Aufgeklappt, aufgeklärt
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von Peter Cachola Schmal
11.12.2013 Welch eine Mischung! Da hat der Berliner Verlag DOM Publishers, der mit dem Slogan „Books made by architects“ wirbt, jetzt den „Architekturführer Frankfurt am Main“ herausgebracht, als 19. Band in dieser Reihe. Nach drei Berliner Führern („Mauer", „Mitte", „Museumsinsel") und „Hamburg" kommt „Frankfurt" für den deutschen Raum, noch vor München oder Leipzig. Das ehrt unsere Stadt und ist trotzdem überraschend, wenn man sieht, welche Ziele bisher bearbeitet wurden. Ost- und zentraleuropäische Orte waren klar, entsprechend den Vorlieben des Inhabers Philipp Meuser: Budapest, Moskau und Usbekistan. Havanna und Pjöngjang fallen ebenso in die Kategorie der ehemaligen kommunistischen Hochburgen, die vermehrt bereist werden. In Asien waren es bisher dynamische Zentren wie Delhi, Tokio, Hongkong, Taiwan und Japan. In Europa kamen bisher Helsinki und Kopenhagen im Norden sowie Lissabon im Süden hinzu. Das Programm erscheint wahllos, ist aber vermutlich aus Zufällen entstanden und von den subjektiven Lebensumständen der Autoren geleitet. Die neueste Erweiterung ist ein Führer über Brasilien, den wir im DAM verkaufen, parallel zur „Brasilien-Gastland-Buchmesse“ 2013. Was zeichnet also diese farbenfrohe Architekturführer mit dem großen A auf dem Cover aus? Sie liegen sehr gut in der Hand, 23 cm hoch und 13 cm breit, mit Karte und RMV-Plan in den Umschlagsklappen. Die einzelnen Bauten werden über Nachbarschaften gegliedert und eine Reihe von neuen Luftbildern bietet Orientierung. Angenehm kleine QR-Codes für jedes Projekt leiten über zur genauen Lage auf Google Maps. Klassische Register nach Projekten und Architekten sind ebenfalls vorhanden. Das Ganze ist sehr praktisch als begleitender Führer für Architekturtouristen – eben von Architekten, für Architekten. Die Autorin Sandra Pappe, ausgebildete Architektin und Online-Redakteurin, wählte dabei die insgesamt etwa 200 Projekte sehr subjektiv aus. Es fällt auf, das sie die große Zeit des „Neuen Frankfurts“ der 1920er Jahre gut dokumentieren wollte, um sie dem drohenden Vergessen zu entziehen. Allerdings geschah dies auf Kosten jener zeitgenössischen Bauten, welche die Autorin als nicht so wichtig erachtet. Sie hängt sich damit weit aus dem Fenster. Denn es fehlt fast der gesamte Campus Westend, bis auf das sehr gelungene Hörsaalzentrum von Ferdinand Heide und das weniger gelungene, ökumenische Wohnheim von Karl + Probst. Auch die größte städtebauliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte, das neue Europaviertel, wird ignoriert – zwar sind dort in der Mehrzahl belanglose Einzelprojekte entstanden, aber das Viertel als Ganzes hätte erwähnt werden müssen, dafür ist es zu wichtig. Am angrenzenden Rebstockviertel, das ebenfalls nicht vorkommt, hätte man beispielsweise die Überschätzung und das Versagen von Peter Eisenmann als Planer herausarbeiten können. Lobenswert ist dagegen die Aufnahme berühmter Bauten, die abgerissen wurden, wie AEG-, Hochtief- oder Zürichhaus. Natürlich ist fraglich, was dies einem Touristen bringt, man erkennt daran aber die aufklärerische Haltung der Autorin, die sich auch in den informativen Texten zeigt. Sie beschreiben nicht so sehr das, was man sowieso sieht, sondern die oft spannende Entwicklung der Baugeschichte. Alle Bauten wurden von Ekkehard Mantel neu fotografiert, aus der Perspektive des Fußgängers, ganz normal mit Straßenverkehr und Menschen. Das ist erfrischend und wie das ganze Buch sehr pragmatisch. Das ist auch der Grund, warum wir diesen Führer gerne im DAM verkaufen – als Dienst für unsere Besuchern.
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