Spezialist mit Weitsicht
Robert Volhard: Lassen Sie uns die Persönlichkeiten betrachten, die Bette maßgeblich geprägt haben: Die Gründung erfolgte 1952 durch Heinrich Bette und seinen Schwiegersohn Günther Schlichtherle. 1975 tritt Ihr Vater Fritz-Wilhelm Pahl in das Unternehmen ein und leitet es als geschäftsführender Gesellschafter – gefühlt alleinverantwortlich aber immer in engem Austausch mit Ilse Schlichtherle, der Witwe des 1973 verstorbenen Günter Schlichtherle. Seit 2013 sind Sie der alleinige geschäftsführende Gesellschafter. Wie sehen Sie die Entwicklung des Unternehmens in Zusammenhang mit diesen Persönlichkeiten und sich selbst?
Thilo Pahl: Gute Frage. Ich finde es spannend, dass es stets Personen mit Unternehmergeist braucht, damit ein Prozess in Gang gesetzt werden kann. Der Zusammenschluss der Familien Pahl und Bette war im Grunde eine Schicksalsfügung, die uns auch stark in der Region verankert hat. 55 Prozent der Anteile liegen heute bei der Familie Pahl, 45 Prozent bei der Familie Bette, so wurde es einst von Ilse Schlichtherle und meinem Vater festgelegt. Sollten wir uns mal zoffen, ist die Zukunft des Unternehmens nicht gefährdet. So klare Verhältnisse zu schaffen, war schon sehr visionär und verantwortungsvoll von den beiden.
Robert Volhard: Wie ist das Miteinander heute?
Thilo Pahl: Wir diskutieren zusammen und verstehen uns gut. Gesellschaftsordnungen sind kein Thema, was gerade in der jetzigen Zeit ein Pfund ist. Mein Vater kam auch nach dem Übergang in den Ruhestand jeden Tag ins Unternehmen, das fand ich sehr schön. Es funktionierte auch, weil er mit Ratschlägen abwartet hat, bis er gefragt wurde. Heute kommt er noch ab und zu, mit dem gewonnenen Abstand seltener.
Robert Volhard: Wie war die Zusammenarbeit, als Sie die Geschäfte zwei Jahre gemeinsam mit Ihrem Vater geführt haben?
Thilo Pahl: 2011 war mein Vater der Chef, 2012 haben wir gewechselt. Jeder hatte seinen Verantwortungsbereich, bei wichtigen Entscheidung haben wir uns aber vorab besprochen. Ab 2013 hat er sich in den Beirat zurückgezogen. Dabei war es ihm sehr wichtig, nicht Vorsitzender zu werden. Ihn weiterhin als Ratgeber oder auch mal als "Beichtinstanz" an meiner Seite zu wissen, war eine wichtige Stütze.
Franziska von Schumann: Wie kam es, dass Sie der Nachfolger im Unternehmen wurden und nicht Ihre Geschwister?
Thilo Pahl: Meine beiden Geschwister leben in Hamburg, der Heimatstadt unserer Mutter, und eine Führung des Unternehmens aus der Ferne hätte für uns nicht funktioniert. Im Jahr 2011 war mein Vater bereits 70 Jahre alt, da war klar, dass wir eine Entscheidung treffen müssen.
Franziska von Schumann: Sie haben in Aachen Maschinenbau studiert, anschließend ein Auslandssemester am Fraunhofer Institut in Boston absolviert und im Anschluss daran Ihre Diplomarbeit über Arbeitswissenschaften bei Volkswagen Consulting verfasst. 2011 dann der Einstieg in das Unternehmen mit den darauffolgenden technischen Innovationen. Worauf sind Sie im Rückblick am meisten stolz?
Thilo Pahl: In erster Linie auf den geglückten Generationswechsel, aber auch hinsichtlich der Produktentwicklung hatten wir ein paar Meilensteine. Da ist natürlich immer eine gewisse Portion Glück dabei. Man kann sagen, dass aus guten Abstimmungsprozessen gute Produkte entstanden sind, wie "BetteLux", der Falzrand oder auch "BetteLux Shape", die Badewanne im Gestell. Manchmal muss man einfach mutig sein, etwas wagen, um gemeinsam mit dem Team die Idee zu realisieren. Wir investieren bevorzugt in Maschinen, Anlagen und Technik. Zudem hatte mein Vater einst entschieden, ein neues Emaillierwerk in den Betrieb zu nehmen, das uns enorm weitergebracht hat. Was uns darüber hinaus stärkt, ist unser Firmensitz, den wir 2014/15 modernisiert haben und der eine gute Inspirationsquelle für uns darstellt.
Robert Volhard: Sie haben das Bad mit außergewöhnlichen Designs, bodenebenen Duschwannen und umfangreichen Farbwelten revolutioniert. Wie hat sich die Badekultur in den letzten Jahren verändert?
Thilo Pahl: Die Designkultur im Bad hat sich sehr verändert, da es heute keinen reinen Zweckraum mehr darstellt. Damit wird der Raum wohnlicher, die Gestaltung und auch die Materialauswahl wichtiger. Das Bad ist zu einem Wohlfühlort geworden, in dem der Moment zählt, was auch angesichts der aktuellen Zeiten durchaus nachvollziehbar ist.
Franziska von Schumann: Wir sprachen gerade über mutige Entwürfe, wie "BetteLux Shape" oder "BetteLux Oval Couture" von Dominik Tesseraux, bei der die Wannenschürze mit gewebtem wasser- und klimaresistentem Stoff bezogen ist. Was dürfen wir mit Blick auf die ISH 2025 erwarten?
Thilo Pahl: "BetteLux Shape" hat uns vor allem im Zuge der Internationalisierung sehr weitergeholfen, das Produkt war ein Türöffner. Auf dieser Grundlage konnten wir weitere Ideen wie "BetteLux Oval Couture" realisieren. Auf der ISH 2025 werden wir eine gute Kombination aus Design und Technik zeigen, mit Fokus auf den Duschbereich. Mehr kann ich an dieser Stelle noch nicht verraten.
Robert Volhard: Mit der Duschfläche "BetteFlat" tragen Sie zur Barrierefreiheit im Bad bei, wie geht hier die Reise weiter?
Thilo Pahl: Die Barrierefreiheit hat einen immerwährenden Stellenwert in der Produktentwicklung. Dazu kommt der Wunsch für Hilfestellungen wie Stützgriffe eine ansprechende Gestaltung zu finden. Der Bedarf für gut gestaltetes, barrierefreies Design wird im Zuge des demografischen Wandels in den kommenden Jahren noch steigen.
Robert Volhard: Mit Dominik Tesseraux arbeiten Sie seit vielen Jahren zusammen, wie würden Sie die Kooperation mit einem kreativen Tausendsassa wie ihm beschreiben?
Thilo Pahl: Als eine sehr wertschätzende Partnerschaft. Dominik Tesseraux begleitet uns, die Zusammenarbeit ist also kontinuierlich. Parallel hat er als externer einen anderen Blick und kann uns auch beratend zur Seite stehen. Viele Ideen, die wir in den letzten Jahren vorgestellt haben, stammen von ihm – wie die Waschtischschale "BetteCurve", ein Design, das so speziell ist, dass es nur aus Stahl gefertigt werden kann.
Robert Volhard: Seit kurzem arbeiten Sie auch mit Barber Osgerby zusammen, wie unterscheidet sich die Kooperation mit den beiden Kreativköpfen dazu?
Thilo Pahl: Edward Barber and Jay Osgerby sind tatsächlich zwei Kreativköpfe. Die Zusammenarbeit unterscheidet sich in dem Sinne, dass wir mit einem konkreten Fokus zusammen gearbeitet haben. "BetteSuno" ist eine sehr spannende Serie geworden und der zusätzliche Impuls ist für uns wertvoll.
Franziska von Schumann: Mit Blick auf das Material: Glas und Stahl sind zu 100 Prozent recycelbar wie langlebig. Ist die Herstellung nachhaltig, die enorme Temperaturen bedarf und wäre eine elektrische Befeuerung der Öfen denkbar?
Thilo Pahl: Das Material glasierter Stahl ist zu 100 Prozent kreislauffähig. Die Anti-Dröhn-Matten, die das Geräusch von Wasser abdämpfen, sind allerdings noch aus Kunststoff gefertigt, da sind wir ehrlich. Innerhalb des Werkes ist der Kreislauf der Materialien geschlossen, jeder "Abfall" der Produktion wird erneut eingesetzt. Am Ende des Jahres wissen wir stets wieviel Tonnage in den Kreislauf zurückgegeben und bei einem der Stahlhersteller im Hochofen weiterverarbeitet wurde. Übrigens muss das Emaille nicht vom Stahl getrennt werden, es geht mit in Hochofen und schwimmt als Schlacke auf. Zurzeit werden unsere Öfen noch mit Gas befeuert, wir denken aber über Alternativen nach und auf den elektrischen Betrieb zu wechseln, ist auf jeden Fall eine Überlegung. Etwa eine halbe Stunde Fahrtzeit von Delbrück steht der größte Windpark der Region, in Lichtenau, der mit Beteiligung der BürgerInnen entstanden ist. Auf diese grüne Energie könnten wir sicher aufbauen.
Franziska von Schumann: Welche Ideen werden sich mit Blick auf das digitalisierte Bad behaupten?
Thilo Pahl: Meiner Meinung nach sollte das Bad auch in Zukunft ein Ort der Entspannung sein, bei der maximal einige Smart Home Optionen Platz finden können, aber es ansonsten die Möglichkeit gibt, nicht ständig "connected" sein zu müssen.
Robert Volhard: In welche Richtung soll sich Bette in den nächsten Jahren weiterentwickeln?
Thilo Pahl: Unsere Haupttriebfeder ist das Material, der glasierte Titanstahl. Wir sind ein Spezialist, kein Generalist, sprich unsere Aufgabe wird es sein, durch gute Produktinnovation weiterhin eine Rolle zu spielen und das möglichst international.