Produkte und Prozesse ist ein großes Thema bei Burgbad. Inwiefern spiegelt sich das in "Vry"?
Patrick Frey: Ich bin kein Designer, der nur einen Entwurf abgibt, sondern suche HerstellerInnen und ZuliefererInnen in der Region und in Europa zusammen, stelle sicher das die Designs realisierbar sind und begleite die Prozesse. Die Prüfung unserer Entscheidungen mit Blick auf ein möglichst nachhaltiges Vorgehen hat uns vom ersten bis zum letzten Schritt bei "Vry" begleitet. Manche Ideen, wie hochmagnetische Flächen mit Neodym, das zu den seltenen Erden zählt, haben wir der umweltbewussten Fertigung zuliebe auch wieder fallengelassen. Auch war statt Aluminium für das Gestell zuerst Stahl im Gespräch, allerdings ließ sich selbst mit viel Zeitaufwand kein Hersteller finden, der einen Eckradius im Viertelformat mit Stahl realisieren konnte. Mit Holz war zudem die Statik nicht umsetzbar. Aluminium hat uns beides ermöglicht und die Struktur ist recycelbar. Allein an diesem Ablauf lässt sich ablesen, welche große Rolle der Kreislaufgedanke bei der Entwicklung für "Vry" gespielt hat. Wir versuchen so sauber wie möglich zu gestalten.
"Vry" ist nach "Fiumo" die zweite Badkollektion, die du für Burgbad entworfen hast. Gab es eine Erkenntnis aus der ersten Entwicklung, die du bei "Vry" realisiert hast?
Patrick Frey: Es war für mich von Bedeutung, dass Burgbad sich im Feld des Keramikdesigns weiterentwickelt und Alternativen zum Mineralguss findet. Das war eine notwendige Evolution, die wir mit "Vry" gemeinsam erreicht haben.