Weiß wie Schnee, schwarz wie Ebenholz
Als gäbe es mitten im südkoreanischen Pyeongchang ein Tor ins All: Zum Anlass der Winterspiele hat der Londoner Architekt Asif Khan für den Automobilhersteller Hyundai einen Pavillon entworfen, den der Blick nicht mehr loslassen möchte. Keine Konturen, nichts hält das Auge. Nur tiefes, intensives Schwarz. Als "Raumspaltung" bezeichnet Khan seinen Entwurf. Diesen Effekt verdankt der Architekt dem Sprühanstrich mit "Vantablack VB x 2", einem High-Tech-Material, das aus einer extrem feinen Struktur aufgerichteter Kohlenstoffstäbchen besteht. 99 Prozent des Lichts schluckt die Oberfläche und trickst somit das menschliche Auge aus. Die Raumfahrt und das Militär hatte das britische Unternehmen Surrey Nanosystems bei der Entwicklung der ersten Version von "Vantablack" im Sinn – der Effekt des "schwärzesten Schwarz" bietet allerdings auch für Architekten, Designer sowie Künstler neue gestalterische Möglichkeiten und schaffte es als "weltweit schwärzeste Substanz" gar ins Guinness Buch der Rekorde.
Damit nicht genug. Nebenbei löste die laut dem Hersteller "dunkelste Substanz, die je von Menschenhand geschaffen wurde" einen Aufruhr in der Kunstszene aus: Der britische Künstler Anish Kapoor ließ sich die Nutzungsrechte mit der Farbe kreativ zu arbeiten exklusiv sichern und sorgte damit erwartungsgemäß für Entrüstung. Sein Konkurrent Stuart Semple entwickelte daraufhin das "Pinkeste Pink" wie seine eigene Version des "Schwärzesten Schwarz" und verfügte, das dieses von jedermann kostengünstig käuflich erworben werden könne, mit Ausnahme von Anish Kapoor. Dessen plakative Antwort war kurz darauf auf Instagram zu sehen: Sein Mittelfinger, den er zuvor in das knallpinke Pigment von Semple getaucht hatte.
Asif Khan zeigt sich von diesem Nebenkriegsschauplatz unberührt und intensiviert den Eindruck, in das Weltall zu schauen mit Punktleuchten, die auf den nach innen gewölbten Seitenflächen des Pavillons angebracht sind. Hat man sich an dem Blick ins Nichts satt gestaunt und trotz Tarnfarbe den Eingang in das unwirklich erscheinende Gebäude gefunden, springt einen der harte Kontrast regelrecht an: Gleißend helles Licht in einem gut 200 Quadratmeter großen white cube. Klinische Labor-Atmosphäre par excellence. Raumgreifend breitet sich eine teils begehbare, interaktive Installation vor dem Besucher aus, die mittels Luftdruck einzelne Wassertropfen wie in einer Murmelbahn durch ein verzweigtes Gebilde führt und banal in einem Abfluss münden lässt. Vom Unendlichen ins Winzige und schließlich ins Bedeutungslose – der Bezug zur Reflexion über die Gewichtung der menschlichen Existenz im Vergleich zu den Weiten des Universums ist greifbar. Dabei soll das Werk von Asif Khan trotz visueller wie inhaltlicher Tiefe vor allem einem Zweck dienen: Der Werbung für die ersten Brennstoffzellenautos des koreanischen Weltkonzerns Hyundai.
Hyundai Pavillon in Pyeongchang
Noch bis zum 18. März 2018