Individuell und nachhaltig
Robert Volhard: Olivier, du bist seit 2016 bei der Hansgrohe Group tätig, was macht das Unternehmen für dich aus?
Olivier Sogno: Begeisterung für Wasser und für all die Produkte, die man ArchitektInnen und GestalterInnen an die Hand geben kann, um das bestmögliche Projekt zu kreeiren.
1901 gründete Hans Grohe seinen Handwerksbetrieb für Metalldrückwaren und produzierte erschwingliche Blechbrausen. Der gelernte Tuchmacher wagte damit einen sehr erfolgreichen Sprung in eine neue Richtung, und prägte die künftige Duschkultur maßgeblich. Mit 82 Jahren erfand er zudem die Duschstange. Ist dieser Mut stetig Neues zu wagen bei den Marken hansgrohe und AXOR bis heute spürbar?
Olivier Sogno: Die Chronologie der ständigen Weiterenwicklung kann man von diesen Anfängen bis heute für hansgrohe und AXOR weiterführen, basierend auf der Leitidee den Status quo zu optimieren. Innovation ist der erste Begriff, der sich mit Hansgrohe verknüpfen lässt, direkt danach kommt das Design, besonders seit AXOR 1993 als Designmarke gegründet wurde. Der dritte Begriff ist die Qualität unserer Arbeit. Qualität formt alles was wir tun – denn jede Person unseres Teams trägt dazu bei, die Erwartungen unserer KundInnen zu erfüllen. Dazu kommt schon seit ein paar Dekaden der Nachhaltigkeitsgedanke bei allem was wir tun.
Aus dem ehemaligen Drei-Mann-Betrieb ist ein Unternehmen mit knapp 6.000 MitarbeiterInnen gewachsen. Inwiefern würdest du sagen, ist dieser Erfolg der Struktur des Familienunternehmens zuzuschreiben – bis heute ist mit Richard Grohe ein Vertreter der Gründerfamilie im Aufsichtsrat?
Olivier Sogno: Der Bezug zur Gründerfamilie ist immer da, aber noch viel wichtiger ist, wie die Entscheidungen getroffen werden, wie die Kommunikationwege innerhalb des Unternehmens funktionieren. Sehr kurze Entscheidungswege, sehr persönliche Entscheidungen, Kommunikation und Nähe, das ist das, was für mich die Qualität eines Familienunternehmens ausmacht.
Wir haben gerade in der Produktausstellung unter anderem die legendäre Armatur "TriBel" von Hartmut Esslinger, aka "frogdesign" gesehen. Wie er hatten auch seine früheren Mitarbeiter Andreas Haug und Tom Schönherr, heute "Phoenix Design", einen großen Anteil daran, dass Hansgrohe ab Ende der 60iger Jahre "die gute Form" in das Bad brachte. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit diesen großen Namen?
Olivier Sogno: Unsere Zusammenarbeit mit Hartmut Esslinger begann bereits, bevor er für Apple gearbeitet hat. Die Designer, die du aufzählst, kamen alle aus Stuttgart, daher war die lokale Vernetzung einfach. Es ging Ende der 60iger Jahre auf beiden Seiten um einen unternehmerischen Tatendrang, beide wollte etwas schaffen, man hat sich verstanden und so hat das angefangen.
Bereits vor gut 30 Jahren sagte Klaus Grohe "Der Klimawandel ist doch nicht ferne Zukunft, er ist Realität. Zur Verminderung der CO²-Emissionen muss die ganze Gesellschaft beitragen. Wir stellen heute die Weichen für übermorgen". Nicht nur dafür wurde die Hansgrohe Group gerade mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet. Welche nachhaltigen Weichen hat das Unternehmen in der letzten Zeit gestellt?
Olivier Sogno: Wir haben uns zu dem 1,5 Grad Ziel des Pariser Klimaabkommens verpflichtet. Unser Handeln ist ausgerichtet am Wohl des Planeten. Das drückt auch unser Leitbild aus: "In touch with our planet". Darüber hinaus haben wir unser eigenes "Green Company Programm" mit zehn Initiativen etabliert. Dazu gehört, dass wir alle Werke mit Grünstrom betreiben. Bis 2025 wollen wir plastikfreie Verpackungen verwenden, bis 2030 wollen wir jedes wasserführende Produkt von hansgrohe und AXOR mit einer Wasser- bzw. Energiespartechnologie ausgestattet haben.
Innerhalb der Hansgrohe Group gibt es die Abteilung "Green Company", unter der Führung von Steffen Erath und Rebecca Weigold – was sind die Aufgaben und Ziele?
Olivier Sogno: Steffen und Rebecca bringen die vorher angesprochenen zehn Inititativen mit ihren Teams vorran, aber die erfolgreiche Transformation zu einer "Green Company" kann nur dann gelingen, wenn der sogenannte Green Mindset, das Bewusstsein für die Nachhaltigkeit im Unternehmen, in jedem Teammitglied verankert ist, vom Einkauf bis zum Produktmanagement. Einen großen Beitrag dazu leistet auch das Innovations Lab – viele der Produktlösungen für eine nachhaltigere Zukunft haben hier und im Produktmanagement ihren Ursprung. Parallel sprechen wir mit den DesignerInnen darüber, wie sich zum Beispiel der Materialverbrauch schon im Entwurf mit Hilfe der Gestaltung reduzieren lässt. Das gilt auch für die Präsentation auf Messen – wenn man einen Messestand einmal aufbaut und ihn danach wegwirft, ist das nicht nachhaltig.
Zur ISH in diesem Jahr habt ihr entsprechend diesem nachhaltigen Ansatz einen Messestand entwickelt, der aus Gerüststangen bestand und vielfach wiederverwendet werden kann.
Olivier Sogno: Genau das ist die Idee. Dabei ergibt sich aber auch ein Zwiespalt: sollen wir den gleichen Messestand wiederverwenden, oder geben wir uns dem Anspruch hin etwas Neues zu zeigen? Wir glauben, dass beides geht: etwas Neues zeigen und gleichzeitig Gebrauchtes wieder zu verwenden.
Bei dem hohen Nachhaltigkeitsanspruch, den das Unternehmen hat, stellt sich doch eigentlich diese Frage nicht, oder?
Olivier Sogno: Genau zu diesem Schluss sind wir auch gekommen. Wir haben für uns entschieden, dass unsere Priorität auf der Wiederverwendung von Bauteilen liegt. Die "Show" ist für uns nicht so sehr der Messestand, sondern vielmehr die Innovationen, die wir unseren Kunden vorstellen.
Auf der letzten ISH habt ihr unter anderem die "Green Vision Beyond Water" vorgestellt, wie ist der Status quo bei dieser Konzeptstudie?
Olivier Sogno: Die Idee war eine Vision zu entwickeln, wie der Energie- und Wasserverbrauch zukünftig reduziert werden kann. Als Leitfaden für die Gestaltung braucht es zum Auftakt ein Gesamtbild, das bietet die "Green Vision Beyond Water". Die Idee war eine Vision für Übermorgen zu entwickeln. Damit wir diese umsetzen können, arbeiten wir nun an der Realisierung einzelner Elemente.
An dieser Stelle möchtest du bestimmt schon verraten welche das sind, oder?
Olivier Sogno: Noch nicht. (lacht) Nur so viel, es ist leichter die Technik zu verändern um Ressourcen zu sparen, als den Habitus der Menschen.
Zudem gibt es Querverbindungen – wenn man beispielsweise den Wasserverbrauch beim Duschen halbiert, verringert sich auch der Energieaufwand für das Aufheizen des Wassers.
Olivier Sogno: Genau, dieser Zusammenhang ist auch bei den Armaturen relevant. Bei "AXOR One" sind die Produkte beispielsweise so gestaltet, dass sie mit kaltem Wasser starten, denn wenn man sich nur die Hände wäscht, braucht man nicht zwingend warmes Wasser. Bei der Brause haben wir es geschafft durch eine andere Strahlart (PowderRain) den Wasserverbrauch deutlich zu veringern, ohne dabei das Duscherlebnis zu schmälern. Darüber hinaus arbeiten wir an weiteren Innovationen für diese und andere Kollektionen.
Die Zeit der rein funktionalen "Nasszelle" ist lange vorbei – welche Bedeutung hat das Badezimmer heute für den Menschen?
Olivier Sogno: Für AXOR ist das Badezimmer ein Rückzugsort für das Wohlbefinden. Wir sehen das Bad als ein "Low Tech Ort", in dem die digitale Welt keinen Einzug hält.
Mit dem Designer Philippe Starck hat die Marke AXOR 1994 die erste Badkollektion geschaffen und parallel das moderne Wohnbad – den Salon d'Eau – inszeniert. Starck ist ein unkonventioneller Freigeist, die Entwicklung von Sanitärprodukten muss hingegen zahlreiche Richtlinien berücksichtigen. Warum funktioniert die Zusammenarbeit trotzdem so wunderbar?
Olivier Sogno: Du hast das Schlüsselwort gesagt, Zusammenarbeit. Es ist nicht ein kreativer Kopf alleine. Wir können die passgenaue Technologie bieten, die DesignerInnen die kreative Idee, das Ergebnis ist das Beste der zwei Welten. Zudem wissen beispielsweise Philippe Starck, Antonio Citterio oder Barber Osgerby, um nur mal drei Gestalter zu nennen, auch sehr viel über die Einbautechnik, die Verwendung, denn sie arbeiten meist auch in der Architektur. Sie sind parallel unsere Kundinnen und Kunden für ihre eigenen Projekte und wissen, was in der Praxis funktioniert. Gemeinsam erarbeiten wir die beste Lösung. Wenn wir eine Idee sofort umsetzen können, ist es meist ein Hinweis darauf, dass etwas zu einfach ist, das wir nochmal genauer hinschauen sollten.
AXOR bietet für seine Produkte eine Vielzahl an Ausführungen für individuelle Bad- und Küchenszenarien an, wie in Form der Kampagne "Make it yours". Warum braucht es diese große Auswahl?
Olivier Sogno: Ich glaube mit ein Grund, warum viele ArchitektInnen und DesignerInnen AXOR schätzen, ist unsere Sortimentstiefe. Sprich mit einer Kollektion können sie viele unterschiedliche Situationen im Bad abdecken, das erleichtert die Gestaltung. Und falls wir mal eine Vision nicht umsetzen können, sehen wir sie als Ansporn. Mit dem "AXOR Signature" Service finden wir aber in den meisten Fällen eine Lösung, die so individuell wie die Unterschrift der KundInnen ist – hinsichtlich der Farbe, dem Material, der Oberfläche, der Gravur oder den Längen.
Mit Blick auf die Preise und die Verfügbarkeit bietet AXOR eine maximale Transparenz – ab der ersten Stückzahl. Warum ist das so?
Olivier Sogno: Im Luxussegment muss man ein Produkt auch einzigartig gestalten können, ganz nach dem Motto "Make it yours" – wir geben den KundInnen mit unseren Produkten die Freiheit, ihre Ideen für das Bad umzusetzen.
Die Hansgrohe Group garantiert eine fünfzehnjährige Verfügbarkeit von Ersatzteilen – fünf Jahre länger als gesetzlich gefordert. Warum?
Olivier Sogno: Der Sinn für Qualität und Nachhaltigkeit ist in der DNA des Unternehmens verankert. Unsere Produkte haben eine sehr lange Haltbarkeit, entsprechend braucht es eine verlängerte Ersatzteilgarantie.
Das "AXOR Center for Excellence", sprich das Produktionswerk in Schiltach im Schwarzwald wurde für 12 Millionen Euro kürzlich umfassend modernisiert. Welchen Effekt hat dies auf das Angebot und die Logistik?
Olivier Sogno: In erster Linie um den Kundenbedürfnissen besser nachzugehen, wir haben sehr viel in Automatisierung und Redesign vom Warenfluss investiert, um die Kapazitäten zu erhöhen und die Lieferzeiten zu verkürzen. Seit Anfang des Jahres können wir so beispielsweise für alle Farben und Kombinationsmöglichkeiten eine Verfügbarkeit von sechs Wochen bieten und mit dieser Zuverlässigkeit die gute Verbindung zu unseren Kundinnen stärken.
Alle Produkte von AXOR werden in Europa gefertigt, neunzig Prozent davon im AXOR Centre for Excellence im Schwarzwald. Alle Produktionsstandorte arbeiten zudem klimaneutral (Scope 1 & 2). Was ließe sich noch verbessern?
Olivier Sogno: Der Wasserverbrauch beispielsweise, diesen optimieren wir stetig: Mit "AXOR Starck Organic" haben wir schon vor zehn Jahren eine Armatur auf den Markt gebracht, die lediglich 3,5 Liter in der Minute verwendet. Bei den Brausen ist es für uns zudem entscheidend, dass der Komfort auch bei einer reduzierten Wassermenge gleich bleibt. Das können wir mit innovativen Technologien – wie der "Powderrain", ein Wasserstrahl, der den Körper bedeckt und dennoch wenig Wasser verbraucht – tun. Auch mit Blick auf die Materialitäten finden wir Optimierungsmöglichkeiten, seien es textile Brausenschläuche aus PET-Flaschen oder das Ersetzen von energieaufwändigen Keramikbestandteilen durch zum Biespiel Solid Surface Material.