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Prager Schmuckkästchen

Im Bomma Atelier in Prag kommen nicht nur GlaskunstkennerInnen und DesignliebhaberInnen auf ihre Kosten, auch Fans des Kubismus sollten das Gesamtkunstwerk nicht verpassen.
von Linda Pezzei | 25.01.2022

Tschechisches Glas und Kristall sind weltweit bekannt und zählen derzeit zu den beliebtesten Materialien der heimischen Designszene. Seit einigen Jahren kann man dank experimentierfreudigen Nachwuchstalenten und einfallsreichen Manufakturen von einer regelrechten Renaissance der Glaskunst sprechen. Renommierte DesignerInnen und talentierte KunsthandwerkerInnen arbeiten heute gemeinsam daran, die jahrhundertealte Tradition nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern auf das nächste Level zu heben. Kein Wunder, dass der erste eigene Showroom von Bomma in Prag mehr sein sollte, als ein reiner Ausstellungsraum für alle Leuchtenkollektionen des Herstellers. Mit dem "Dům Diamant" aus der Zeit des Kubismus hat dieser eine beeindruckend geschichtsträchtige Wohnung inmitten der Prager Altstadt gefunden, die seit 2021 als Begegnungsstätte für die Künste dient. Das Apartment kombiniert originelle, maßgefertigte, funktionelle Möbel aus dem Bestand mit neu hinzugefügten Objekten führender Hersteller des zeitgenössischen Designs wie Ligne Roset, Vitra, Laufen oder Agapecasa und soll einen Dialog über die Möglichkeiten und Chancen dieser Branche eröffnen.

Der Star des gesamten Set-Ups: das von dem Architekten Emil Králíček 1912 entworfene Haus in seiner einmaligen Ausführung. Bereits das Betreten des Treppenhauses ist ein Erlebnis für sich, die Benutzung des antiken Fahrstuhls die perfekte Einstimmung auf den Besuch des Ateliers. Dieses befindet sich in einer Wohnung, die direkt von den Nachkommen des ursprünglichen Eigentümers gemietet wurde, dem Schriftsteller und Politiker Adolf Hoffmeister. Als führende Persönlichkeit der Avantgarde der Ersten Republik legte Hoffmeister großen Wert auf eine penibel durchdachte Nutzung und Verbindung der Räumlichkeiten, in denen er auch oft Gäste empfing. Diese Aura liegt auch heute noch in der Luft.

Mehr als ein Showroom

Der Kreativdirektor von Bomma, Václav Mlynář, holte sich für die Umsetzung des Konzepts die italienische Innenarchitektin Sophie Wannenes ins Boot. Neben den Designobjekten wurden auch alle Kunstwerke von dem Kreativ-Duo ausgewählt, wie von Matyáš Chochola, Michaela Karásek Čejková, Veronika Drahotová, Alena Kotzmannová, oder Peter Fabo. Das neu entworfene künstlerische Konzept respektiert die ursprüngliche atypische Architektur des Raums. Dabei gleicht der Showroom weniger einem statischen Museum, als vielmehr einem lebendigen Organismus: über die Jahre soll dieser stetig weiterentwickelt werden. Mlynář denkt bereits an Kooperationen mit Kreativen aus aller Welt: die Vielfalt der Möglichkeiten ein so charakteristisches Bestandsobjekt zu bespielen und dabei immer wieder neu zu erfinden, reizt den Designer dabei besonders. Das einmalige historische Ambiente soll in Zusammenarbeit mit der lokalen Kunstgalerie DSC Gallery zu einem kreativen Zentrum werden – ein lebendiger Raum für Inspiration, Diskussionen und Begegnungen, sowohl für Fachleute als auch für die breite Öffentlichkeit. Gäste und DesignerInnen sind zudem eingeladen, das Atelier eine zeitlang zu beziehen und mitzugestalten.