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Susanne Brandherm, Sabine Krumrey

STYLEPARK SIGEL
Mit kühlem Kopf

Seismographisch und mit viel Gespür beobachten die Innenarchitektinnen Susanne Brandherm und Sabine Krumrey die Veränderungen, die in diesem Jahr die Arbeitsorte bewegen. Ohne schnelle Kurzschlüsse – denn auch in ihrem Büro ist nun vieles anders.
von Adeline Seidel | 21.10.2020

Das Spektrum der Projekte, die Brandherm + Krumrey gestalten, könnte nicht vielfältiger sein: Von Healthcare bis Hospitality, von Office bis Retail und Event. Das gewährt einen umfangreichen Einblick in unterschiedliche Arbeitswelten. Und diese stehen seit 2020 immer wieder im Fokus: Benötigen wir noch Büros und wenn ja, wie viele davon? Wie lange wollen wir noch im Homeoffice bleiben? Und was brauchen wir wirklich, um produktiv zu sein? Der aktuellen Aufregung begegnen die Architekten von Brandherm + Krumrey mit einer Gelassenheit, die sich aus über 20 Jahren Berufserfahrung speist. Gemeinsam mit Susanne Brandherm reflektieren wir ihre Erfahrungen durch den eigenen Büroalltag und ihre Beobachtungen innerhalb Branche.

Adeline Seidel: Blicken wir einmal auf die vergangenen Monate. Wie hat sich die Arbeitskultur in Ihren Büros in Hamburg und Köln verändert?

Susanne Brandherm: Bis zum Lockdown haben wir überwiegend zusammen im Büro gearbeitet. Homeoffice war eher eine Seltenheit. Das hat sicherlich viel mit unserer Branche zu tun: Der schnelle Austausch zwischen den Projektteams über die Tische hinweg ist einfach unkomplizierter und schneller als via Chat oder Telefon. Planen und Zeichnen sind zudem an einem kleinen Laptopbildschirm kein Genuss. Im Frühjahr waren dann nur noch ich und eine Kollegin im Büro, alle anderen im Homeoffice.

War das ein Kulturschock?

Susanne Brandherm: (lacht) Wir waren auf jeden Fall alle überrascht wie gut es klappt. Wichtige Austauschformate haben wir beibehalten. Wie unser Montagsmeeting, das dann eben digital stattfand.

Sicherlich hat die abrupte Veränderung des Arbeitsalltags einiges in Ihrem Büro dauerhaft verändert. Welche Lehren haben Sie und Ihr Team mitgenommen?

Susanne Brandherm: Wir haben eine Umfrage unter uns gemacht. Auf der einen Seite fand ein Großteil das selbstbestimmte Arbeiten und die zielorientierten, effizienten Videokonferenzen gut. Aber der persönliche Kontakt, das gemeinsame Arbeiten im Büro, der Flurfunk, der gut ausgestattete Arbeitsplatz – all das wurde auch vermisst. Es gab sogar Kollegen, die es gar nicht erwarten konnten, endlich wieder ins Büro zu kommen, für die das Arbeiten Zuhause einfach nichts ist. Daher fahren wir aktuell das Modell des "halben Büros", auch bestimmt durch Abstandsregelungen und dem Infektionsrisiko: Während die eine Hälfte im Büro arbeitet, ist die andere im Homeoffice.

Haben Sie auch Veränderungen in Ihren Räumlichkeiten vorgenommen?

Susanne Brandherm: Wir hatten bereits vor der Pandemie kommunikative Bereiche für kleinere Teammeetings und Besprechungen sowie Rückzugsmöglichkeiten für Aufgaben, die mehr Ruhe bedürfen. Zusätzlich haben wir einen großen Videokonferenzbereich geschaffen, der technisch wie räumlich eine gewisse Qualität bietet. Den Außenbereich schätzen wir als erweiterten Arbeitsort und Treffpunkt.

Gehen Sie positiv aus der Corona-Zeit?

Susanne Brandherm: Die Pandemie fördert ein neues Nachdenken über den Zweck und die Möglichkeiten von Büroräumen. Und das ist etwas Gutes. Ich persönlich halte die Fahne hoch für das Büro: Es braucht den Flurfunk, den zufälligen Austausch und einfach Orte, die nicht permanent mit Privatem überlagert sind.

Wie wirken sich die Erkenntnisse und Veränderungen der letzten Monate auf laufende Büroplanungen aus?

Susanne Brandherm: Wir spüren aktuell eine große Verunsicherung bei einigen Unternehmen. Viele wollen abwarten, wie sich der Platzbedarf sowie die räumlichen Anforderungen entwickeln. Sie überdenken ihre Strukturen und Arbeitsprozesse. Dabei können wir sie mit unserer langjährigen Erfahrung in diesem Bereich unterstützen und beraten. Denn unsere Planungen für Büros beinhalten eine hohe Flexibilität, die verschiedene Arten der Kollaboration ermöglichen und einen Wechsel zwischen unterschiedlichen Arbeitsplätzen bieten. So konnten unsere Kunden auch schnell auf die aktuellen Veränderungen reagieren und beispielsweise mehr Abstand zwischen Arbeitsbereichen einrichten oder großzügigere Besprechungssituationen schaffen.

Wie sähe für Sie ein gelungenes Büro aus?

Susanne Brandherm: Es braucht möglichst viel Außenflächen, die man auch bei schlechtem Wetter wenigstens teilweise nutzen und bespielen kann. Das ist ein wichtiger erweiterter Arbeits-, Besprechungs- und Recreationort. Die Fenster sollte man öffnen können, denn das hat einen äußerst positiven psychologischen Effekt. Man hat großzügige Flächen für den Austausch und die besten Bedingungen für unterschiedliche Arbeitsbedürfnisse. Es kommt natürlich sehr darauf an, in welchem Bereich man arbeitet: Eine Agentur ist nun einmal anders strukturiert als eine Kanzlei, da sich die Arbeitsprozesse erheblich unterscheiden. Wichtiger als eine große Kantine sind kleineren Zonen, an denen es Annehmlichkeiten wie Getränke, Kaffee, Snacks und ähnliches gibt und so den informellen Austausch in überschaubaren Runden ermöglichen.

BASF Digital Farming, Köln

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