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Das mechanische Ballett des Philippe Parreno
„Intim“ ist sicherlich nicht das erste Wort, dass einem zu der gewaltigen Turbinenhalle in der Londoner Tate Modern einfällt. Hier, wo vor dem Umbau des ehemaligen Kraftwerks zum Museum gewaltige Generatoren Strom erzeugten, schrumpfen die Besucher angesichts der Dimensionen auf Zwergengröße. Wer in dieser gewaltigen Halle Intimität entstehen lassen will, muss schwere Geschütze auffahren. Das hat der französische Künstler Philippe Parreno für seine Installation „Anywhen“ dann auch getan. Scheinwerfer, Lautsprecher, Projektionen und weiße Paneele scheinen in der riesigen Halle ein Eigenleben zu führen. Filmeinspielungen, aktuelle politische Statements, Sound, Licht und tanzende Schatten hüllen, vom Zufall gesteuert, den staunenden Betrachter ein.
Als handle es sich um ein riesiges mechanisches Ballett, sinken wie von Zauberhand gewaltige weiße Tafeln von der Decke herab. Die insgesamt 19 großformatige Schallpaneele bilden die Seitenwände und Decke eines Raumes im Raum, der vorn von einer großen Leinwand abgeschlossen wird. Sie sind selbst Teil des Geschehens. Denn ebenso wie die wechselnden akustischen und visuellen Einspielungen gehört auch die Veränderung der Struktur des ephemeren Raumes zu der Versuchsanordnung, bei der Parreno die einzelnen Bestandteile seiner Installation sich andauernd neu anordnen lässt.
Die 19 Schallpaneele sind Produkte des dänischen Textilspezialisten Kvadrat, der im Rahmen seines umfangreichen Kunstförderprogramms die Installation in der Tate Modern großzügig unterstützt. Die Schallpaneele „Soft Cells“ sind für Parrenos Projekt eigens technisch angepasst worden. Die drei gewaltigsten Elemente, die den Raum im Raum nach oben hin abschließen – ein jedes 16 Meter lang und 2,5 Meter breit – wurden sogar speziell für diesen Einsatz von Kvadrat Soft Cells entwickelt und von Spezialisten der Firma in der Turbinenhalle zusammengesetzt. Mittels der Soft Cells schafft Philippe Parreno nicht nur räumlich, sondern auch akustisch eine abgeschlossenen Sphäre, die sich zwar mitten in London befindet, aber gleichzeitig ein eigener Mikrokosmos zu sein scheint. (fp)
Ausstellung:
Philippe Parreno: Anywhen
Tate Modern
Bankside
London SE1 9TG
bis 2. April 2017