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Schöne Kurven: Der Tresen des "Jackie" macht wirklich "bella figura". Die Barhocker "Ido" sind von Zanotta, die Lampe "Disc and Sphere" von Atelier Areti.

Jenseits von Zeit und Raum

Die von Joanna Laajisto entworfene Bar "Jackie" würde jeder Metropole Italiens zur Ehre gereichen, so wunderbar zitiert sie das italienische Nachkriegsdesign. Doch sie befindet sich am entgegengesetzten Ende Europas.
von Fabian Peters | 31.10.2017

Auch wenn der Name dar Bar es nicht unbedingt erahnen lässt: Das "Jackie" atmet italianità aus jeder Pore. Der geschwungene Tresen mit Holzfurnier lässt an Riva-Boote auf dem Lago di Como denken, der Travertinboden an all die kleinen und großen Cafébars zwischen den Alpen und Sizilien, in denen ein so wichtigen Teil des italienischen Alltagslebens stattfindet. Die "Medici"-Stühle von Konstantin Grcic für Mattiazzi zitiert Gio Ponti und die kleinen Tische aus Streifen von unterschiedlichen Buntmarmoren auf rotem Metallfuß sind so derartig stylisch, dass man an ihnen umgehend einen Aperitivo einnehmen möchte. All das wirkt so wunderbar stimmig, dass man sich nicht wundern würde, wenn Marcello Mastroianni gleich zur Tür herein käme. Abendanzug und Cocktailkleid scheinen jedenfalls keine unangemessene Garderobe für diese Einrichtung. 

Allerdings liegt diese Bar nicht an der Via Veneto in Rom, sondern in Helsinki, wo Ende Oktober keine lauen Spätsommerabende sondern Nachtfröste die Regel sind. Und entworfen hat sie auch kein Mailänder Designstudio, sondern die finnische Innenarchitektin Joanna Laajisto, die in letzter Zeit mit innovativen Ladeneinrichtungen auf sich aufmerksam gemacht hat. So hat sie für Vitra zur Euroshop 2017 gleich eine fünf Einzelhandelsgeschäfte umfassende Shoppingmall als Messestand entworfen – "The Village". In diesem Dorf gab Vitra gemeinsam mit den Schwesterunternehmen Vizona und Ansorg einen erhellenden Ausblick in die Zukunft des gehobenen Retail-Designs. Joanna Laajisto zeigte bei diesen Shops, die für den Verkauf von Kosmetika, Biowaren, Elektrogeräten, Fashion und sogar Autos ausgestattet waren, eine ganz andere Facette ihrer Arbeit: hell und sachlich, höchst zeitgemäß und gleichzeitig zurückhaltend. Nicht die Einrichtung ist hier der Star, sondern das Produkt. 

Auch das "Jackie" lässt deutlich seine Qualitäten als Bühne und Rahmen erkennen, wenn auch hier für den eigenen großen Auftritt. Da ist es wirklich schade, dass man in Helsinki nicht viel öfter im Jahr auf der Vespa mit Kopftuch und Sonnenbrille in dieses kleine Stück Italien der Nachkriegszeit hineinschneien kann. 

Für den gepflegten Aperitivo: Stühle "Medici" von Konstantin Grcic für Mattiazzi, Tische nach Entwurf von Joanna Laajisto.
Einziger echter Zeitzeuge im Konzert der Reminiszenzen: Pipistrello-Lampe von Gae Aulenti.
"Framed"-Spiegel von Muuto und Lampe von Atelier Areti.