Bessere Orte schaffen
Linda Pezzei: Herr Batek, Sie planen nicht nur für PrivatkundInnen, sondern auch für "Marken" wie den Sternekoch Tim Raue, den Modekonzern Zalando, Red Bull oder die Digitalagentur Razorfish – wie unterscheidet sich hierbei jeweils Ihre Herangehensweise?
Patrick Batek: Grundsätzlich ist unsere Herangehensweise ähnlich – wir arbeiten eng mit dem Unternehmen wie auch den PrivatkundInnen zusammen, um die individuellen Bedürfnisse zu verstehen und die Wünsche und Anforderungen an das Projekt zu erfüllen. Wenn wir für ein Unternehmen entwerfen, nimmt unser Konzept natürlich Rücksicht auf die CI, schließlich soll das Ergebnis die Marke zum Ausdruck bringen und verkörpern. Das sieht man zum Beispiel sehr gut bei unseren Entwürfen für die Marke VAAY, für die wir sowohl einen Pop-Up Store als auch den Flagship Store in Berlin eingerichtet haben. Es ging darum, mit wenigen, wohlgesetzten Elementen einen Rahmen für die Marke zu schaffen, also treten die schlichten Einbauten hinter die grafisch starke CI von VAAY mit ihren poppig-bunten Verpackungen zurück und stellen sie in den Mittelpunkt. Bei den PrivatkundInnen ist die Kommunikation in der Regel auf eine Person oder ein Paar reduziert und man kann sich etwas mehr Zeit lassen.
Kommen diese KundInnen eben wegen Ihrer Architektursprache zu Batek Architekten oder bringen sie ihr eigenes CI mit, auf dem dann aufgebaut werden muss?
Patrick Batek: Ich denke, das ist eine Mischung aus beidem. Auf uns aufmerksam werden die KundInnen sicher wegen unserer Architektursprache, die sich durch unser Gespür für Materialien, Farben und Licht sowie unsere Herangehensweise auszeichnet. Daher nehmen sie häufig Bezug auf bestehende Projekte. Allerdings ist jede Kundin und jeder Kunde einzigartig und kommt mit individuellen Wünschen oder einer eigenen CI oder Marke zu uns, an die wir unsere Gestaltung anpassen – wir verstehen uns da als Dienstleister.
Sie sind auf den Aus- und Umbau von Projekten an historischen Orten und in Gebäuden mit bewegter Geschichte spezialisiert – was reizt Sie an dieser Thematik besonders?
Patrick Batek: Der Respekt vor dem Bestandsraum sowie dessen Charakter ist unser fundamentales Prinzip. Der Aus- und Umbau von Projekten an historischen Orten bietet ganz andere Rahmenbedingungen, in denen man sich bewegen muss. Das kann man als Hindernis sehen, wir sehen es als willkommene Herausforderung. Es führt zu spannenden Entwürfen und neuen Ideen, die vielleicht sonst gar nicht in Erwägung gezogen würden: von den Baumaterialien bis zu den Raumkonzepten.
Welche Möglichkeiten bieten alte Bausubstanzen, an denen es dem Neubau vielleicht mangelt? Und was sind dabei die Herausforderungen?
Patrick Batek: Bestandsgebäude besitzen eine gewisse Patina und Historie, die dem Projekt Charakter verleihen. Bei komplett neugebauten Projekten muss man darauf achten, dass eine gewisse Seele oder Wärme entsteht. Zudem wird der ökologische Aspekt der Wiederverwertung alter Substanz immer relevanter. Bestehende Materialien zu prüfen und gegebenenfalls wiederzuverwerten und langlebig zu bauen und zu sanieren ist sinnvoller als immer auf neue Produkte und Bauten zu setzen.
Welche Rolle spielt die Materialität bei Ihrer Planung in diesem Zusammenhang?
Patrick Batek: Wir pflegen eine große Leidenschaft für unverfälschte, wertige Materialien und Materialität spielt in unserem Büro eine Hauptrolle. So ist auch der Bezug zur Bausubstanz enorm wichtig und wir entwickeln Bestandsgebäude sensibel und mit viel Respekt für das Vorhandene weiter.
Sie arbeiten oft mit starken Farben – wie entwickeln Sie Ihre Farbkonzepte und braucht es da Ihrer Meinung nach seitens der KundInnen manchmal (mehr) Mut?
Patrick Batek: Das Thema Farbe ist essenziell für unsere Architektursprache. Unsere Farbkonzepte entspringen oft aus der CI, aber in der Weiterentwicklung verlassen wir uns dann auf unser ausgeprägtes Gespür für Farben und unsere Intuition. Wenn wir die Farbwahl nicht begründen können, sehe ich das eher als gutes Zeichen.
Gibt es ein Projekt, das Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist – z.B., weil es in der Umsetzung besonders anspruchsvoll oder das Endergebnis vielleicht anders war, als erwartet?
Patrick Batek: Das Projekt GU29, ein Privathaus auf der Insel Sylt, ist mir nachhaltig im Gedächtnis geblieben, da hier fast alle Voraussetzungen anders waren als bei anderen Projekten. Eine sehr alte Bausubstanz mit strengen Auflagen, eine Insel, ein anderer Designansatz, zwei starke Bauherren, die sich ein Objekt teilen … Und es war eine komplette Betreuung des Projektes gefordert - bis hin zur gesamten Ausstattung von Geschirr, Kochutensilien, Bettwäsche, Handtüchern bis zur Einrichtung mit Vintage-Möbeln, die wir auftreiben mussten.
Können Sie uns verraten, woran Sie im Moment arbeiten und was der Grundgedanke hinter dem Konzept ist?
Patrick Batek: Zurzeit arbeiten wir an mehreren Projekten in verschiedenen Maßstäben, von einem kleinen Pied-à-terre, über einen Wohn-Neubau bis zum Design eines Hotels. Unser Gestaltungsansatz ist jedoch unabhängig von der Projektgröße – wir verstehen die DNA der KundInnen, verbinden diese mit dem Ort und lassen daraus unsere Planung entstehen.
Ein Projekt, das Sie unbedingt noch verwirklichen möchten?
Patrick Batek: Wir arbeiten überwiegend an sehr individuellen Projekten, die für sich stehen und nicht reproduzierbar sind. Das ist ein großes Privileg, aber ich würde mir dennoch auch mal wünschen, ein großes Projekt zu entwickeln, bei dem gerade die Reproduzierbarkeit im Vordergrund steht, wie ein Baukastensystem für ein Retail- oder Hotelkonzept.
Verraten Sie uns Ihren Lieblingsort in Berlin und warum das so ist?
Patrick Batek: Der Club Berghain. Damit sind persönliche Berlinerfahrungen verbunden, aber auch, weil das Gebäude und der Club zeigen, dass gewisse Architektur nicht ganz neu planbar ist. Das Berghain lebt vom Ort, der alten Substanz und der neuen Belegung, eine Magie entsteht, die man meines Ermessens nach nicht neu planen kann. Ein sehr gutes Beispiel für die oben erläuterte Relevanz von alter Bausubstanz.