Die Künstler
Am liebsten experimentieren Jane Briggs und Christy Cole in spielerisch-künstlerischer Manier mit Materialien und Ideen. Dabei steht Papier auf der Liste der Lieblingswerkstoffe ganz weit oben, denn oft genug ist die Collage der Ausgangspunkt für die Entwürfe des Design-Duos Briggs & Cole. Ihre zusammengesetzten Muster, die sie unter anderem auf Möbel, Wände, Tapeten und Textilien drucken, basieren stets auf persönlichen Erlebnissen oder erzählen Geschichten aus dem Umfeld des Paares. Kennengelernt hatten sich die beiden Absolventen der Glasgow School of Art 2004 durch gemeinsame Freunde; da waren beide schon fertig mit ihrem Studium. Jane Briggs hatte 1999 ihren Bachelor in Produktdesign gemacht, Christy Cole 2006 seinen Master in Bildender und Interdisziplinärer Kunst. Ihr gemeinsames Designstudio gründeten sie 2012. Seitdem arbeiten die beiden im Bereich Möbeldesign, Grafik und Design-Consulting zusammen.
Das Regal „Misfire“ steht exemplarisch für die Arbeitsweise des Studios. Es ist komplett handgefertigt, mit einem Unterteil aus Metall und einem sorgfältig allumfassenden Schichtsystem aus einem speziellen Leinentextilband auf der Oberseite und an den Seiten. Das Wandmöbel hat auf diese Art nicht nur ein Muster, sondern das gesamte Werk avanciert zu einem dekorativen Collagenbild in Schwarz, Weiß und Creme. Die Inspiration zu „Misfire“ hat so gar nichts mit Design zu tun. Es geht um die Nachverfolgung der verbliebenen Spuren von Pistolenkugeln im Stoff aus einem Schieß-Übungsraum. Denn: Das Regalobjekt wurde für ein Gebäude in Glasgow entworfen und produziert, bei dem es sich um eine ehemalige Polizeiakademie handelt. Es ist Teil der Décollé-Kollection für Stallan-Brand Architecture + Design, Glasgow.
Auch auf zwei Tischentwürfen der beiden 30 Jahre alten Designer findet sich die Idee der Collage. Für den „Losango Table“ ließen sie sich von arabischen Arabesken inspirieren, der „Holl Table“ nimmt Bezug auf das Reid Building von Steven Holl für die Glasgow School of Art. Eine einzigartige Oberfläche verlieh das Duo seinem „3/5 Temperance Table“, der Metall mit Ammonit-Fossilsteinen kombiniert. Die Ammoniten haben Jane Briggs und Christy Cole persönlich aus der Wüste in Marokko mitgebracht. In der braun-roten Tischplatte aus Kunstharz verteilen sich die Fossilien – das ist eine Collage der anderen Art. Das einzigartige Möbel entstand anlässlich der Eröffnung von Steven Holls architektonischer Ergänzung der Glasgow School of Art.
Ein Accessoire mit narrativem Charakter ist die „maßgeschneiderte“ Vase, die anlässlich der Ausstellung „Caesura“ in der Reid Gallery der Glasgow School of Art entstand. Das gläserne Kunstwerk ging aus einer Kooperation mit Matthew Durran und Jon Lewis hervor, die als die Londoner Spezialisten für speziell angefertigtes Glas gelten. Das Design ist angeregt durch die Proportionen des Mackintosh-Treppengeländers im Reid-Gebäude und definiert auch die lineare Anordnung der Blumen, die wiederum auf Holl und MacKintosh verweist und deren fast schon symbiotische Beziehung zum Studium der organischen Formen innerhalb der Natur – wenn auch abstrahiert. Selbst die Auswahl der Blüten haben Briggs & Cole gewissenhaft betrieben: Es sind handverlesene Pflanzen mit einem direkten Bezug zum heimischen Heidekraut, das sich sogar im Biodiversitätssystem innerhalb des Reid-Gebäudes befindet.
Briggs & Cole-Entwürfe sind oft genug speziell und nur in limitierten Auflagen erhältlich. Der Übergang zwischen Kunst und Design ist dabei fließend. Das bezieht sich sowohl auf privates oder öffentliches Interior Design, als auch auf Mobiliar, Leuchtobjekte, Stoffe und Tapetendrucke. Mit seinem eigenwilligen Stil hat das Duo mittlerweile an zahlreichen Ausstellungen teilgenommen, unter anderem an der „Caesura Exhibition“ im Reid Building in Glasgow (2014), auf der Design Junction, London Design Week (2013) sowie an „The Lighthouse” vom Centre For Design & Architecture in Glasgow (2012).
Der Entwurf von „Briggs & Cole“ für die Domotex entspricht selbstredend ihrem ungewöhnlichen Stil. Ihre bildhafte Collage und die diagonale Bewegung auf dem Boden basieren auf Beschreibungen der Objekte, die die unsichtbaren Böden und Oberflächen von Kurt Schwitters Merzbau bedeckten. Christy Cole sagt dazu: „Uns interessiert, wie Material definiert wird und wie diesem im Laufe der Zeit neue Werte zugeschrieben werden. Unser Hauptinteresse liegt darin, die Entwicklung des Merzbaus als allmähliche Öffnung eines Raums nachzuvollziehen, von dem aus sich innerhalb eines Familienwohnhauses Bereiche des 'Wohnens' und Bereiche der 'Kunst' entfalten.“ (ua)
Eine Vorschau auf Jane Briggs und Christy Coles Projekt für die Domotex finden Sie hier.