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Brdr. Krüger: Statt atemlos Trends zu folgen, wollen sie lieber Dinge kreieren die dank gestalterischer und materieller Qualität langlebig sind.

Film und Haute Couture treffen Holz

Vor wenigen Jahren haben Jonas Krüger und seine Schwester Julie das Ruder des dänischen Familienunternehmens Brdr. Krüger übernommen. Wir haben mit Jonas Krüger über den Generationswechsel und seine Zukunftspläne gesprochen.
23.02.2018

In vielen der skandinavischen, familiengeführten Traditionsunternehmen kam es in den vergangenen Jahren zu einem Führungswechsel. Die Jungen übernehmen das Ruder. Irgendwo in ihren Dreißigern, sind sie meist nicht auf direktem Wege zum Direktorensessel des Unternehmens gekommen. Oftmals haben sie gänzlich andere berufliche Pfade beschritten bevor sie in die Fußstapfen der Elterngeneration traten. So auch Jonas und Julie Krüger, die nun als 5. Generation am Ruder des dänischen Holzspezialisten Brdr. Krüger stehen.

Julie, 38 Jahre alt, ist gelernte Herrenschneiderin, arbeitete in der Haute Couture Mode und für das Danish Royal Theatre bevor sie die Produktionsleitung des elterlichen Betriebs übernahm. Jonas, 40 Jahre alt, kommt eigentlich aus dem Grafikdesign, hat jahrelang für TV-Sender wie MTV und Filmproduktionen gearbeitet. Als Julie Krüger in das Familienunternehmen einstieg, fragte sie ihren Bruder, ob er es ihr nicht gleichtun wolle. Was er tat und die Kreativdirektion von Brdr. Krüger übernahm. Wie führen die beiden Veränderungen im Traditionsunternehmen herbei – und welches sind die ersten, die ihrer Meinung notwendig sind? Wie positionieren die Geschwister Krüger das Handwerk und welche Rolle spielt das Design im internationalen Möbelreigen? Adeline Seidel hat mit dem jungen Unternehmer gesprochen.

Familienverbund: Die Geschwister Julie und Jonas Krüger führen das traditionsreiche Unternehmen in die nächste Generation.

Adeline Seidel: Beginnen wir mit einer persönlichen Frage. Sie haben das Unternehmen von ihren Eltern übernommen. Was war das Wichtigste, das ihre Eltern ihnen mitgegeben haben?

Jonas Krüger: Meine Eltern sind in vielerlei Hinsicht Entrepreneure. Das väterlicherseits geerbte Unternehmen hat im Laufe der vielen Jahre verschiedene Phasen durchlaufen und sich dabei jeweils an die Zeit, Möglichkeiten und wandelnde Märkte angepasst. Die Philosophie des Unternehmens lautete schon immer, dass alle gemeinsam in einem Boot sitzen. Alle arbeiten zusammen auf ein gemeinsames Ziel hin. Es gibt kein Management, welches über die Köpfe der Handwerker hinweg, die ja die eigentliche Arbeit vollbringen, Entscheidungen fällt. Mein Vater steht als aktiver Handwerker immer noch mit Staub im Haar in der Werkstatt. Mit dem Ethos harter körperlicher und geistiger Arbeit, um nach vielen Stunden ein Ziel zu erreichen, bin ich aufgewachsen. Daher haben meine Schwester und ich wohl Respekt für diese Form des Zupackens. Die besten Aspekte dieser Haltung und Mentalität versuchen wir in ein moderneres Unternehmen und die Zukunft zu überführen.    

Was heißt "moderneres Unternehmen" genau?

Früher wurden viele der Entscheidungen bei einer Tasse Kaffee in der Werkstatt getroffen, ohne dass irgendetwas aufgeschrieben wurde. So wurden die Dinge auf die gute alte Art geregelt. Heutzutage ist es aber natürlich ein ganz anderes Unternehmen. Es gibt mehr Mitarbeiter, es ist größer und wir haben eine vielfältigere Kollektion von Produkten. Das erfordert neue Arbeitsweisen, neue Formen der Kommunikation, sowohl intern als auch extern. Das heißt, es ist sicherlich eine Modernisierung des Unternehmens, allerdings mit der bewährten Einstellung, dass wir alle zusammenarbeiten. Und es gibt eine flache Hierarchie, sodass jeder jederzeit an unsere Tür klopfen und mit uns reden kann. Uns geht es um diese Verbindung aus Werkstattkultur und moderner Herangehensweise im Hinblick auf die Organisation der Firma. 

Blick zurück: Ernst Krüger veranschaulicht 1950 in Kopenhagen die handwerkliche Herstellung der Möbel.

Welche Ziele hatten sich die vorangegangenen Generationen gesteckt – und welche sind Ihre? 

Die Generation unserer Eltern hat, glaube ich, den Beginn der Globalisierung zu spüren bekommen, d.h. sie mussten die Firma, die auf kleinere und spezifische Aufträge ausgerichtet war, entsprechend anpassen. Wir haben sehr viele Sonderanfertigungen gemacht, in großem und kleinem Umfang; außerdem auch künstlerische Arbeiten, oder Aufträge für Kirchen oder den Tivoli. Wir waren sozusagen die erste Adresse für Drechselarbeiten. Das war allerdings kein rentables Geschäftsmodell. Die Herstellungsprozesse haben sich im Laufe der Zeit verändert, neue Materialien sind hinzugekommen und wir sind nicht mehr wie früher vom Holz abhängig. In den frühen 1990er Jahren begannen wir unsere eigenen Produkte in Serien herzustellen und das war wohl das erste Anzeichen für die Entwicklung hin zu jenem Unternehmen, wie wir es heute haben, obwohl wir in ausgesuchten Kooperationen immer noch Sonderanfertigungen machen. 

Nachdem Sie und Ihre Schwester das Unternehmen übernommen haben, taten Sie sich mit OeO Studio zusammen. Warum?

Wir hatten überlegt, wen wir uns als Unterstützung hinzuholen könnten und letztlich war es ein kurzer Werbefilm, der mich auf die Idee brachte und für den ich vor längerer Zeit beauftragt worden war. Das heißt OeO Studio hatte ich irgendwie noch im Hinterkopf. Und als sich dann die Gelegenheit bot, kontaktierte ich sie und auch ein paar andere Büros, um herauszufinden, ob es passen würde, um einander besser kennezulernen, über Herausforderungen zu reden und zu sehen, wie sie arbeiten und was möglich ist. Diese Phase der Erkundung dauerte nicht lange, da ich schnell von ihnen überzeugt war.

Was waren die größten Herausforderungen und wie beeinflußten diese das Briefing für OeO?

Na ja im Grunde suchten wir nach einer Designstrategie, um unsere Marken-DNA zu verfeinern und eine Produktplanung zu entwickeln – also was wir auf jeden Fall vermeiden sollten bzw. was möglich wäre. Auf der Grundlage unserer Geschichte und unserer handwerklichen Kompetenz und natürlich im Hinblick auf unseren speziellen Markt wollten wir langfristig eine Marke und Kollektion etablieren und weitergehende Möglichkeiten ausloten.

Stuhl "Theodor", benannt nach Theodor Krüger, der zusammen mit seinem Bruder Ferdinand 1886 die Designfirma Brdr. Krüger gründete.

Im Möbelbusiness wird mit harten Bandagen gekämpft, das "Nordische Design" ist aktuelle sehr populär. Welche Nische möchten Sie mit Brdr. Krüger besetzen und wie unterscheiden sich Ihre Produkte von anderen?

Ich glaube, wir können eine neue Perspektive bieten, die auf unserer handwerklichen Kompetenz und den Traditionen aufbaut, die wir haben, allerdings werden wir nicht in der Geschichte stehen bleiben, sondern den Blick in die Zukunft richten. Wir wollen zwar etwas anderes machen, dennoch wird es nicht revolutionär sein, vielmehr ein Schritt nach vorne, der eindeutig auf unseren Ursprüngen beruht. Daher widmen wir uns einem Design, das zeitgenössisch ist und das hoffentlich einmal neue Klassiker hervorbringt.

Sie haben eine "Roadmap" erwähnt: Was dürfen wir in den kommenden Jahren von Brdr. Krüger erwarten?

Sie haben ja vorhin schon darüber gesprochen, was die vergangenen zehn Jahre definiert hat bzw. meine Generation in der Möbelindustrie insbesondere hier in Skandinavien. Diese große nordische Welle hat uns sicherlich sehr viel frischen Wind um die Nase wehen lassen. Sie hat viele positive Aspekte mit sich gebracht. Allerdings ist es natürlich schade, dass damit auch ein gewisses Outsourcing nach Fernost einhergeht. Das ist für uns ein absolutes No-Go. Wir werden weiterhin vor Ort produzieren und den Fokus auf Qualität und Handwerk sowie Langlebigkeit richten. Unsere Produkte folgen keinem Trend, es gibt keine Herbst/Winter-Kollektion oder so etwas in dieser Richtung.

Nein, wir möchten Dinge kreieren, die langlebig sind und zwar hinsichtlich gestalterischer als auch materieller Qualität. Daher versteht es sich von selbst, dass wir nicht auf eine möglichst einfache Fertigung oder entsprechend unaufwändiges Design setzen. Was das betrifft, möchten wir uns abheben, man soll unseren Möbeln ihre hohe Qualität ansehen.  

Welche Rolle spielen Ihre Eltern noch im Unternehmen? Halten sie sich zurück – oder mischen sie sich immer wieder in Ihre Entscheidungen ein?

Ich glaube, es ist stets eine besondere Situation als Familie zusammenzuarbeiten. Es ist natürlich nicht immer reibungslos, insgesamt können wir uns aber wohl glücklich schätzen, wenn ich mir die Geschichten anderer Familienunternehmen so anhöre. Es sind nicht die großen Fragen, bei denen wir uneins sind, diesbezüglich und was die Zukunft betrifft haben wir die gleichen Vorstellungen. Das eröffnet uns eine große Freiheit um im Hinblick auf die nächste Generation unseren Fingerabdruck zu hinterlassen. Es gibt viele Dinge, die sehr neu sind. Wir sind vor ungefähr zwei Jahren in einen neuen Produktionsbetrieb umgezogen und wir haben nun erstmals seit 130 Jahren einen Besprechungsraum. Im Mai haben wir den Showroom eröffnet, es gibt so Vieles was vor zehn Jahren noch undenkbar erschien. 

Ihre Wachstumsrate ist recht hoch: In den letzten 5 Jahren haben Sie bereits 30 neue Mitarbeiter eingestellt. Setzen Sie sich Grenzen für das Wachstum?

Gute Frage! Wir wollen wachsen, aber das soll nicht außer Kontrolle geraten. Es ist wichtig, die Verbindung zueinander nicht zu verlieren, wir wollen keine riesige Fabrik werden. Aber man weiß nie genau, was die Zukunft bringen wird. Die Zeiten ändern sich. Aber hier und heute ist das unsere Haltung. Wir hatten schon diese Gespräche und haben uns gefragt, ob die Expansion Grenzen haben sollte. Und die Antwort lautet ja und nein. Eigentlich ist im Moment alles gut so wie es ist.

Die dänische Designerin Nanna Ditzel entwarf für Brdr. Krüger 1963 die Babywiege "Lulu".
"Mokuba", übersetzt "Schaukelpferd" kreeirten das Designduo Erik Maquardsen und Takashi Okamura im Jahr 2003.
Für "TRIIIO" verband der Designer Hans Bølling 1958 Holz, Messing und Glas zu einer skulpturalen Form.
Die Kugelleuchte "Lune Pendel" von Designer Sverre Uhnger wird aus geöltem und geseiftem Eichenholz gefertigt.
Die Platte des "Wendetabletts 50" von Hans Bølling besteht aus Laminat und ist in mehreren Farben erhältlich.